Osnabrück – In Deutschland wird es vorerst keine verpflichtende Kameraüberwachung in Schlachthöfen geben. Das berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“. Demnach kommt die Bundesregierung der Aufforderung der Bundesländer vorerst nicht nach, die rechtlichen Voraussetzungen für eine obligatorische Videoaufzeichnung in den Betrieben zu schaffen. Zudem scheint eine entsprechende freiwillige Vereinbarung in Niedersachsen zwischen Landesregierung und Vertretern der Schlachtbranche gescheitert.
Der Verband der Fleischwirtschaft (VdF), dem die 16 größten Schlachtunternehmen in dem Bundesland angehören, teilte auf Anfrage der „NOZ“ mit: „Leider mussten die Kameras in fast allen Betrieben wegen datenschutzrechtlicher Unstimmigkeiten inzwischen wieder abgeschaltet werden. Die Beschwerden wurden sowohl von in den Betrieben eingesetztem, amtlichem Überwachungspersonal als auch betriebseigenen Mitarbeitern eingelegt.“ Man habe sich von der Vereinbarung mit der Ministerin erhofft, dass datenschutzrechtliche Bedenken ausgeräumt werden könnten, so der VdF. „Das ist der Ministerin leider nicht gelungen.“
Die Forderung des Bundesrates und die Vereinbarung in Niedersachsen waren eine Reaktion auf heimlich gedrehte Aufnahmen in Schlachthäusern. Tierrechtsaktivisten hatten in mehreren Betrieben mutmaßliche Tierquälereien dokumentiert und öffentlich gemacht. In Niedersachsen ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg derzeit deswegen im Umfeld von fünf Betrieben. Die Bundesregierung wies die Bundesländer in der Replik zum Antrag darauf hin, dass Tierschutz Ländersache sei. Es müsse geklärt werden, inwieweit Missstände in Schlachthäusern durch intensivere Vor-Ort-Kontrollen verhindert werden können.
Schlachthof-Kontrollen in Niedersachsen: Viele Mängel bei Tierschutz und Hygiene entdeckt
Bei unangekündigten Kontrollen in niedersächsischen Schlachtbetrieben haben Behörden in fast jedem Unternehmen Probleme im Bereich Tierschutz und Hygiene festgestellt. Auf Anfrage der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ teilte das Landwirtschaftsministerium in Hannover mit, das seit dem 12. November 2018 insgesamt 62 Schwerpunktkontrollen bis Ende März 2020 stattgefunden haben. Bei den unangekündigten Überprüfungen „wiesen 58 Betriebe in Bezug auf tierschutzrechtliche Vorgaben Auffälligkeiten auf“, so das Ministerium. In 49 Fällen bemängelten die Kontrolleure auch die Hygiene in den Produktionsstätten. Zehn Betriebe wiesen demnach „schwerwiegende Mängel in der Betriebshygiene auf“.
Wie die „NOZ“ berichtet, entdeckten die Kontrolleure besonders im Bereich der Betäubung und Schlachtung Mängel. Sie reichten von fehlender Dokumentation über mangelnde Sachkunde beim Personal bis hin zu ernsthaften technischen Schwierigkeiten. So war in einigen Fällen laut „NOZ“ nicht sichergestellt, dass Schweine vor der Schlachtung ausreichend betäubt waren. Zwei Betriebe mussten kurzfristig nach den amtlichen Kontrollen die Schlachtungen einstellen, sind nach Behebung der Mängel aber wieder am Produzieren. Landesweit zugelassen sind 320 Schlachtbetriebe. Vor allem kleine und mittlere Betriebe fielen negativ auf, so das Ministerium.
Agrarministerin Barbara Otte-Kinast teilte der „NOZ“ mit: „Die Ergebnisse zeigen, dass kontrollierte Betriebe die tierschutzrechtlichen Vorgaben nicht eingehalten haben. Das ist nicht akzeptabel.“ Sie kündigte an, dass die Kontrollen – derzeit wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt – künftig fortgesetzt werden sollen. Auslöser für die Überprüfungen waren heimlich von Tierrechtsaktivisten gedrehte Videos aus vier Schlachthöfen in Niedersachsen. In allen Fällen dauern die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Oldenburg an.