Start Politik Ausland Menschenrechtsverletzungen in China Kommentar: „Chinesisches Geld ist wichtiger als die Muslime“

Menschenrechtsverletzungen in China
Kommentar: „Chinesisches Geld ist wichtiger als die Muslime“

Während die chinesische Regierung dies bisher ablehnte, gab sie inzwischen bekannt, dass eine UN-Delegation Xinjiang besuchen dürfe, wenn ein angemessenes Vorgehen eingehalten und eine objektive und neutrale Einstellung eingebracht werde.

(Symbolfoto: Akademis)
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Von Prof. Dr. Hans-Christian Günther

Während die chinesische Regierung dies bisher ablehnte, gab sie inzwischen bekannt, dass eine UN-Delegation Xinjiang besuchen dürfe, wenn ein angemessenes Vorgehen eingehalten und eine objektive und neutrale Einstellung eingebracht werde.

Diese Einstellung brachten wohl die Diplomaten aus 12 asiatischen Staaten mit, die man im Dezember zu einer offiziellen Tour mit Gesangseinlagen fröhlicher uigurischer Auszubildender eingeladen hatte. Man hat aus diesen Staaten bislang nichts über deren Eindrücke von der Tour gehört.

Doch, was immer das alles bedeutet: Selbstverständlich werden die grauenvollsten Auswüchse auch nicht am Rande sichtbar werden. China hat die Mehrzahl der in Lagern internierten Uiguren in verschiedene andere Landesteile verbracht: Niemand weiß, wohin. Diese Personen sind auf Nimmerwiedersehen verschwunden und können auch jederzeit getötet werden, ohne dass Spuren zurückbleiben.

Trotzdem kann es sicher nicht schaden, wenn eine UN Delegation Xinjiang besucht. Ganz wird sich der Unmut der Bevölkerung nicht kaschieren lassen, noch weniger die Einschränkungen im täglichen Leben aller Uiguren und die Entweihung von Moscheen durch Beseitigung aller arabischer Aufschriften und Ersatz durch chinesische Sprüche. Die Beseitigung des Halbmonds ebenso wenig. Und ob die Bilder Xi Jinpings für die UN Delegation wohl abgehängt würden? Wenn die UN-Delegation ihre Aufgabe ernst nimmt, wird sie trotz der zu erwartenden Verschleierungstaktik der Chinesen genug Negatives finden. Was die Delegation aus asiatischen Diplomaten am Rande der offiziellen Tour mitgekriegt hat, weiß ich nicht. Mir sind nur Berichte aus chinesischen Staatsmedien bekannt. Die entsprechenden Staaten äußerten sich nicht.

Freilich, Imran Khan hat gerade in seinem Interview in der Türkei erklärt, er wisse nichts über die Situation in China (wann er wohl über die UN Beschlüsse informiert werden wird, wenn er nicht einmal weiß, was seine Diplomaten in China gesehen haben?); wenn er mehr wisse, könne es sein, dass er vertraulich mit China reden werde, er werde China nie öffentlich kritisieren, Chinas Wirtschaftshilfe sei zu wichtig.

Wäre er von seinen Leuten überzeugt worden, alles sei in bester Ordnung, hätte er sich gewiss anders geäußert. Pakistan spielt sich als Sprecher unterdrücktet Muslime aus, wo es ihm passt, vor allem in Kaschmir. Wo es unbequem ist, kollaboriert man.

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Dass Chinas Wirtschaftshilfe, die BRI, zu wichtig ist, scheint auch für die Türkei zu gelten. Das ist nicht verwunderlich, nachdem die Türkei und Pakistan nun so emphatisch ihre Zusammenarbeit bekräftigt haben.

Erdogan hatte sich noch 2015 entschieden zu den Uiguren geäußert. Die darauf folgende Drohung Chinas Richtung Türkei, hat ihn einknicken lassen: Chinesisches Geld ist wichtiger als die Muslime. Der türkische Außenminister hat schon 2017 versprochen, keine öffentliche Kritik an China in der Türkei zuzulassen. Das zeigt sich in letzter Zeit überdeutlich: Der Vorstoß der Opposition gegen China wird niedergestimmt, ein uigurischer Protestmarsch von Istanbul nach Ankara wird gestoppt. Turkey abandons Uigurs in favor of Chinese investment.

