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Quantenphysik und die christliche Dreifaltigkeit

Der Physiker Can Ünal aus Darmstadt veranschaulicht in einer Abhandlung die Welt der Physik und ihre Wechselwirkung mit der Religion. Dabei stellt er drei fundamentale Bereiche der Quantenphysik gängigen Theorien der christlichen Kirche gegenüber.

(Symbolfoto: pixa)
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Von Can Ünal

Ich möchte Euch in mehreren Beiträgen die wunderschöne Welt der Physik näherbringen und diese auch in Korrelation zur Religion setzen, hier zuerst mit dem Schwerpunkt Christentum. Dafür habe ich mir drei fundamentale Bereiche der Quantenphysik ausgesucht, die ich explizit darstellen und diese gegenüber der gängigen Theorie der Kirche gegenüberstellen will.

Das Jahr 1905 ist dabei von historischer Bedeutung, weil ein deutsch-jüdischer Physiker mit seinen epochalen Arbeiten das Fundament für die zwei wichtigsten Aspekte der Physik, die Quantentheorie und die Relativitätstheorie, gelegt hat.
Bis 1900 hatte man gedacht, dass die Welt absolut ist, es gab den absoluten Raum von Newton und natürlich auch die absolute Zeit.

Diese waren unveränderlich und vom Betrachter unabhängig, d.h. alles war festgelegt und klar definiert. Die von Newton begründete absolute Raumzeit gab klar hervor, wie sich die Natur zu verhalten hatte und dementsprechend war auch klar, dass für die Menschen und Gott alles vorgegeben war.

Newton schrieb in seinem Fundamentalwerk Principia „…er [Gott] währt stets fort und ist überall gegenwärtig, er existiert stets und überall, er macht den Raum und die Dauer aus“ eine ebenso fundamentale Ausprägung wie das Newtonsche Weltbild des absoluten Raumzeit hatte Aristoteles und zwar für den Islam ebenso wie für das Christentum.

Nun aber erst mal wieder zurück in das Jahr 1900. Der deutsche Physiker Max Planck referierte in einem Vortrag über schwarze Körper und behauptete, dass die Abgabe von Strahlung nicht kontinuierlich erfolgt, sondern diskret, d.h. die Materieteilchen konnten nicht x-beliebige Zustände einnehmen, sondern nur bestimmte und vor allem erlaubte.

Aufbauend auf diese Arbeit von Planck war es dann Albert Einstein im Jahre 1905, der mit seiner Theorie über den Photoeffekt die Plancksche Theorie erweiterte und zusätzlich mit seiner ersten Arbeit zur Relativitätstheorie die beiden Fundamente der modernen Naturwissenschaft – Quantenphysik und Relativität – begründete.

Insgesamt kristallisierten sich drei bis dato nicht gekannte Eigenschaften der Natur heraus.

1. Welle-Teilchen Dualismus
2. Unschärferelation bzw. Unbestimmheitsprinzip
3. Lokalität bzw. Fernprinzip

Ich werde dann diese drei Punkte der Physik ein wenig erläutern und dessen Aussagen denen der christlichen Theologie gegenüberstellen.

1.

Fall der Physik – den Welle-Teilchen Dualismus

1900 begründete Max Planck in einem Vortrag die Wärmestrahlung von Körpern damit, dass der Energieübertrag zwischen abgestrahlten Strahlung und der Materie nicht kontinuierlich erfolgt, sondern nur in diskreten Energiebeiträgen.
Und 1905 stellte Einstein die Wissenschaft auf den Kopf, indem er mit seiner makroskopischen speziellen Relativitätstheorie die Newton-Begriffe wie absolute Zeit und abbsoluter Raum zertrümmerte und durch die Theorie des Photoeffektes auch den Teilchencharakter von Lichtteilchen hervorhob.

In der Gleichung Energie = h * c/Wellenlänge (h: das sog. Plancksche Wirkungsquantum und c: die Lichtgeschwindigkeit) wurde dann mathematisch der sog. Welle-Teilchen Dualismus festgehalten.

Bei der obigen Gleichung wird der Teilchencharakter durch das h und die Welleneigenschaft durch die Wellenlänge ausgedrückt. Und diese obige Gleichung besagt indirekt, dass sich ein Teilchen je nach Experiment sich entweder als Teilchen (wie beim Photoeffekt also bei Solarzellen) oder als Welle (wie bei den Experimenten mit dem Doppelspalt) sich je nach Experiment entweder als Teilchen oder als Welle verhält.

