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Überraschend oder vorhersehbar? Gerade in dieser Branche sinken die Steuereinnahmen  

Während die deutschen Lotterien ihren Höhenflug fortsetzen, geraten Sportwetten und Online Casinos hingegen unter Druck.

(Symbolfoto: pixa)
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Nach Jahren des stetigen Wachstums sind die Einnahmen der Glücksspielsteuern gesunken. Während die deutschen Lotterien ihren Höhenflug fortsetzen, geraten Sportwetten und Online Casinos hingegen unter Druck. Die neuesten Daten zeigen, wie sich der Markt 2024 entwickelt hat und wohin es 2025 gehen könnte.

Glücksspielboom verliert an Schwung

Nach fast einem Jahrzehnt ununterbrochenen Wachstums hat der deutsche Staat im Jahr 2023 erstmals weniger Einnahmen aus dem Glücksspiel verzeichnet. Laut dem Statistischen Bundesamt flossen rund 2,48 Milliarden Euro an Steuern in die öffentlichen Kassen.

Das ist ein Rückgang von 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit wurde eine Phase beendet, in der die Glücksspielsteuern seit 2013 Jahr für Jahr gestiegen sind. Zum Vergleich: Damals lag das Steueraufkommen noch bei 1,64 Milliarden Euro, was einem Zuwachs von über 50 Prozent innerhalb von zehn Jahren entspricht.

Während sich die Gesamtumsätze der Glücksspielanbieter nur leicht verändert haben, sanken hingegen die steuerpflichtigen Erträge deutlich. Die Gründe dafür sind laut Branchenanalysten verschärfte Regulierung, neue Marktstrukturen und eine zunehmende Abwanderung in nicht lizenzierte Online Angebote.

Der Bundesverband der deutschen Glücksspielwirtschaft (BDGW) verweist darauf, dass immer mehr Spieler auf internationale Plattformen ausweichen, die ihren Sitz in Malta oder Gibraltar haben und damit außerhalb der deutschen Steuerhoheit liegen.

Das deshalb, weil das eine oder andere Casino ohne OASIS Sperrdatei im Vergleich durchaus überzeugt. Denn die internationale Lizenz steht für Sicherheit, es gibt in der Regel ein breites Spielangebot, attraktive Boni und die Möglichkeit, anonyme Transaktionen zu tätigen. All das gibt es im Online Casino mit deutscher Lizenz nicht.

Während die Zahlen für das Jahr 2024 eine leichte Stabilisierung zeigen, bleibt man bei den Prognosen für 2025 vorsichtig. Die Bundesregierung rechnet laut Haushaltsplan damit, dass die Glücksspielsteuern in diesem Jahr bei knapp über 2,5 Milliarden Euro liegen werden. Das heißt, man spekuliert mit dem Niveau von 2023, aber ohne nennenswertes Wachstum.

Lotterien trotzen hingegen der Flaute

Während Online Spielautomaten und Sportwetten an Boden verlieren, bleibt die Lotteriesteuer der ganz klare Stabilitätsanker im deutschen Glücksspielsystem. Sie machte im Jahr 2023 mit rund 1,77 Milliarden Euro mehr als 70 Prozent der gesamten Steuereinnahmen aus und legte gegenüber dem Vorjahr um fast 6 Prozent zu.

Das anhaltende Interesse an klassischen Lottoprodukten, hier vor allem an „6 aus 49“ und Eurojackpot, erklärt sich durch die vergleichsweise hohe gesellschaftliche Akzeptanz und die intensive Vermarktung durch die Landeslotteriegesellschaften. Auch gibt es immer mehr Bundesbürger, die über Apps oder Online Portale tippen – mit dieser Zugangserleichterung hat sich auch die Teilnahmehäufigkeit nach oben verändert.

Eine Studie des Forschungsinstituts Goldmedia aus dem Frühjahr 2025 bestätigt diesen Trend. Demnach spielen inzwischen 68 Prozent der Lottospieler regelmäßig online, doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren. Dadurch verschiebt sich das Lotteriegeschäft zwar auch zunehmend in die digitale Welt, bleibt aber weiterhin steuerlich erfasst, da die Lizenzen ausschließlich an staatliche Anbieter vergeben werden.

Anders sieht die Sache hingegen bei anderen Glücksspielformen aus. Die Einnahmen aus der Sportwettensteuer gingen im Jahr 2023 um 5,2 Prozent auf 409 Millionen Euro zurück. Vor allem kleinere Buchmacher meldeten doch recht starke Einbußen, da sie mit strengeren Auflagen, Werbebeschränkungen und zunehmender Konkurrenz aus dem Ausland zu kämpfen haben.

