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Türkei: Veränderungen für Expats

Die Türkei war in den letzten Jahren für viele Ausländer ein Sehnsuchtsort – Sonne, Meer, niedrige Lebenshaltungskosten und die strategische Lage zwischen Europa und Asien zogen Tausende an.

Ilica bei Izmir (Archivfoto: nex24)
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Von Helene Mild

Die Türkei war in den letzten Jahren für viele Ausländer ein Sehnsuchtsort – Sonne, Meer, niedrige Lebenshaltungskosten und die strategische Lage zwischen Europa und Asien zogen Tausende an.

Doch im Jahr 2025 zeigte sich: Für Expats wurde das Leben im Land komplizierter. Neue gesetzliche Regelungen, administrative Hürden und Einschränkungen in beliebten Regionen verändern die Spielregeln für all jene, die in der Türkei ein neues Zuhause gefunden haben.

Ein Land im Wandel

Noch vor zwanzig Jahren galt die Türkei nicht als klassisches Einwanderungsland. Im Jahr 2005 lebten – nach offiziellen Zahlen von TÜIK – rund 178.964 Ausländer mit einem gültigen Aufenthaltstitel im Land – das zeigen offizielle Angaben aus dieser Zeit.

Zwei Jahrzehnte später hat sich die Situation grundlegend verändert: 2022 erreichte die Zahl der Ausländer mit Aufenthaltstitel einen Höchststand von 1.354.094 Personen, ehe sie bis Ende 2023 auf 1.107.032 sank. Viele wird die hohe Anzahl trotzdem verwundern, denn in sozialen Medien wurden immer wieder Stimmen laut dass viele Ausländer das Land verlassen würden, weil man angeblich nur noch “reiche” Einwanderer wolle.

Dieser langfristige Anstieg – trotz zwischenzeitlicher Rückgänge – spiegelt die Entwicklung eines Landes wider, das für viele Menschen zu einem attraktiven Lebensort jenseits der Hektik Westeuropas geworden ist. Ob digitale Nomaden in Antalya, Rentner an der Ägäis oder Unternehmer in Istanbul – die Motive sind vielfältig. Die türkische Regierung begrüßte diesen Zuzug lange Zeit, nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Impulse für Immobilienmarkt und Konsum.

Doch in den vergangenen Jahren deuten verschiedene Signale auf eine Kurskorrektur hin. Nach dem Rekordjahr 2022 und der anschließenden Abnahme auf rund 1,1 Millionen Aufenthaltstitel im Jahr 2023 wird von offiziellen Stellen eine „Normalisierung nach der Pandemie“ angeführt. Gleichzeitig kursieren jedoch inoffizielle Gerüchte, es sei eine strengere Regulierung der Zuwanderung – angeblich auch im Zusammenhang mit wohlhabenden Flüchtlingen aus der Ukraine und Russland.

Fakt ist aber, dass die vom Innenministerium gesetzlich verankerte Ausländerquote pro Stadteil von maximal 25 Prozent bereits vor 2022 gab, von der bis dahin kein Expat etwas hörte, weil es bei weitem früher nicht so viele Einwanderer aus dem Ausland gab wie 20 Jahre später, als nach der Pandemie auch in bestimmten Stadtteilen durch Flüchtlinge aus der Ukraine das Kontingent auf 20 Prozent gesenkt wurde und so blieb.

Diese sich verändernden Zahlen und Stadtteile werden über einen Internetlink auf der Webseite der Migrationsbehörde veröffentlicht und können heruntergeladen werden. Was zu empfehlen ist, bevor man sich für einen Wohnsitz entscheidet.

Viele wissen das nicht und es wurden Behauptungen von Betroffenen aufgestellt, dass es seit 2022 keine Aufenthaltserlaubnis mehr gäbe, was so nicht stimmt. Warum das schon vorher so geregelt war – es sollen damit große Ausländer-Getthos verhindert werden.

Bürokratische Realität

Was viele Expats derzeit beschäftigt, ist weniger die politische Rhetorik als die praktische Umsetzung neuer Vorschriften. Nicht erst seit Anfang 2025 müssen alle Personen mit Aufenthaltstitel verpflichtend einen Online-Termin buchen, bevor sie Behörden aufsuchen dürfen. Das betrifft etwa die Registrierung des Wohnsitzes oder die Abgabe von Fingerabdrücken.

Es sorgt jedoch in der Praxis für Unmut. Die Termine wären oft Wochen im Voraus ausgebucht, das Online-System sei überlastet, und in manchen Städten berichteten Antragsteller, dass sie mehrfach anreisen mussten, um Unterlagen nachzureichen. „Die Prozesse sind digitalisiert, aber nicht effizienter geworden“, beschreibt es ein deutscher Expat, der seit fünf Jahren in Alanya lebt.

Hinzu kämen sprachliche Hürden. Zwar sind viele Formulare inzwischen mehrsprachig verfügbar, doch die Kommunikation mit Behörden bliebe oft schwierig. Übersetzer oder Anwälte verlangten hohe Gebühren – und selbst kleine Fehler im Antrag könnten zur Ablehnung führen.

Fakt ist hier aber und da fehlt den meisten die Erfahrung – Behörden sind in jedem Land bezüglich der fremden Sprache für Ausländer nicht anders, auch Deutschland nicht. Oft wird in den Küstenorten mit vielen Ausländern auch Englisch gesprochen, aber auch nicht immer. Wer im Land leben möchte, egal wo auf der Welt, muss sich entweder verständigen können oder eine Begleitung mitnehmen.

