Die Diskussion über nicht in Europa regulierte Glücksspielangebote gewinnt an Dynamik. Hintergrund sind neue Daten einer Analyse des Marktforschungsunternehmens YieldSec im Auftrag der European Casino Association.
Die Untersuchung zeigt, dass der Markt für im EU-Ausland lizenzierte Online-Dienste erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf europäische Staaten, regulierte Betreiber und den fairen Wettbewerb hat.
In diesem Zusammenhang wird zunehmend sichtbar, wie groß die Herausforderungen geworden sind, und das auch dort, wo nationale Kontrollmechanismen wie Lizenzsysteme, Registrierungsdatenbanken oder Aufsichtsstrukturen etabliert sind.
Laut der Analyse generieren nicht in Europa regulierte Plattformen inzwischen Umsätze von rund 80 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Zahl verdeutlicht, wie weit der Markt gewachsen ist und wie hoch der Anreiz für Betreiber ist, über Ländergrenzen hinweg tätig zu werden.
Gleichzeitig entsteht ein monetärer Schaden, der, ausgehend von einem durchschnittlichen Steuersatz von 25 Prozent auf Online-Erträge, auf 20 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt wird. Diese Summen spiegeln erhebliche Einbußen der nationalen Staatshaushalte wider.
Die Behörden mehrerer europäischer Länder, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Portugal und Spanien, haben deshalb eine intensivere Zusammenarbeit vereinbart.
Ziel ist ein koordinierter Ansatz, der auf gemeinsame Informationsflüsse, abgestimmte Maßnahmen und striktere Kontrollmechanismen setzt. Die Staaten sehen sich mit grenzüberschreitenden Strukturen konfrontiert, die sich klassischen nationalen Regulierungsmethoden entziehen.
Warum der Markt trotz strenger nationaler Regeln weiter zunimmt
Die Wachstumszahlen des Marktes für im Ausland lizenzierte Anbieter stellen die europäischen Aufsichtsbehörden vor grundlegende Fragen. Warum steigt die Aktivität trotz lizenzierter Angebote innerhalb der einzelnen Länder, und warum gelingt es nicht, nationale Systeme ausreichend durchzusetzen?
Die YieldSec-Analyse verweist auf mehrere Faktoren. Erstens ist der digitale Glücksspielmarkt global aufgebaut. Betreiber können ihren Sitz in Ländern haben, in denen andere Regulierungsmodelle gelten und weniger strikte Vorgaben bestehen.
Dadurch ergeben sich geringere operative Hemmnisse und teilweise niedrigere Kosten. Zweitens nutzen Anbieter länderübergreifende technische Infrastrukturen, um Webseiten, Apps und Zahlungsmethoden anzubieten, die nur schwer eindeutig zuzuordnen sind.
So kann ein Anbieter seine Plattform zum Beispiel als Online Casino ohne OASIS in Malta lizenzieren und den strengen deutschen Vorgaben aus dem Weg gehen. Entscheidend ist dabei, dass zwar eine Lizenz existiert, diese jedoch nicht an europäische Kontrollsysteme angebunden ist. Und trotzdem lieben Spieler oft vor allem diese Angebote, da sie den Nutzer beim Spiel weniger einschränken.
Ein Markt, der staatliche und regulierte Anbieter belastet
Für europäische Staaten sind die genannten 20 Milliarden Euro an entgangener Steuerlast ein erheblicher Betrag, insbesondere weil lizenzierte Online-Märkte in vielen Ländern erst in den vergangenen Jahren aufgebaut oder reformiert wurden.
Die Einnahmen aus der Online-Regulierung dienen in den meisten Staaten der Finanzierung staatlicher Aufgaben, darunter Infrastruktur, Kulturförderung und Sportprogramme. Wenn wesentliche Marktanteile zu Anbietern abwandern, die außerhalb der europäischen Regelwerke agieren, fällt dieser Steuerstrom weg.
Die Auswirkungen betreffen aber nicht nur die Haushalte der Staaten, sondern auch die regulierten Glücksspielunternehmen selbst. Diese erwirtschafteten laut den veröffentlichten Zahlen im Jahr 2024 33,6 Milliarden Euro, also weniger als die Hälfte der im EU-Ausland lizenzierten Betreiber.