Das war kurios, denn bis dato glaubte man, dass alles eindeutig und fest vorgegeben war – es war für die damalige und auch für viele Menschen heute unglaublich, dass man behaupten konnte, dass sich diese winzige Lichtträger (also die sog. Photonen) je nach Lust und Laune entscheiden konnten, mal als Welle mal als Teilchen zu agieren?

Das von Einstein postulierte Photoeffekt (heute übrigens in Solarzellen im Einsatz) war aber ebenso nachweisbar wie das sog. Doppelspaltexperiment.

Beim Doppelspaltexperiment beschießt man durch einen winzigen Spalt eine Folie mit diesen Lichtteilchen und es entstehen Muster wie man sie erwartet wenn man z.b. mit einem Gewehr auf eine Scheibe schießen würde. Zufällige Treffer die dann sich plötzlich zu einem regelmäßigen Muster ergeben. Interessanterweise ergeben sich dann plötzlich bekannte Muster, die man von den Wasserwellen kennt, je mehr man auf diese Zielscheibe schiesst.
Plötzlich entstehen sog. „Interferenzmuster“ – Wellenberge mit Wellenberge überlagern sich, Wellenberge mit mit Wellentälern löschen sich aus. Es scheint so zu sein, dass diese Lichtteilchen wissen, dass sie zu einem Schwarm angehören und nach einer versteckten Logik agieren und dadurch am Ende wissen, dass sie Welleneigenschaften haben so nach dem Motto:

Einzel – ich bin ein Teilchen
Gemeinschaft – ich bin eine Welle

Dieser Welle-Teilchen Dualismus ist aber interessanterweise nicht nur bei den Lichtteilchen vorhanden, sondern bei allen Teilchen, also auch bei den Teilchen, welches die Bausteine unserer Welt sind, den Elektronen, Protonen und Neutronen!
Also auch ein Elektron und Proton als Bausteine der Materie haben diese Eigenschaft, also scheint dieser Dualismus eine fundamentale Eigenschaft der Natur zu sein.

Die Korrelation von Teilchen mit der Welle hat Einstein wunderbar mit seiner Gleichung E=mc2 beschrieben (E:Energie, m=Teilchenmasse, c=Lichtgeschwindigkeit). D.h. diese Gleichung ist ein Sinnbild dieses Welle-Teilchen Dualismus :
links in der Gleichung die Welle (E), rechts das Teilchen und als Verbindungsglied zwischen den beiden, die Lichtgeschwindigkeit.

Die Frage ist nun wie bei der Henne und das Ei. Was war zuerst da? die Welleneigenschaft oder eher der Teilchencharakter?

Die aktuell sehr populäre Stringtheorie geht von der Welleneigenschaft als das fundamentalere der beiden aus, aber dazu mehr in einem anderen Beitrag. Nun – wir hantieren mit Begriffen wie Energie und Materie und da ist der Mensch nicht sehr weit, diese beiden Begriffe mit Religion zu korrelieren.

Ich hatte ja gesagt, dass ich das Christentum zuerst betrachten werde und als Pendant für den Welle-Teilchen Dualismus habe ich mir die Trinität ausgesucht. Dafür müssen wir wieder in die Geschichte zurück und zwar zu den Ursprüngen der Kirche, also zum römischen Reich.

Die Trinität bzw. Dreifaltigkeit besagt in der christlichen Theologie, dass sich Gottes Wesen aus Personen zusammensetzt und zwar Gottvater, Gottes-Sohn (also Jesus) und der heilige Geist.

Die Trinität wurde durch das Erste Konzil von Nicäa im Jahre 325 n. Chr. (Iznik/Türkei), das durch den ersten christlich-römischen Kaiser Konstantin einberufen wurde, als christliches Fundament definiert. Hintergrund war der Streit innerhalb der Kirche ob Jesus und sein Vater wesensgleich oder wesensähnlich sind, also wer höher gestellt ist. Die sog. „Arianer“ glaubten, dass der Vater höhergestellt ist, während die Obrigkeit an die Wesensgleicheit glaubte.

Ursprünglich ging es nur um die beiden Instanzen Vater und Sohn, später wurde der heilige Geist hinzugenommen. Betrachten wir einfach der Einfachheit halber nur den Vater und den Sohn und lassen den heiligen Geist außen vor, da die Betrachtung von drei Instanzen noch komplizierter ist. Korrelieren wir nun die quantenphysikalische Welle-Teilchen Dualismus mit der gängigen christlichen Theologie, ist Jesus quasi die Materialisierung vom Vater, der damit die Wellenform des Gottgebildes darstellt.