Uiguren werden auch nicht mehr automatisch eingebürgert, man verpasst Ihnen einen Maulkorb und lässt zu, dass sie – selbst als Bürger der Türkei – vom chinesischen Geheimdienst bedroht werden. Gegenüber China bringt man noch nicht einmal so viel Stolz auf, sich Übergriffe auf die eigene nationale Souveränität zu verbitten. Um sich als Führer der Muslime aufzuführen reichen hohle Sprüche gegen Netanjahu. Die türkische Öffentlichkeit scheint auch eher mit ihren Ressentiments gegen syrische Flüchtlinge beschäftigt. Wen interessieren da die uigurischen Flüchtlinge? Wer soll angesichts dieser Lage ernsthaft gegen China Stellung beziehen?

Der Wille zum Handeln fehlt. Jeder weiß längst, was vorgeht. Der Wille fehlt in der muslimischen Welt, selbst in einem Staat wie der Türkei, noch weit mehr als im Westen. Das sagt alles! Kann man vom Westen erhoffen, dass er sich entschieden für Muslime einsetzt? Die islamische Welt hat in der Vergangenheit nie begriffen, dass der gemeinsame Feind aller Muslime der Westen ist. Man hat sich von ihm ausspielen lassen; jeder muslimische Staat hat nur seine eigenen nationalen Pseudointeressen im Auge gehabt. Was dabei herausgekommen ist, kapiert die islamische Welt immer noch nicht. Sie spielt das Spiel immer noch mit.
Nur kommt jetzt noch ein weiterer Mitspieler dazu, und niemand kapiert, dass China inzwischen der größte Feind des Islam ist: gefährlicher als die USA und Israel zusammen. Die Einheit auch nur eines bedeutenden Teils der muslimischen Staaten ist ferner denn je. Man muss die Hoffnung auf Einsicht in die größeren Zusammenhänge wohl aufgegeben.

Am besten alle muslimischen Staaten, nicht nur die Saudis und Ägypten, tun sich mit Israel zusammen, überlassen die Palästinenser und ihre diskriminierten Brüder und Schwestern im Westen sich selbst, in Deutschland der AfD, dann ist es wenigstens konsequent, wenn man vor China und seinem Völkermord am Islam den Schwanz einzieht.


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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Prof. Dr. Hans-Christian Günther

Geb. am 28.4.1957 in Müllheim / Baden

Professor für klassische Philologie an der Albert-Ludwigs-Universität. Zahlreiche Publikationen und Gastprofessoren. Lange Aufenthalte in der VR China. Im Bereich der Altertumswissenschaft besonderer Schwerpunkt auf der politischen Dichtung der Augusteer und allgemein der Reflexion antiker Autoren auf ihre gesellschaftliche Stellung und Verantwortung

Seit 2004 Tätigkeit im Bereich des Dialogs der Religionen und Kulturen mit zahlreichen Veröffentlichungen.

Zahlreiche Publikationen und Gastprofessoren. Lange Aufenthalte in der VR China. Im Bereich der Altertumswissenschaft besonderer Schwerpunkt auf der politischen Dichtung der Augusteer und allgemein der Reflexion antiker Autoren auf ihre gesellschaftliche Stellung und Verantwortung Seit 2004 Tätigkeit im Bereich des Dialogs der Religionen und Kulturen mit zahlreichen Veröffentlichungen.

Ausgebildet in Freiburg und Oxford. Stipendiat der DFG und der Alexander von Humboldt -Stiftung. Gerhard Hess Preis der DFG.

Zahlreiche Publikationen (ca. 40 Bücher, u.a. Brill’s Companion to Propertius, Brill’s Companion to Horace) im Bereich der antiken Philosophie und Literatur, der Byzantinistik, Neogräzistik, modernen Literatur und Philosophie, Ethik und Politik. Zahlreiche Versübersetzungen aus dem Lateinischen, Italienischen, Neugriechischen, Georgischen, Japanischen und Chinesischen.

Lehrt regelmäßig in Italien, zahlreiche Gastaufenthalte in der Schweiz, Polen, Georgien, Indonesien, Iran, Seoul, Tokyo und vielen chinesischen Universitäten. Herausgeber mehrerer Buchreihen, im wissenschaftlichen Beirat zahlreicher wissenschaftlichen Zeitschriften.