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Der Schachtürke: Ein meisterhafter Bluff

Erfinder Wolfgang von Kempelen sorgte mit seinem Schachtürken lange Zeit für Aufruhr. Sogar gegen Friedrich den Großen und Napoleon hatte seine Maschine gespielt. Doch was steckte wirklich hinter dem Automaten, der scheinbar wie von Geisterhand geschickte Schachzüge machte?

(Foto: Wikipedia)
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Erfinder Wolfgang von Kempelen sorgte mit seinem Schachtürken lange Zeit für Aufruhr. Sogar gegen Friedrich den Großen und Napoleon hatte seine Maschine gespielt. Doch was steckte wirklich hinter dem Automaten, der scheinbar wie von Geisterhand geschickte Schachzüge machte?

Was verbirgt sich hinter dem Schachtürken?

Umgangssprachlich bezeichnet man den Schachtürken als eine mechanische Gerätschaft, mit der ein vermeintlicher Roboter automatisch Schach spielen kann. Vermeintlich deshalb, weil es sich eigentlich gar nicht um einen Roboter handelt, sondern eine Vorrichtung, die von einem echten Spieler betrieben wurde Auf die Idee kam Wolfgang von Kempelen. Er ließ die Menschen glauben, der mechanische Schachspieler basiere auf einem mechanischen Trick. Tatsächlich war da aber einfach ein echter Mensch, der den Schachtürken bediente. Kempelen behauptete zwar, er habe das Ganze als Androiden betitelt, doch diese Aussage lässt sich widerlegen. Stattdessen hatte er nie verraten, wie genau sein Schachtürke funktionierte und die Menschen damit in die Irre geführt. Denn lange Zeit glaubten die Zuschauer tatsächlich, dass der Schachtürke allein spielte.

Geschichte des Schachtürken

Der Begriff des Schachtürken entstammt der Figur, die diese Gerätschaft abbildet: Zuschauer sahen einen Mann, der in typisch türkischer Tracht daherkam und auf einem Schachbrett thronte. Noch heute gibt es Nachbauten des Schachtürken, die vielerorts bestaunt werden können.

Entwickelt hatte Kempelen seinen Schachtürken im Jahr 1769. Im Laufe der Zeit spielte der Türke dann scheinbar automatisch gegen seine Gegner – eigentlich versteckte sich darin aber ein echter Mensch, der Schach spielte. Für den Zuschauer sah es aber aus, als handele das Gerät eigenmächtig. Der erste Zug war immer dem Türken vorbehalten. Dafür reckte er den linken Arm in die Höhe, machte seinen Zug und legte die Hand dann zurück neben das Schachbrett. Er kommentierte mit seinen Gesten auch die Züge des Gegners, schüttelte mit dem Kopf oder nickte.

Wie das funktionierte, wollte der Erfinder nicht preisgeben. Entsprechend rätselten die Menschen lange Zeit, wie der Trick funktionierte: Handelte es sich wirklich um eine Maschine, der man künstliche Intelligenz zusprechen konnte? Oder waren vielleicht Magneten im Spiel, wie man sie auch von damaligen Glücksspiel-Mythen kennt? Ein einarmiger Bandit online lässt sich längst nicht mehr manipulieren, in der Vergangenheit unternahmen Menschen aber immer wieder Versuche, bei Glücksspielen in verschiedenen Lokalitäten mit dem ein oder anderen Trick an ihr Geld zu kommen. Beim Spielautomaten wurden Stecker gezogen oder Magneten eingesetzt – beim Blackjack gab es die berühmten Kartenzähler. Und obwohl Schach kein klassisches Glücksspiel ist, versetzte es Zuschauer doch ins Staunen, dass der Schachtürke so lebendig wirkte. In kürzester Zeit hatte es Kempelen geschafft, Menschen für seinen mechanischen Türken zu begeistern. Es kursierten die verschiedensten Gerüchte, wie er seine Maschine konstruiert hatte. Dass es einen Trick geben musste, da war man sich oft einig – doch Kempelen ließ die Zuschauer und Gegner einige Zeit im Dunkeln tappen. Erst Jahre später sollte dein Schwindel auffliegen.