Es gibt im Neuen Testament diverse Textsegmente mit Beschreibungen, daß der Gottvater über seinen Sohn sein Werk vollzieht, also ein einziges Wesen hier agiert. Bis hierher könnten wir ja sagen, alles im Bereich des oben erklärten Welle-Teilchen Dualismus. Jedoch sagt die christliche Dogma eine Präexistenz von Jesus voraus, also die Lehre, dass Jesus schon vor (!) seinem irdischen Leben existiert haben soll, also doch 2 agierende Wesen, die unabhängig voneinander existieren.

Daraus muss man schlussfolgern, dass wir hier es doch mit mindestens zwei selbständigen Wesen es zu tun haben. Dies ist aber ein klarer Widerspruch zu der Aussage der Quantenphysik, dass Energie und Teilchencharakter Eigenschaften von eins und derselben Erscheinung ist. Die Kirche versuchte die Widersprüche der Trinität durch verschiedene Synoden, Kirchenväter und später durch die Kirchenlehrer Anselm von Canterbury, Albertus Magnus und vor allem von Thomas von Aquin aufzulösen.

Interessant war hierbei die Rolle des Islams, der hier eine wichtige Rolle für die philosophische Betrachtung des Christentums gespielt hat. Nach dem Untergang des weströmischen Reiches 475 n.Chr. verfiel Europa in tiefe Agonie, die mehrere Jahrhunderte dauern sollte, während der Islam mit den Omaijaden und Abbasiden-Reichen eine Blütezeit der Kultur, Philosophie und auch der Wissenschaft erlebte.

Insbesondere im heutigen Spanien wuchs mit dem Omaijaden-Reich in Spanien im 9.-11. Jahrhundert eine Macht heran, die in Kunst, Bildung, Toleranz Maßstäbe setzte.
Cordoba als die Hauptstadt dieses Reiches hatte damals mehrere Hunderttausend Einwohner und es waren islamische Gelehrten wie ibn-Arabi, ibn-Rushd und andere, welches die Werke der griechischen Philosophen wie Sokrates, Platon und Aristoteles ins Arabische übersetzten und diese Philosophen der Antike auch dem christlichen Europa wieder bekanntmachten.

Aristoteles sollte auch dann für die prägenden christlichen Kirchenlehrer Albertus Magnus und vor allem Thomas von Aquin von eminenter Bedeutung sein. Insbesondere Thomas von Aquin kombinierte die Aussagen von Aristoteles mit der Dogmatik von A.Magnus und legte damit das Fundament für die christliche Glaubensrichtung insbesondere der katholischen Kirche.

Das von Thomas von Aquin entworfene Bild von Jesus und die Wahrnehmung von Gott ist bis heute prägend für das Christentum. Für Thomas von Aquin war die Trinität ein Mysterium, die von Menschen nicht oder nur teilweise verstanden werden konnte und er leitete die Zeugung von Gott (Jesus) und die Offenbarung (heiliger Geist) aus der ersten Person (Vater) ab.
Kurzum das Konstrukt der Trinität ist auch nach Thomas von Aquin nicht logisch. Dazu kommt, dass alle Kirchlehrer und Kirchenväter das göttliche Merkmal nur an Jesus als sein Sohn allokiert haben, jedoch nicht den anderen Menschen, wie das z.b. im Islam der Fall ist.

Die Natur hält mit dem Welle-Teilchen Eigenschaft eines jeden Teilchens aber genau das fest. Es gibt keine herausragende Person, sondern jeder selbst trägt diesen Dualismus in sich, was die Trinität ad absurdum führt.

Für mich persönlich ist an der ganzen Misere eh der Paulus schuld, der „Mastermind“ der Kirche, der mit seinem Ehrgeiz, Komplexen und zugegeben seinem enormen Marketingfähigkeiten den monotheistischen Ansatz von dem nur aramäeisch sprechenden Jesus von Nazareth völlig verwässert hat.

2.

Unschärferelation bzw. Unbestimmtsheitsprinzip

War schon das Verhalten der Quantenteilchen wie Photonen aber auch der Elektronen, Protonen merkwürdig, dass sie je nach Betrachtung und Experiment sich mal als Teilchen und mal als Welle verhielten, so ist die sog. „Unschärferelation“ noch exotischer.

In diesem Kapitel werde ich die Unschärferelation der Quantenphysik mit der „Prädestination“ der Kirche gleichsetzen und die Unterschiede aufzeigen.