Neue Grenzen in der Großstadt

Besonders stark sind die Veränderungen in den Metropolen zu spüren. In Istanbul hat das Innenministerium mehrere Bezirke für neue Anträge von Ausländern gesperrt, sobald der Anteil nichttürkischer Bewohner über 20 Prozent steigt. Betroffen sind vor allem beliebte Wohnviertel wie Fatih, Esenyurt oder Küçükçekmece.

Die Regierung begründet die Maßnahme mit dem Ziel, „eine ausgewogene demografische Struktur zu erhalten“. In der Praxis beschweren sich Neuankömmlinge, in andere, teils teurere Stadtteile ausweichen zu müssen. Das betrifft nicht nur Expats aus westlichen Ländern. Auch Zuwanderer aus arabischen Staaten, Russland oder Zentralasien sehen sich mit denselben Einschränkungen konfrontiert.

Zwischen Chancen und Unsicherheit

Trotz aller Herausforderungen bleibt die Türkei für viele Expats attraktiv. Im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern sind die Lebenshaltungskosten immer noch niedriger, die Infrastruktur gut ausgebaut, und das Klima – besonders an der Mittelmeerküste – ein entscheidender Pluspunkt.

Doch wer bleiben will, braucht Geduld, Disziplin und eine gewisse Resistenz gegen Unwägbarkeiten. Die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis erfordert – wie immer – Nachweise über Mietverträge, ausreichende finanzielle Mittel, eine Krankenversicherung und eine registrierte Adresse. Schon kleine Unstimmigkeiten, etwa ein nicht aktueller Mietvertrag, können zur Ablehnung führen. Das war noch nie anders.

„Früher war es unkompliziert, den Aufenthaltstitel jedes Jahr zu verlängern“, erzählt eine Schweizerin, die seit 2016 in der Türkei lebt. „Jetzt ist es jedes Mal ein Risiko. Ich weiß nie, ob sie die Unterlagen akzeptieren oder mir neue Regeln nennen.“

Natürlich war es früher einfacher, denn das neue Ausländergesetz von 2014 brachte bereits grundlegende Änderungen mit sich. Davor erhielt zum Beispiel ein Ehegatte eines türkischen Staatsbürgers ohne Probleme eine Verlängerung von fünf Jahren – Einkommensprüfung hieß meistens, es wurde eine Bankkarte in Kopie verlangt.

Ob am Konto Geld war oder nicht, war nicht ersichtlich. Die Logik hinter verschärften Gesetzen liegt auch daran, dass damals viele Expats in der Türkei ohne das nötige Geld lebten, manchmal war nicht einmal Geld für die niedrigen Gebühren bei der Antragstellung vorhanden. Die Türkei war und ist auch heute kein Sozialstaat wie Deutschland und alle sozialen Leistungen, die es für Bedürftige trotzdem gibt, sind nicht für Ausländer bestimmt.

Diese müssen sich selbst versorgen können oder stehen auf der Straße. Hinzu kommt das Prinzip der Gegenseitigkeit. Das bedeutet, die Türkei lehnt ihre Gesetze für Ausländer an das Land an, aus dem er kommt und war bisher diesbezüglich sehr kullant und ist es im Vergleich zu Deutschland immer noch. Dort kann sich auch kein türkischer Staatsbürger einfach nach Laune niederlassen, ohne bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, ausser er beantragt Asyl.

Dennoch zieht die Türkei weiterhin Menschen an, die mehr Lebensqualität oder neue berufliche Freiheiten suchen – oft in Kombination mit Remote-Arbeit.

Wohin entwickelt sich der Trend?

Investoren, Immobilienkäufer oder Personen mit sogenanntem „Golden Visa“ erhalten relativ problemlos eine Aufenthaltserlaubnis. Diejenigen die mieten möchten, besonders Expats mit befristeten Arbeitsverträgen sind betroffen. Der Staat möchte, dass sich der Ausländer selbst versorgen kann.

Die türkische Regierung versucht, die Einwanderung von Fachkräften und Investoren gezielt zu fördern, aber den Zustrom von Migranten ohne klare Einkommensbasis zu begrenzen.

Leben zwischen zwei Welten

Viele Expats sehen sich mittlerweile gezwungen, ihr Leben flexibel zu gestalten – halb in der Türkei, halb im Herkunftsland. Sie verlängern ihre Aufenthalte je nach Genehmigung, behalten Wohnungen oder Konten im Ausland und versuchen, sich in einem unsicheren Umfeld möglichst unabhängig zu machen.

Trotzdem bleibt der Reiz des Landes groß. Die türkische Gastfreundschaft, die kulturelle Vielfalt und die landschaftliche Schönheit sind Argumente, die selbst komplizierte Bürokratie erträglich erscheinen lassen.

„Man muss sich anpassen und Geduld lernen“, sagt ein britischer Rentner aus Bodrum. „Aber das Leben hier ist es wert.“

Die seit Jahrzehnten in der Dalaman Region lebende Türkei Expertin und Autorin zahlreicher Bücher (Ratgeber: Auswandern Türkei) Marina Bütün sagt dazu:

“Die Türkei stand im Jahr 2025 an einem Wendepunkt ihrer Einwanderungspolitik. Aus einem Land der weit offenen Türen ist ein Land der strikten Gesetze und Regelungen geworden – was eigentlich gerade Europäer, vor allem Deutsche, im eigenen Herkunftsland sonst so lieben. Die neue Ordnung trifft Expats nicht mit einem Schlag, sondern durch viele kleine Änderungen: Online-Termine, Bezirksbeschränkungen, strengere Nachweise. Die Türkei bleibt ein Land der Möglichkeiten – aber nur für jene, die bereit sind, sich durch ihre komplexe Bürokratie und wechselnden Vorschriften zu kämpfen. Zwischen Sehnsucht und System, zwischen Sonne und Stempel, entscheidet sich, wer bleiben darf – und wer gehen muss.”

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