Ein Automat, der wirklich denken kann?

Manch einer sprach von übernatürlichen Kräften, andere waren vom Magnetismus überzeugt. Oder gab es da vielleicht doch unsichtbare Schnüre, an denen ein echter Mensch zog? Kempelen blieb stumm. Bei den Spielen stand er etwas abseits und beobachtete das Geschehen amüsiert. Lange Zeit kam niemand hinter seinen Trick, umso größer war die Faszination. Mit seinem Schachtürken ging er dann sogar auf Europatour. Im Jahr 1783 traf man ihn in den Kaffeehäusern von Paris an, hier war das Schachspiel ein beliebter Zeitvertreib. Gegen viele gute Schachspieler konnte sich der Türke behaupten. Philidor, damals der beste Schachspieler der Welt, vermochte er allerdings nicht zu schlagen. Trotzdem spielte die Maschine gut.

In Frankreich wurde man also ebenso aufmerksam auf die Gerätschaft. Wissenschaftler aus Frankreich versuchten erfolglos, herauszufinden, welcher Trick hinter der Erfindung steckte. Erzählt wird sogar, dass der Türke es schaffte, gegen Friedrich den Großen zu gewinnen. Danach soll dieser eine hohe Summe an Kempelen gezahlt haben, damit dieser ihm den Trick verrate. Kempelen soll den Deal angenommen haben. Das, was er ihm erzählte, enttäuschte Friedrich den Großen aber. Daraufhin landete der Schachtürke in der Abstellkammer und blieb einige Zeit unbeachtet.

Es war eine Zeit, in der neue Entwicklungen an der Tagesordnung waren: Der Heißluftballon wurde erfunden, es gab die ersten Dampfmaschinen. Verständlicherweise glaubten einige Menschen deshalb, eine Maschine sei zur damaligen Zeit tatsächlich in der Lage gewesen, eigenständig zu denken. Friedrich Melchior von Grimm, ein in Paris lebender Schriftsteller, wies aber darauf hin, dass es unmöglich sei, eine Maschine derartig gut vorausschauen und -denken zu lassen. Trotzdem weiß die große Öffentlichkeit auch im Jahr 1804, als der Erfinder Kempelen stirbt, noch immer nicht, wie das Gerät funktioniert. Nachdem es einige Zeit in der Abstellkammer verbracht hatte, wird Napoleon auf den Türken aufmerksam. Er wollte die Maschine herausfordern und versuchte sogar selbst einen Trick. Daraufhin verbeugte sich der Türke aber vor ihm und stellte die Figur wieder dorthin zurück, wo sie gewesen war. Napoleon fuhr mit seinem Schummelspiel so lange fort, bis der Schachtürke alle Figuren von dem Tisch beseitigte.

Schließlich war es niemand geringeres als Edgar Allan Poe, der erkannte, wie der Türke funktionierte: Er wohnte einer Aufführung in Virginia bei und beobachte das Spiel. Nie würden alle Türen gleichzeitig geöffnet, wenn man den Kasten präsentierte – dieses und noch viele weitere Argumente brachte der Schriftsteller hervor. Er war sich sicher, dass sich in dem Kasten ein Mensch verbergen musste, der das Spiel lenkte. Eine Kerze sorgte dafür, dass der Spieler Licht hatte. Kleine Löcher spendeten Luft. Trotzdem spielte man nur eine Stunde, denn dann wurde es ungemütlich in dem Kasten. Bewegen konnte der Spieler die Figuren mit Magneten, die er von unten steuerte. Das macht die Erfindung zu einem großen Schwindel, hatte Kempelen doch immer von einem mechanischen Trick gesprochen, nicht aber von einem echten Menschen. Zweifelsfrei ist dieser Schwindel aber ebenso ein wahres Meisterwerk, das Geschichte schrieb.

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