Noch ein wichtiger Aspekt: Auch wenn wir im Alltagsleben nicht viel von der Quantenphysik erleben, so ist sie doch allgegenwärtig in Form von Licht der Sonne, den Computern, usw.

In der uns bekannten Welt hat ein Körper wie z.b. ein fahrendes Auto die Eigenschaften Impuls (also seine Geschwindigkeit multipliziert mit seiner Masse) und dem Ort, wo er sich gerade befindet.

Wir können also sagen, zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet sich das Auto an dem Ort x und fährt mit der Geschwindigkeit y. Damit ist die Polizei auch in der Lage, bei Radarmessungen genau festzustellen, dass genau ihr Auto wahrscheinlich zu schnell unterwegs ist.

Damit kann man in der klassischen Physik eindeutig bestimmen, wo sich ein Objekt wie eine Person oder Auto befindet und man kann sogar Vorhersagen darüber treffen, wie sich diese verhalten werden, wenn man natürlich alle entsprechenden Parameter kennt. Dieser sog. „Determinismus“ ist ein sehr wichtiger Aspekt der klassischen Physik, also der Physik, die uns im Alltag begegnet, und dieser Determinismus ist auch ein wichtiger Aspekt in der Theologie, wie wir später sehen werden.

Ich hatte ja oben schon erwähnt, dass sich die Teilchen in der Quantenphysik anders verhalten.

Nehmen wir hier nun ein Elektron. Wie ihr noch bestimmt aus der Schule kennt, hat das Elektron eine Ladung (sie ist negativ) und eine Masse, auch wenn diese sehr gering ist.

Desweiteren wisst ihr auch, dass das Elektron um den Atomkreis kreist und nach Anzahl der Elektronen und Protonen sich die chemischen Elemente zusammensetzen. Ein Atom mit 1 Elektron/Proton ist Wasserstoff, mit 6 Kohlenstoff, mit 92 Uran.

Übrigens: die Zahl der Protonen bzw. Elektronen nennt man auch Ordnungszahl.

So, jetzt genug über Atomphysik. Nun bewegt sich also das Elektron um diesen Kern und dementsprechend erwarten wir, dass es eine Geschwindigkeit und demnach einen Impuls hat und natürlich befindet es sich irgendwo im Atom, also an einem Ort.

Diese sog. Eigenschaften des Elektrons Impuls/Ort müssten nach der klassischen Physik exakt bestimmbar sein, wenn man alle Parameter kennt – tut es aber nicht. Wir können beide Eigenschaften nicht gleichzeitig bestimmen. Möchte ich gerne wissen, welche Geschwindigkeit das Elektron exakt genau just in diesem Augenblick hat, weiß ich nicht mehr, wo es sich befindet und andersrum. Aber es geht noch weiter – bisher konnte ich ja behaupten, nun, unsere Meßapparate taugen nichts und in vielleicht ferner Zukunft gäbe es Geräte, die diese beiden Eigenschaften Ort und Geschwindigkeit doch gleichzeitig messen können.

Aber nein – die Unschärferelation gilt auch für die nicht zu beobachtenden Größen Energie und Zeit. Wenn ich also wissen will, zu welchem Zeitpunkt das Elektron eine bestimmte Energie hat, so verliere ich die Informationen über die entsprechende Zeit. Die Quantenphysik sagt demnach aus, dass für solche Dinge nur Wahrscheinlichkeiten gelten. Ich kann also sagen, das Elektron befindet sich wahrscheinlich an dem Ort x und wahrscheinlich hat es den Impuls y.

Und diese Wahrscheinlichkeit hat nun rein gar nichts mit Vorhersehbarkeit und Bestimmung zu tun.Wir müssen damit leben, dass wir einen permanenten Informationsdefizit haben und dieses Defizit ist ein fundamentaler Aspekt der Physik. Wir können es nicht ändern oder beeinflussen – sie ist ein fundamentaler Baustein der Natur.

Einstein, als einer der Begründer der Quantenphysik, hat es schier verrückt gemacht, dass alles irgendwie nur wahrscheinlich ist und man keine Vorhersagen treffen kann. Obwohl er einer der Baumeister dieser Physik war, war ihm der Gedanke zuwider und er versuchte es immer zu widerlegen. Der berühmte Satz „Gott würfelt nicht“ sagt schon viel von seiner Abneigung aus. Aber je mehr er versuchte, diese Theorie zu widerlegen, umso mehr theoretische Grundlagen lieferten er und andere Physiker für den Nachweis dieser Unschärfe/Unbestimmtheit.

