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Kommentar zu IS-Rückkehrern: Deutschland steht nun da wie der Ochs vorm Berg

Deutschland ist Meister bei der Selbstregulierung: Die Rücknahme pfandpflichtiger Einweggetränkeverpackungen, die Rücknahme ausgedienter Elektrogeräte oder die Rückrufaktion fehlerhafter Waren. Wie aber umgehen mit den in Nordsyrien, in der Türkei oder im Irak inhaftierten deutschen IS-Kämpfern? Da sind die Deutschen ziemlich überfragt und ratlos. Ein Kommentar.

(Symbolfoto: pixabay)
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Türkei macht Sack im Geschacher um Rücknahme von IS-Kämpfern zu

Ein Gastkommentar von Nabi Yücel

Deutschland ist Meister bei der Selbstregulierung: Die Rücknahme pfandpflichtiger Einweggetränkeverpackungen, die Rücknahme ausgedienter Elektrogeräte oder die Rückrufaktion fehlerhafter Waren…

Wie aber umgehen mit den in Nordsyrien, in der Türkei oder im Irak inhaftierten deutschen IS-Kämpfern? Da sind die Deutschen ziemlich überfragt und ratlos. Deutsche Politiker und Medien sind Meister darin, sich dieser Aufgabe eben nicht zu stellen. Sie erwarten unter anderem, dass das Problem erst nicht verlagert wird, die IS-Kämpfer dort bleiben wo sie derzeit sind; quasi im Endlager, fernab der Heimat.

Nun, der türkische Innenminister Süleyman Soylu und dicht dahinter, der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar, wollen aber, dass Deutschland seiner völkerrechtlichen Pflicht nachkommt und die deutschen Staatsbürger zurücknimmt; ohne Wenn und Aber.

Aber beim Wenn und Aber sind die Deutschen nun mal wie moralisch verkaterte Konformisten, besinnen sich schnell mal auch an den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft im Sinne des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 zurück. Wenn da nicht die Unterschrift von Hitler drunter stehen würde, dass Gesetz wäre längst vom Bundestag verabschiedet worden.

Da steht nun Deutschland wie der Ochs vorm Berg und ist damit beschäftigt, eine pfiffige Lösung zu finden. Wie wäre es z.B., wenn ein Deutscher seine deutsche Staatsangehörigkeit verliert, weil er ohne Zustimmung des deutschen Staates Wehrdienst in Streitkräften eines fremden Staates leistet?

Diesen Paragraphen gibt es. Es ist wie eine Hintertür die man im Grundgesetz klammheimlich eingebaut hat, nur kennt es nicht jeder. Aber, dazu müsste die Bundesregierung diesen Kalifatsverein des IS erst einmal als Staat anerkennen. Nein, dazu wird es ganz bestimmt nicht kommen, dass ein zivilisierter demokratischer Rechtsstaat einen Haufen von Halsabschneidern auf einem fremden Staat als Staat anerkennt! Oder doch?

Wie auch immer die Debatte in Deutschland nun fortgesetzt wird, welche irren Ideen man sich dabei noch ausdenkt, um die ausgedienten IS-Kämpfer nicht zurücknehmen zu müssen, der türkische Innenminister Süleyman Soylu hat die Faxen dicke und will die ersten 20 IS-Kämpfer am Montag zurückschicken.

Deutschland kann diese IS-Kämpfer ja nach rechtsstaatlichen Maßstäben wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und mit nachgewiesenen Verbrechen für mehrere Jahre hinter Gitter bringen; aber freigelassen werden sie ganz sicher wieder, weil die Strafmaße nicht lächerlicher sein können, als sie es schon sind. Das grundlegende Problem ist aber, diesen Halsabschneidern die Verbrechen erst einmal nachzuweisen.

Der deutsche Innenminister Seehofer hat es des Öfteren schon durchklingen lassen, weshalb man so reagiert wie man reagiert. Man wird nicht drumherum kommen, diese IS-Kämpfer zurückzunehmen, aber man will so viel Zeit gewinnen, dass man mit dieser gewonnenen Zeit jeden einzelnen Rückkehrer erst gar nicht frei herumlaufen lässt, sondern gleich einbuchtet und zur Anklage bringt, wenn sie deutschen Boden betreten.

Innenminister Seehofer hat nur ein Problem: seine Justiz hat nicht die Manpower und die Gesetze, um auch noch die Verbrechen der IS-Kämpfer im Ausland zu verfolgen, nachzuweisen und sie dann ganz sicher für wenigstens ein Jahrzehnt wegzusperren. Das bedeutet, im Grunde könnten die IS-Kämpfer zurückkehren und dennoch frei bleiben, weil die Justiz sie bei der Rückkehr nicht nahtlos einkassieren kann.

Und dann das nächste Problem, was auf Deutschland zukommt: weil die deutsche Justiz ihren entsprechenden Werkzeugen bereits beraubt wurde, die Täter für wenigstens ein Jahrzehnt wegzusperren, darf man sich spätestens nach wenigen Jahren darauf freuen, mit diesen Burschen mit im gleichen Linienbus zu sitzen. Die Wattebäuschen-Strafmaße in Deutschland sind geradezu Motivation für solche Burschen, dort anzufangen, wo sie kurz zuvor aufgehört haben; aber wem erzählt man denn das als Türke, dessen Land mitunter von solchen Burschen und ähnlichen Terrororganisationen wie der PKK seit Jahrzehnten heimgesucht wird?

Da ist die Türkei in diesem Punkt viel härter, schneller und effektiver, nur Frankreich oder Spanien können da mithalten. Nicht nur, dass man ausländische Terroristen und Terror-Sympathisanten abschiebt und nicht wie Deutschland auch noch zu Hochburgen von Terrororganisationen wird, nein, Terrorverherrlicher werden für ihre Propaganda empfindlich bestraft, damit sie erst gar nicht auf die Idee kommen, noch weiter zu gehen. Kämpfer von Terrororganisationen werden für mindestens ein Jahrzehnt weggesperrt, bis sie in ein Alter eintreten, wo ihnen der Sinn des Lebens erst bewusst wird. Das dankt ihnen die türkische Bevölkerung, denn es gab genug Linienbusse, die von solchen und anderen Burschen angegriffen wurden und tödlich endeten.

In Deutschland herrscht doch noch die Wagenburg-Mentalität, in sogenannten Asylverfahren Terroristen und Verbrecher der PKK oder der FETÖ zu schützen und das auch noch zu verteidigen. Sie zu beherbergen und mit ihnen eigene politische Süppchen zu kochen, scheint diese Mentalität auch noch zu unterstreichen.

Bislang war Deutschland vor Terror geradezu in Wattebäuschen eingepackt, hatte keinerlei Probleme mit Terrorismus; höchstens welche in Zusammenhang mit dem Rechtsterrorismus. Aber die richtete sich auch nicht gegen Deutschland selbst, sondern gegen Ausländer, Deutsche mit Migrationshintergrund und Juden.

Jetzt wo Deutschland selbst seit Jahren in Syrien aktiv beteiligt ist und ebenso ins Visier des sogenannten Kalifatsstaates rückt, macht man sich ernsthaft Sorgen, mit welchen Mitteln man dem nun Herr wird. Nun, vielleicht versteht man jetzt so langsam, weshalb die türkische Justiz so vorgeht, wie sie vorgeht und weshalb man so stinkig ist.


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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