Start Politik Ausland Ukraine-Krise Russischer Botschafter: „Drohungen hören wir nicht gerne“

Ukraine-Krise
Russischer Botschafter: „Drohungen hören wir nicht gerne“

Botschafter betont vor Scholz-Besuch Bedeutung der Beziehungen zu Deutschland - "Drohungen hören wir nicht gerne"

Russlands Botschafter Sergej Netschajew (Archivfoto: Russische Botschaft)
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Osnabrück – Um den Ukraine-Konflikt zu entschärfen, hat Russlands Botschafter Sergej Netschajew Deutschland und Frankreich zu einem stärkeren Einsatz für die Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk aufgerufen.

In einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sagte der Diplomat im Vorfeld der Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Russland und in die Ukraine, „wir bitten Paris und Berlin, nachdrücklicher darauf hinzuwirken, dass Kiew seinen Verpflichtungen folgt. Derzeit sehen wir keinen hinreichenden Einsatz.“

Die Minsker Abkommen hätten durch eine UN-Resolution einen völkerrechtlich verbindlichen Status erlangt. „Alle Maßnahmen sind konkret aufgelistet. Dafür gibt es keine Alternative“, sagte Netschajew. „Wir sehen allerdings, dass die Ukraine grundlegende Punkte nicht erfüllt. Wir hören zuletzt aus Kiew sehr merkwürdige Äußerungen, dass der Minsker Prozess tot sei, dass es den vereinbarten Sonderstatus für Donbass nie geben wird“, warnte der Botschafter.

Netschajew hoffte, dass das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland unter der gegenwärtigen Krise nicht grundsätzlich leiden werde. „Wir haben in der Nachkriegsgeschichte sehr viel miteinander erreicht und den Weg für die Aussöhnung geebnet. Wir dürfen nicht zulassen, dass es wieder zu einer wachsenden Entfremdung kommt. Ich hoffe sehr, dass die deutsche Bevölkerung dies ebenso anstrebt.“

Mit Blick auf Scholz‘ Treffen mit Wladimir Putin in der kommenden Woche sagte der Botschafter, „Russland ist gerne bereit, konstruktiv und pragmatisch mit der neuen Bundesregierung auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Die Agenda ist riesig, es wird über viele Aspekte gesprochen werden, über Wirtschaft, Energie, Wissenschaft, Kultur und sicherlich über die Ukraine und die europäische Sicherheit. Da wird es viel zu bereden geben.“ Gleichzeitig erwartete Netschajew, dass die Bundesregierung Verständnis für Russland zeige: „Vorhaltungen, Belehrungen und Drohungen hören wir natürlich nicht gerne.“

Netschajew betonte die Rechtmäßigkeit der russischen Erwartung, dass die Ukraine kein Mitglied der Nato werden dürfe. Deren grundsätzliches Recht und freie Entscheidungsbefugnis, sich nach Westen zu orientieren, sei nicht isoliert zu betrachten. „Es gilt auch zu respektieren, dass kein Sicherheitsinteresse eines Staates auf Kosten der Sicherheit eines anderen Staates gehen darf – in diesem Falle Russlands. Dies ist der zweite Teil der Formel, die auf höchster Ebene in Istanbul 1999 und Astana 2010 international vereinbart und mehrfach bekräftigt wurde. Ihn wollen wir auch in Erinnerung rufen und fragen uns, warum er unseren westlichen Gesprächspartnern so wenig bedeutet“, sagte Netschajew der „NOZ“.

Eine militärische Eskalation des Konflikts schloss der Diplomat nicht aus. Auf die Frage, ob Russland diese nur so lange nicht wolle, wie es seine Interessen als hinreichend gesehen und beachtet betrachte, sagte Netschajew: „Ich möchte nicht spekulieren. Die reale Politik kennt keinen Konjunktiv. Wichtig ist, dass die Gespräche nicht unterbrochen sind. Präsident Putin spricht mit vielen Staats- und Regierungschefs. Außenminister Lawrow steht im Dialog mit seinen Kollegen. Darauf sollten wir setzen. Aber wir brauchen klare definitive Antworten auf unsere Besorgnisse.“

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