Nun machen wir einen Schwenk wieder zu Theologie und wie erwähnt betrachte ja vordererst das Christentum, aber keine Bange, ich werde mir bald auch den Islam vornehmen. Ich hatte ja oben den Begriff „Prädestination“ erwähnt. Im Christentum wird Prädestination auf zwei Arten verstanden:

1. Prädestination auf der Basis von Vorherwissen. Damit wird der Beschluss Gottes bezeichnet, das er schon in der Ewigkeit vorher(!) verfasst hat, dass den Menschen einen ewiges Heil erwartet wird, aber der einzige Mittler sein Sohn Jesus ist.

2. Bei den zweiten Art der Prädestination entscheidet Gott allein über die Menschen und der Wille des Menschen spielt hier keinerlei eine Rolle. Bei dieser Prädestination gibt es dann wiederum 2 Unterbereiche :

a. Einfache Prädestination der Lutheraner
b. Doppelte Prädestination der Calvinisten/Methodisten/Baptisten

Bei der Lutheranischen Ansicht wählt Gott die Menschen vorher aus, die das Heil erfahren und bei den Calvinisten/Methodisten ist schon vorher klar, wer in den Himmel und wer in die Hölle kommt. Also ist quasi alles vorherbestimmt und nichts dem Zufall überlassen – Irgendwie sehr trostlos und vor allem wird der Mensch damit komplett unmündig.

Entwickelt wurde diese Vorhersehbarkeit bzw. Vorbestimmheit durch den sog. Kirchenlehrer Augustinus aus dem 4.Jahrhundert n.Chr. Für Augustinus war die Trinität also die Dreiteiligkeit von Gott die höchste Form des Seins und nur Gott bzw. seinem Sohn zugänglich, während die Menschen diesem Form der Erkenntnis eben durch die Vorherbestimmung verborgen bleibt.

„Zu allererst existiert der Plan Gottes und entsprechend seines Planes erwählt er … „.

Und Gott war nach Augustinus auch sehr restriktiv, welche und wieviele Menschen überhaupt zu Gott in sein Heiland kommen durften – nämlich soviele wie Engel vom Glauben abfielen. Augustinus als einer der prägenden Gestalten der katholischen Kirche definierten also exakt, wer und wieviele ihren Heil finden werden und dieser strenge Determinismus ist natürlich diametral entgegengesetzt zu der oben kurz angerissenen Unschärferelation.

Aber auch die Protestanten mit ihren zwei wichtigsten Begründern Luther und Calvin glaubten fest an die Prädestination, beide überzeichneten diese Form der Vorherbestimmheit sogar. Luther behauptete in seinem Buch „vom unfreien Willen / de servio arbitrio“ sogar, dass Gott alleine festlegt, was zu geschehen sei und was mit den Menschen passiert und so etwas wie freier Wille gar nicht existiert.

Es war auch eine Art Abrechnung mit den Thesen von Erasmus von Rotterdam, der letztendlich schon eine gewisse Individualität und einen eigenen Willen den Menschen zuweisen wollte.

Und Calvin war mit seiner doppelten Prädestination nach unserer Definition ein richtiger Hardliner, für den schon alles nicht nur vorher feststand wer gut war, sondern wer böse und damit auch für die Hölle vorbestimmt.

Man würde nun darüber lächeln, wäre nicht Calvin der geistige Vater der reformierten Kirche und damit der Methodisten und Baptisten, die in USA einen nach wie vor immensen Einfluss haben und wir ansatzweise verstehen können, wieso Begriffe wie „god’s own country“ oder Bush jr.‘s unsäglicher Ausspruch des „Achse des Bösen“ so mal leicht und locker über die Lippen kommen.

Die Grundkonstellation ist eben nach der christlichen Logik die, dass die Vorherbestimmung der Menschen schon in der Ewigkeit festgelegt ist und daraus kein Entrinnen gibt.

Schauen wir in die Quantenphysik, wo wir nicht einmal wissen, wo sich ein Teilchen aufhalten wird, geschweige denn, dass wir all seine Eigenschaften überhaupt ermitteln bzw. festlegen können, ist dies ein krasser Widerspruch. Nun wäre ich damit zu Ende, aber jetzt muss ich doch auf Martin Luther eingehen.

Ein Augustiner-Mönch (also der Orden von dem Augustinus, den ich oben beschrieben habe), ein glühender Anti-Semit und von den Türken behauptete er, die Türken wären „Agenten des Teufels“.