Online Glücksspiel ist der größte Verlierer

Der stärkste Rückgang konnte bei der virtuellen Automatensteuer dokumentiert werden, die auf Online Spielautomaten erhoben wird. Mit 264 Millionen Euro fiel das Aufkommen 2023 um fast 40 Prozent niedriger aus als im Vorjahr. Ursache sind laut Branchenkreisen nicht nur geringere Umsätze, sondern auch die verschärfte Regulierung durch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL).

Seit der Glücksspielstaatsvertrag im Jahr 2021 in Kraft getreten ist, dürfen Online Casinos nur noch unter deutscher Lizenz operieren. Zwar haben sich bis zum Jahr 2025 über 60 Anbieter registrieren lassen, doch viele internationale Plattformen bieten ihre Spiele weiterhin ohne Genehmigung an. Das natürlich steuerfrei und mit deutlich höheren Einsatzlimits. Eine Studie der Universität Hohenheim schätzt, dass bis zu 20 Prozent des deutschen Online Glücksspielumsatzes in den sogenannten Graumarkt abwandern.

Hinzu kommt, dass sich auch das Spielverhalten verändert hat. Nach der pandemiebedingten Hochphase des Online Gamings kehren viele Spieler wieder zu Freizeitaktivitäten außerhalb des digitalen Raums zurück. Das zeigt sich vor allem bei den jüngeren Spielern: Laut einer Bitkom-Erhebung hat sich das Interesse an Online Slots rückentwickelt.

Glücksspiel bleibt ein Milliardengeschäft

Das Glücksspiel bleibt dennoch ein wichtiger Bestandteil der öffentlichen Einnahmen. Die Bundesländer profitieren direkt von den Steuern, da das Lotterierecht in Deutschland föderal organisiert ist. Der Spitzenreiter bleibt Nordrhein-Westfalen, das im Jahr 2023 mit 535 Millionen Euro rund 22 Prozent aller Einnahmen generieren konnte. Dahinter folgt Bayern mit 350 Millionen Euro, auf Platz 3 liegt Baden-Württemberg mit 300 Millionen Euro.

Doch auch hier zeigt sich ein Wandel: Während die traditionellen Lotterien in Süddeutschland weiterhin boomen, wachsen in norddeutschen Bundesländern vor allem die digitalen Angebote. Schleswig-Holstein etwa, das schon früh auf eigene Lizenzen für Online Casinos gesetzt hat, verzeichnet seit dem Jahr 2022 eine Verdoppelung seiner Steuereinnahmen aus genau diesem Segment.

Experten erwarten, dass sich der Markt weiter differenziert. Der klassische Lottospieler wird älter, während junge Erwachsene zunehmend nach schnelleren, interaktiven Formaten suchen. Dies zwingt die Anbieter zu Innovationen, beispielsweise durch hybride Lotterieformen mit Sofortgewinnen oder die Integration von Künstlicher Intelligenz in Spielsysteme.

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) prognostiziert zudem, dass der Glücksspielmarkt bis 2026 zwar leicht wachsen wird, das Steueraufkommen jedoch nur moderat zulegt und sich in Richtung 2,6 Milliarden Euro bewegen wird. Das deshalb, weil der Anteil der schwer kontrollierbaren Online Plattformen weiter steigt, was die Steuerbasis schwächt.

Neue Balance zwischen Regulierung und Digitalisierung

Die Entwicklung zeigt aber auch ganz klar auf, dass Deutschland vor einer Neuausrichtung steht. Während die Politik den Spielerschutz ausgebaut und Werbebeschränkungen verschärft hat, muss nun die Entwicklung verhindert werden, dass zu strenge Regeln Spieler ins Ausland treiben. Die Glücksspielbranche drängt deshalb auf einheitliche europäische Standards und eine bessere Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden.

Der digitale Wandel bietet dabei nicht nur Risiken, sondern auch neue Chancen. Mit neuen Technologien – etwa Blockchain-gestützten Nachweissystemen oder KI-gestützter Betrugsprävention – könnten künftig Steuerausfälle reduziert und legale Anbieter gestärkt werden.

Ob die Einnahmen aus Glücksspielsteuern schon im Jahr 2025 wieder steigen, bleibt nach aktuellem Wissensstand noch offen. Sicher ist jedoch: Der Markt verändert sich schneller, als die Behörden reagieren können und die Balance zwischen Regulierung, Innovation und Steuergerechtigkeit wird zur zentralen Herausforderung der kommenden Jahre.

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