Start Politik Ausland Ukraine-Krieg UN: „Aber die Türken sind am nächsten dran“

Ukraine-Krieg
UN: „Aber die Türken sind am nächsten dran“

Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths lobte am Montag die "Weisheit" der Türkei und ihre Rolle bei den Gesprächen und dem Versuch, einen Waffenstillstand zwischen der russischen und der ukrainischen Seite zu erreichen.

Ukrainische und russische Delegierte applaudieren dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor Friedensgesprächen in Istanbul am 29. März 2022 (Foto: tccb)
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New York – Laut UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hänge ein Waffenstillstand in der Ukraine von Gesprächen ab, die mit Hilfe der Türkei geführt würden. Derzeit gebe es zwischen Russland und der Ukraine keine Verhandlungen im klassischen Sinn. „Aber die Türken sind von allen Mitgliedstaaten am nächsten dran“, sagte Griffiths am Montag am Sitz der Vereinten Nationen in New York.

Griffiths zeigte sich „beeindruckt“ von den türkischen Bemühungen um eine Beendigung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine und kündigte an, dass er diese Woche Präsident Recep Tayyip Erdogan treffen werde, um die Lage in der Ukraine zu erörtern.

„Ich bin wirklich beeindruckt von der Art und Weise, wie es der Türkei gelungen ist, sich beiden Seiten als ein wirklich wertvoller und nützlicher Gastgeber für diese Gespräche zu präsentieren, trotz aller Schwierigkeiten“, so der UN-Koordinator. Bereits am Sonntag besprach UN-Generalsekretär Antonio Guterres in einem Telefonat mit Erdogan sowohl den Krieg in der Ukraine als auch die jüngsten Spannungen in Jerusalem. Griffiths wird während seines zweitägigen Besuchs am Mittwoch und Donnerstag mit dem türkischen Staatschef zusammentreffen, um einen Waffenstillstand, die Evakuierung von Zivilisten und humanitäre Hilfe für die Ukrainer zu besprechen.

Aufgrund ihrer freundschaftlichen Beziehungen sowohl zu Russland als auch zur Ukraine befindet sich die Türkei in einer einzigartigen Position und wurde für ihre Bemühungen um eine Beendigung des Krieges weithin gelobt. Erdogan traf sich am 29. März mit der ukrainischen und der russischen Delegation vor deren Treffen in Istanbul, das von beiden Seiten als „konstruktiv“ bezeichnet wurde.

Ein ukrainischer Verhandlungsführer, der nach dem Treffen mit der russischen Delegation in Istanbul mit Reportern sprach, erklärte, dass die Ukraine acht Länder, darunter die Türkei, als Garantiestaaten sehen möchte. Am 10. März war die Türkei zudem Gastgeberin für die russischen und den ukrainischen Außenminister in der südlichen Urlaubsstadt Antalya, dem höchsten Treffen der beiden Seiten seit Beginn des Krieges am 24. Februar.

„Erdogan könnte für Ukraine-Bemühungen Nobelpreis erhalten“

Für seine starken Bemühungen um eine Lösung inmitten der russischen Invasion in der Ukraine könnte Erdoğan den Friedensnobelpreis erhalten, so die niederländische Journalistin Saskia van Westhreenen in einem Artikel, der in der Tageszeitung Algemeen Dagblad veröffentlicht wurde.

„Plötzlich, aus dem Nichts, gibt es einen Hoffnungsschimmer für die Ukraine. Ein Friedensabkommen scheint in Reichweite. Noch nie zuvor in den letzten Wochen waren die Zeichen für ein baldiges Ende dieses Krieges so positiv“, so Westhreenen.

Die niederländische Journalistin betonte, dass die Türkei „auf einen Schlag zu einem wichtigen Akteur auf der Weltbühne“ geworden sei, und verglich sie mit anderen Vermittlerländern wie Israel, das mit einem russischen Boykott vorgegangen sei.

„Wenn alles klappt, könnte Erdogan mit seiner derzeitigen Haltung fast einen Friedensnobelpreis gewinnen. Ein Mark Rutte oder Joe Biden sind davon weit entfernt. Und ehrlich gesagt ist das etwas, worüber man nachdenken sollte“, so van Westhreenen weiter.

Auch der sonst sehr Erdogan-kritische Auslandskorrespondent der TAZ, Jürgen Gottschlich, musste in einem Beitrag (Vom Paria zum Staatsvermittler) die Erfolge des türkischen Staatschefs als Vermittler eingestehen:

Bei aller massiver Kritik an Erdoğan, seinem repressiven Regime und der weitgehenden Ermüdung über seine One-Man- Show in großen Teilen der Bevölkerung schafft er es dennoch, den Eindruck zu vermitteln: Wenn es drauf ankommt, hat der Präsident die Sache im Griff.

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