Ausgerechnet der Martin Luther, der von Karl V. höchstwahrscheinlich gehängt worden wäre, hätte nicht der Süleyman 1., der osmanische Sultan als großer Gegenspieler von Karl V. die Europäer gezwungen, sich gegenüber dem Osmanischen Reich zu vereinen, beschäftigte sich sehr intensiv mit den Türken und zeichnete ein Bild über sie, die über Jahrhunderte leider prägend sein sollte. Prägend hierbei war die erste Belagerung von Wien durch das osmanische Heer 1529, die bei Luther einen prägenden Eindruck hinterließ (und natürlich bei vielen Europäern).

Das osmanische Heer belagerte Wien zwei mal, einmal 1529, wo sie sich wegen dem aufkommenden Winter wieder zurückzog, und 1683, wo sich der Niedergang der Osmanen schon abzeichnete und ein letztes Aufbäumen in der Niederlage der Osmanen vor Wien endete.

Was ich aber interessant finde, ist ja die Rolle Luthers als der Übersetzer der Bibel. Bis heute werden ihm in höchsten Tönen die entsprechenden Verdienste an der deutschen Sprache und der Verbreitung des Inhalts der Bibel zugute gehalten. Schaue ich mir nun eines der wichtigsten Gebete des Christentums, das Vaterunser, an, so muss man erschreckend feststellen, dass au einem an sich schönen Text bei Luthers Übersetzung ein sehr verkürzter und vor allem sachlich völlig anderer Inhalt herauskommt. Und wie ihr ja wisst, ist Jesus Aramäer und alle 12 Aposteln haben aramäisch gesprochen:

Aramäisch (original): Abwûn d’bwaschmâja
Luther: Vater unser im Himmel.
Tatsächlich: Oh Du, atmendes Leben in allem, Ursprung des schimmernden Klanges.

Aramäisch: Nehwê tzevjânach aikâna d’bwaschmâja af b’arha
Luther: Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Tatsächlich: Möge der brennende Wunsch Deines Herzens Himmel und Erde vereinen durch unsere Harmonie.

Man sieht schon an den zwei Übersetzungen der beiden Textpassagen, dass Luther es sich nicht nur verdammt einfach gemacht hat, sondern die Frage des „Willens“ auch einfach reingeschrieben hat, was im Original schon deutlich anders klingt als bei Luther. Diese sehr vereinfachte Fassung des Vaterunser ist für mich einer der interessantesten Aspekte meines Vergleiches gewesen, da eben nicht die aramäische Version den Glauben prägt, sondern die radikalen und anscheinend falschen von Luther und Calvin.

3.

Die Verschränkung/Nichtlokalität der Quantenphysik vs. Realität

Bisher hatte ich ja immer die Physik vorne angestellt und eine Eigenschaft wie Welle-Teilchen Dualismus der Quantenphysik gegen eine fundamentale Eigenschaft des Christentums wie die Trinitiät oder der Prädestination gegenübergestellt.
In diesem Kapitel möchte ich zuerst mit einem wesentlichen Aspekt des Christentums anfangen, die so in der Form weder im Judentum noch im Islam als die beiden anderen monotheistischen Religionen vorhanden ist – Jesus als integraler Teil von Gott, hier als sein Sohn.

Weil nun diese Betrachtung und die Gegenüberstellung zu dem quantenphysikalischen Aspekt der sog. „Nichtlokalität“ sehr viel mehr Platz einnimmt, habe ich diesen 3.Teil in zwei Unterbereiche aufgeteilt. Zuerst betrachte ich lediglich die religiösen Aspekte, also Jesus von Nazareth als Mythos Sohn Gottes:

Dieser herausragende Merkmal des Christentums ist auch für mich der Hauptgrund meiner Betrachtungen gewesen, festzustellen, was und wer hinter diesem mythischen Wesen Jesus von Nazareth steckt und nach dem Lesen der Evangelien, der Paulus-Briefe und die Texte von Thomas von Aquin oder Albertus Magnus, würde ich die folgende drei Einteilungen der Person Jesus von Nazareth vornehmen:

  1. Der semitisch-jüdische Aramäer Jesus von Nazareth bis 70 n.Christus
  2. Der griechisch-römische Halbgott Jesus Christus von Paulus bis 11.Jahrhundert
    3. Der europäisch-mythische Gott Jesus Christus bis heute

Der Aramäer Jesus

Sohn des Handwerkers Joseph und dessen Frau Maria, versammelte der tief in dem judäischen Glauben verankerte, Jesus Mitstreiter um sich, die auch als seine sog. Aposteln seine Lehren weitergegeben haben.

