Start Politik Deutschland Bundestagswahl 2025 Çelik: Die AfD ist eine Bedrohung für unsere Demokratie

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Çelik: Die AfD ist eine Bedrohung für unsere Demokratie

Çelik: "Die AfD ist längst keine Protestpartei mehr, sondern ein Sammelbecken für Demokratiefeinde, die sich in Verschwörungserzählungen flüchten"

(Symbolfoto: pixabay)
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Ein Gastbeitrag von Özgür Çelik

Dietrich Bonhoeffer, ein brillanter Theologe und mutiger Widerstandskämpfer, erkannte in den dunkelsten Jahren Deutschlands, dass nicht nur das Böse, sondern vor allem die Dummheit eine große Gefahr für die Gesellschaft darstellt.

In seinen Schriften analysierte er, warum ein Land mit so vielen Intellektuellen, mit einer blühenden Kultur und Wissenschaft in die Hände eines Mannes wie Hitler geraten konnte. Seine Erkenntnis: Menschen lassen sich nicht nur durch Gewalt und Propaganda unterwerfen, sondern auch durch freiwillige Dummheit – ein gefährliches Phänomen, das auch heute noch existiert.

Deutschland hat gewählt: Ein Blick in die Vergangenheit – und in unsere Zukunft?

Wenn wir uns die gegenwärtige politische Landschaft in Deutschland ansehen, dann spüren wir ein unheimliches Echo der Vergangenheit. Die AfD, eine Partei, die sich zunehmend radikalisiert, gewinnt an Popularität – nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer demokratiefeindlichen, rassistischen und revisionistischen Rhetorik.

Dabei ist es nicht nur der harte Kern der Rechtsextremen, der diese Partei stärkt, sondern auch eine breite Masse an Menschen, die sich von den einfachen Antworten und den populistischen Parolen verführen lassen.

Bonhoeffer stellte fest, dass Dummheit kein intellektuelles Problem ist, sondern ein moralisches. Sie entsteht nicht durch mangelnde Bildung, sondern durch eine absichtliche Verweigerung des kritischen Denkens.

Wer in einer Masse aufgeht, sich von einem „starken Führer“ leiten lässt und keine eigenen Gedanken mehr formuliert, der wird unfähig, sich der Realität zu stellen. Diese Menschen sind nicht notwendigerweise von Natur aus böse, aber sie sind gefährlich, weil sie sich für die Wahrheit verschließen und blind den Anweisungen folgen.

Genau das sehen wir heute in Deutschland: Die AfD ist längst keine Protestpartei mehr, sondern ein Sammelbecken für Demokratiefeinde, die sich in Verschwörungserzählungen flüchten, Hass gegen Minderheiten schüren und mit autoritären Ideen kokettieren.

Diejenigen, die das verharmlosen oder „aus Protest“ ihr Kreuz bei dieser Partei setzen, sind Teil eines gefährlichen Prozesses. Sie tragen dazu bei, dass aus einer radikalen Bewegung eine gesellschaftsfähige Kraft wird – so, wie es in den 1930er-Jahren geschah.

Wer glaubt, dass „so etwas heute nicht mehr passieren kann“, hat nicht aus der Geschichte gelernt. Auch in der Weimarer Republik dachten viele, dass ein Mann wie Hitler keine Chance hätte. Und doch kam er an die Macht – weil zu viele Menschen nicht rechtzeitig widersprachen, weil Gerichte und Behörden sich fügten, weil eine Gesellschaft bereit war, ihre eigenen Grundwerte aufzugeben.

Die AfD ist eine Bedrohung für unsere Demokratie. Doch die noch größere Gefahr sind die Menschen, die ihre Augen vor dieser Entwicklung verschließen, die glauben, man könne die Partei „demokratisch zähmen“ oder ihre Ideologie einfach ignorieren. Bonhoeffer würde uns heute warnen: Nicht nur die Bösen zerstören eine Gesellschaft – sondern vor allem diejenigen, die aus Bequemlichkeit oder Angst nicht handeln.

Wir sind nicht machtlos. Doch wir müssen verstehen, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist. Sie muss verteidigt werden – in der Politik, in der Justiz, in den Medien und in unseren eigenen Gesprächen mit Freunden, Familie und Kollegen. Denn wenn wir schweigen, wenn wir verharmlosen, wenn wir denken, dass „es schon nicht so schlimm werden wird“, dann könnte es eines Tages zu spät sein.

 


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.


Zum Autor

Özgür Çelik studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie an der Universität Duisburg-Essen. Seine Fachgebiete sind die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sowie zwischen der EU und der Türkei, türkische Politik, die türkische Migration und Diaspora in Deutschland