İskeçe/Xanthi – Im Nordosten Griechenlands hat die Zerstörung eines historischen türkisch-muslimischen Friedhofs im Dorf Horozlu durch Baufahrzeuge der Stadtverwaltung von Balustra (Avdira) für Proteste und helle Empörung gesorgt.
Am 15. März waren Baufahrzeuge der Stadt Balustra sowie Arbeiter angerückt und hätten, wie die westthrakische Regionalzeitung Gündem berichtet, den Friedhof „dem Erdboden gleichgemacht“. Auf dem Gelände des zerstörten Friedhofs will die Stadtverwaltung einen Fußballplatz mit Sportanlagen errichten.
Georgios Tsitiridis, der Bürgermeister von Balustra, habe den muslimischen Friedhof als solchen anerkannt, allerdings ist nach Ansicht des Bürgermeisters der Friedhof nirgends registriert und in dem Dorf gebe es diesbezüglich keinen Stifterrat.
Stadtverordneter Lütfü Çavusoğlu: Bürgermeister hat historischen türkisch-muslimischen Friedhof nie als Begräbnisstätte angesehen
Daraufhin hätte der Bürgermeister die Entscheidung getroffen, auf dem Friedhofsgelände einen Fußballplatz mit Sportanlagen zu errichten. Der Stadtverordnete Lütfü Çavuşoğlu teilte in einem Video-Interview gegenüber der Zeitung Millet mit, dass der Bürgermeister den türkisch-muslimischen Friedhof unter keinen Umständen anerkannt hätte und erst durch intensive schwierige Gespräche bereit gewesen sei, die türkisch-muslimische Begräbnisstätte als solche anzuerkennen. Der Anblick des zerstörten Friedhofs habe nicht nur ihn, sondern die gesamte Minderheit tieftraurig gemacht.
Die Opposition im Stadtverordnetenhaus von Balustra hätte sich vehement gegen die Zerstörung des Friedhofs eingesetzt. Es sei bedenklich, dass von der Partei des Bürgermeisters bis auf einen Stadtverordneten alle schwiegen. Die Nachricht vom Anrücken der Baufahrzeuge auf das Friedhofsgelände um 6 Uhr morgens habe bei ihnen einen Schock ausgelöst. Die Kosten für den Bau des Sportplatzes von etwa einer 1 Million Euro sollen aus Mitteln der Europäischen Union finanziert werden.
Parlamentsabgeordnete erstatten Strafanzeige gegen Verantwortliche der Stadtverwaltung
Zwei Parlamentsabgeordnete aus İskeçe/Xanthi, Hüseyin Zeybek und Burhan Baran, haben wegen der Zerstörung des türkisch-muslimischen Friedhofs Strafanzeige gegen Verantwortliche der Stadtverwaltung von Balustra gestellt. Der Syriza-Abgeordnete Zeybek erklärte gegenüber der Zeitung Gündem, dass er mit Bürgermeister Tsitiridis ein Gespräch geführt und darin habe dieser seine Entschlossenheit zum Bau der Sportanlage hervorgehoben. Das Stadtoberhaupt plane am Rande des Sportplatzes ein Denkmal für den Friedhof zu errichten.
Griechischer Historiker Mpatzakidis: Zerstörung eines türkisch-muslimischen Friedhofs nicht mit den Werten einer zivilisierten Gesellschaft vereinbar
Der griechische Historiker Georgios Mpatzakidis, der sich für den Schutz von historischen Denkmälern aus osmanischer Zeit einsetzt und am Friedhof war, erklärte, dass es sich bei der Begräbnisstätte, die zerstört werden soll, um einen türkischen Friedhof handelt und über das Geschehene sehr bekümmert sei. Man sollte sich bei „den Toten entschuldigen“, so der Wissenschaftler gegenüber der Zeitung Millet.
Er fuhr fort:
„Das hier ist ein alter Friedhof, ein türkischer Friedhof. Wir sehen hier, dass zahlreiche Fälle von Vandalismus vorliegen. Mit welcher Genehmigung das gemacht wurde, wissen wir nicht. Vor 6,7,8 Monaten waren schon einmal Baufahrzeuge hier, um Ausbesserungen vorzunehmen. Darüber hatten wir eine Mitteilung erhalten und daher gelang es uns die Zerstörung zu verhindern. Was wir heute hier sehen, ist die Fortsetzung von damals. Es ist eine bedrückende Sache. Das ist nicht mit den Werten einer zivilisierten Gesellschaft vereinbar. Diese Angelegenheit ist mit dem Wert des Respekts vor der Kultur nicht vereinbar. Gleichzeitig passt es nicht in die multikulturelle Stadt von İskeçe/Xanthi.“
In İskeçe/Xanthi leben Christen und Muslime seit Jahren friedlich miteinander
„In unserer Stadt İskeçe/Xanthi lebten und leben Christen und Muslime seit Jahren friedlich miteinander. Das ist seit Jahren der Fall. Ich möchte Folgendes verlautbaren. Zwischen beiden Ethnien hat es in den letzten 100 Jahren kein Verbrechen gegeben. Das sagt schon alles. Was wir heute hier sehen, ist sehr bitter. Ich weiß nicht, wer sich bei wem entschuldigen soll. Ich persönlich bin sehr traurig. Wir sollten uns bei den Toten entschuldigen. Als Menschen, die versuchen, osmanisches Kulturgut zu beschützen, sind wir traurig. Ich finde keine Worte. Diese Grabsteine hier sind aus anno 1760. Darüber hinaus finden sich auch Grabsteine aus 1830 und 1840. Schade schade. Das ist ungeheuerlich“, so Mpatzakidis weiter.
Kemal Bölge
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