Er predigte die nahende „Königsherrschaft Gottes“ als zentrales Element seiner Botschaft und legte sich damit mit den damals herrschenden jüdischen Priesterkaste an, die seine Wanderpredigten ablehnte und ihn als Abweichler bezeichnete. Ob er sich je als herausragender Gottessohn empfand oder eher die später insbesondere durch Paulus forcierte Glorifizierung und „Gottwerdung“ ist wirklich eine der zentrale Frage.

Der griechisch-römische Jesus

Etwa zwischen 60-70 nach Christus fingen christliche Gelehrte an, die Lehren und das Leben von Jesus aufzuschreiben und in dieser Zeit entstanden die vier Evangelien, die heute das Fundament des Neuen Testaments und damit des Christentums bilden.

Alle vier Evangelien sind in Alt-Griechisch verfasst und die Verfasser Markus, Matthäus, Lukas und Johannes (insbesondere die beiden letzten Lukas und Johannes) sehr stark von Apostel Paulus geprägt, den ich als „Mastermind“ der Kirche ansehe.

Man muss davon ausgehen, daß wahrscheinlich alle vier, aber mind. drei der Evangelien in Kleinasien (also der heutigen Türkei) geschrieben worden sind, also komplett unter dem hellenistischen Einfluss standen, und damit vieles der dortigen Gedanken und Glauben in die Bücher reingeflossen sind. Paulus hat ja in seinen Briefen Jesus quasi zu einem Supermann a la dem griechischen Halbgott Herkules hochgehoben, und die Terminologie mit Gottvater , Gottsohn erinnert doch sehr stark an die griechische Göttersaga mit Zeus als Gottvater und seinen Söhnen wie z.b. eben Herkules.

Der europäische Jesus

Durch die Kirchenlehrer Albertus Magnus, Thomas von Aquin, und anderen wird Jesus dann komplett europäisch und bekommt in den bildlichen Darstellungen ein Gesicht und Verhalten verpasst, der wahrscheinlich mit dem historischen Jesus fast nichts mehr gemeinsam hat.

Aus dem fleischlichen Sohn Gottes wird endgültig ein kompletter Gott, der seinem Vater ebenbürtig wenn nicht ihm überlegen ist.

War der Jesus aus der Antike quasi die Menschwerdung einer griechischen Gottheit ähnlich wie Herkules, der als menschgewordener Sohn von Zeus dem Göttervater auf die Erde geschickt wurde, um den Menschen beiseite zu stehen, wird Jesus nun endgültig Gott.

Jetzt werden sich natürlich viele fragen, was das alles wiederum mit Quantenphysik zu tun hat. Es hat eine ganze Menge damit zu tun, weil die Assoziation des göttlichen Wesens nur einer Person zugeschrieben wird, die lokal und herausragend ist und die Menschen wie bei Luther und Calvin zu willenlosen Kreaturen degradieren lässt.

Die Nichthlokalität der Physik

Nun, dafür müssen wir wieder zu den vorherigen Kapiteln der Welle-Teichen Dualismus und der Unschärferelation zurückgehen. Wir hatten ja im 1.Teil erfahren, dass die Quantenteilchen wie Elektronen, Protonen oder eben die Lichtteilchen (Photonen) sich mal als Welle, aber auch als Teilchen verhalten, je nachdem wie wir unser Experiment auslegen. Auch haben wir im 2.Teil feststellen müssen, dass eine exakte Bestimmung von Eigenschaften wie Ort und Geschwindigkeit bzw. Energie und Zeit in der Quantenphysik nicht möglich ist .

Wir können mit Begriffen wie Lokalität in der Quantenphysik nicht viel anfangen und irgendwelchen Fremdbestimmungen, die uns insbesondere durch die theologischen Aspekte des deterministischen Philosophie des Aristoteles und durch diverse Kirchenlehrer vorgegeben sind, folgen. Die sog. Nichtlokalität der Quantenphysik ist eine direkte Ableitung der Welleneigenschaft von Quantenobjekten wie Protonen, Elektronen, Photonen, usw.
Diese scheinbare harmlose Aussage hat es aber in sich.
Bei Lokalität bin ich eingeschränkt und ich agiere immer mit meiner näheren Umgebung, Bei Nichtlokalität erlaube ich jedem Objekt die Möglichkeit einer Fernbeziehung.