Die Differenz zeigt, wie stark der Wettbewerb verzerrt wird, wenn Marktteilnehmer nicht denselben Verpflichtungen wie Abgaben, Verbraucherschutzstandards oder Sicherheitsvorgaben unterliegen.
Aus Sicht der European Casino Association besteht daher die Gefahr, dass regulierte Unternehmen trotz Einhaltung aller nationalen Auflagen Marktanteile verlieren. Besonders problematisch sei die Tatsache, dass Nutzer aufgrund der täuschend ähnlichen Online-Auftritte oft nicht klar unterscheiden können, ob ein Angebot reguliert oder lediglich glaubwürdig inszeniert sei.
Nicht zuletzt wird darauf hingewiesen, dass sich europäische Staaten durch die fehlenden Einnahmen strukturellen Herausforderungen gegenübersehen. In einigen Ländern hatten Regulierungsreformen der vergangenen Jahre zum Ziel, ein stabiles, kontrolliertes und steuerlich wirksames digitales Glücksspielsystem aufzubauen. Der parallele unregulierte Markt behindert jedoch die Wirksamkeit dieser Maßnahmen.
Gemeinsame europäische Gegenmaßnahmen
Die Studie von YieldSec hat europäischen Regulierungsbehörden Anlass gegeben, Maßnahmen enger miteinander zu verzahnen. Im Mittelpunkt der geplanten Kooperation steht der Informationsaustausch über Betreiber, Finanzstrukturen, technische Infrastrukturen und Plattformwechsel.
Da viele Angebote innerhalb weniger Stunden ihre Domains, Serverstandorte oder Marketingwege ändern können, gilt ein länderübergreifender Ansatz als notwendig, um schneller reagieren zu können.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die geplante Ausrichtung der Werberegulierung. Die beteiligten Staaten wollen verstärkt gegen Werbeformen vorgehen, die im EU-Ausland lizenzierte Anbieter in sozialen Netzwerken oder auf digitalen Plattformen nutzen. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass solche Anbieter durch aggressives Marketing sichtbar bleiben, obwohl sie nicht in den europäischen Lizenzrahmen eingebunden sind.
Zudem ist vorgesehen, technische Lösungen zu entwickeln, die automatisiert Hinweise auf nicht in Europa regulierte Angebote erkennen können. Diese Systeme sollen dieselben Mechanismen nutzen, die auch bei der Erkennung von Markenfälschungen, Phishing-Strukturen oder betrügerischen Finanzseiten Anwendung finden.
Behörden erwägen darüber hinaus, gemeinsame Standards zu definieren, die nationale Aufseher in ihren Kontrollen anwenden können.
Die European Casino Association betrachtet diese Maßnahmen als Voraussetzung, um den Markt transparenter zu gestalten. Der Verband betont, dass es dabei nicht um eine inhaltliche Bewertung einzelner Modelle geht, sondern um die Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs, klarer Zuständigkeiten und nachvollziehbarer Steuerstrukturen.
Warum 2026 entscheidend werden könnte
Mehrere europäische Behörden gehen davon aus, dass die kommenden Jahre zur entscheidenden Phase werden könnten, um den digitalen Glücksspielmarkt strukturell zu stabilisieren. Gründe dafür sind die fortschreitende technologische Entwicklung, die wachsende Zahl internationaler Anbieter und die zunehmende Bedeutung digitaler Zahlungsmethoden.
2026 wird in mehreren Ländern als Referenzjahr genannt, weil größere Modernisierungen der nationalen Glücksspielgesetze geplant sind oder diskutiert werden. Damit erhält der europäische Binnenmarkt die Möglichkeit, seine Strukturen besser zu koordinieren.
Die Zusammenarbeit der großen Regulierungsbehörden könnte ein erster Schritt sein, um europaweit einheitlichere Standards zu schaffen, und das unabhängig davon, wie national die konkreten Lizenzsysteme ausgestaltet sind.
Die von YieldSec veröffentlichten Zahlen zeigen, wie viel wirtschaftliches Potenzial in einem regulierten Markt steckt und welche Summen verloren gehen, wenn große Marktsegmente nicht in nationale oder europäische Systeme eingebunden sind.
Die kommenden Jahre werden deshalb maßgeblich bestimmen, ob die europäischen Staaten es schaffen, ihre digitale Glücksspielregulierung so auszurichten, dass sie international konkurrenzfähig bleibt und gleichzeitig stabile Rahmenbedingungen schafft.
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