Bei  Nichtlokalität  bzw.  Lokalität  geht es also prinzipiell um die Frage, ob oder unter welchen Bedingungen ein Ereignis ein anderes Ereignis beeinflussen kann,also eine Fremdbestimmung möglich ist. Die Welle dieses Objektes existiert nicht an einem bestimmten(!) bekannten Ort, sondern sie ist über ein mathematisch definierten Raum verteilt und kann eben viele endliche Positionen einnehmen und sogar in Bereichen kann man es finden, wo es mathematisch gar nicht sein sollte.
Für uns als Menschen ist der Gedanke quasi absurd, zu denken, dass mir als Indidividuum freisteht, jegliche Plätze in einem bestimmten Raum einzunehmen.

Wir stellen uns vor, wir kommen in einen Raum, wo Stühle stehen und nach der strikten christlichen Theologie sind die Plätze vorbestimmt, aber die Physik sagt eben aus, das jeder der Stühle besetzt sein kann, und die Belegung immer situationsabhängig ist und nicht irgendwie festgelegt, wer wo zu sitzen hat, um das ganze in einfachen Bildern festzuhalten.

Die Physik hält uns sog. „Aufenthaltsräume“ zur Verfügung, indem wir uns frei bewegen können, es erlaubt uns sogar in Ausnahmesituationen, uns sogar außerhalb der offiziell erlaubten Räume zu bewegen (ist übrigens ein sehr wichtiger Aspekt in der Computertechnologie – Tunneleffekt)

Eine der schönsten Aspekte dieser Erkenntnis aus der Quantenphysik ist, dass diese Quantenobjekte nicht nur auf sich alleine gestellt agieren können wie sie wollen, sondern sie können sich mit anderen Quantenobjekten zu zweit oder mehr koppeln und das über große Entfernungen weg (Vielteilchen-Theorie).

Diese sogenannte „Nichtlokalität“ ist also eine fundamentale Eigenschaft der Physik (siehe Bellsche Ungleichung), d.h. sie wird nicht durch Messungen oder externen Faktoren herbeigeführt, sondern existiert einfach. So ist gibt es sogenannte verschränkte Zustände zweier (oder mehr) Quantenobjekte, bei denen die Manipulation eines Objektes Einfluss auf spätere Messungen beider Teilchen haben wird. Puuuh…alles sehr abstrakt oder?

Nun, das schöne an der Physik ist die Tatsache, dass man solche Verhalten auch tatsächlich beobachten und messen kann. Und bevor nun die ganze „ich glaube nur an das was ich sehe“ Fraktion kommt, man kann es auch sehen. Vielleicht habt ihr schon einmal von der Supraleitung gehört. Das ist ein physikalischer Zustand, wo der Strom ab einer bestimmten Temperatur ohne Widerstand fließt, d.h. es gibt quasi nie ein Leistungsabfall vom elektrischen Strom, wenn dieser Zustand erreicht wird.

Was war noch einmal elektrischer Strom? Es fließen sog. „Leitungselektronen“ von einer Quelle zu einem Verbraucher, also kurz gefasst „Transport von freien Elektronen“ (zumindest in unserem Alltag).

Die meisten wissen, dass Elektronen negativ geladen sind und sich eigentlich abstoßen, wenn sie sich zu nahe kommen. Das heißt, es entstehen Reibungsverluste und damit werden die Elektronen in ihrer Geschwindigkeit langsamer -> Widerstand
Bei der Supraleitung „paaren“ sich diese Elektronen zu sog. „Cooper-Paaren“ über große Distanzen hinweg und bleiben auch in diesem Zustand, solange die kritische Temperatur nicht überschritten wird.

Der Effekt dieser Paarung ist grandios – durch die Paarung gehorchen diese neuen Paare einer neuer Statistik und stoßen sich nicht ab, also haben keine Reibungsverluste – kein Widerstand

Und jetzt die große Quizfrage – woher und wie wissen diese Elektronen, mit wem sie sich paaren? Wie erfolgt diese Information? Alles Fragen, zu denen wir leider auch heute noch nicht befriedigende Antworten haben, obwohl die Supraleitung seit 1911 bekannt ist und heute industriell zum Einsatz kommt.

Diese Fernbeziehung ist für mich eine der faszinierendsten Eigenschaften der Physik und erklärt ungefähr, dass die Welt mehr ist als das lokale Denken, die uns insbesondere die Religionen suggerieren. Eine Vorherbestimmung, eine klare Zuordnung ist nicht in der Natur vorgesehen, die Natur entfacht ihre Wirkung, indem verborgene Eigenschaften zu Tage treten, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen erfüllt sind.

 


Can Ünal studierte an der Freien Universität Berlin Physik und
ist Geschäftsführer der DataMiner Inc. USA
Ünal wohnt in Darmstadt.