Berlin (tp) – Trotz der erhobenen Vorwürfe, der türkische Geheimdienst MIT würde unter anderem in deutschen Sicherheitsbehörden Anwerbeversuche unternehmen, um an sensible Daten heranzukommen, gibt es keinen einzigen konkreten Fall, der das bestätigen könnte.
Dennoch hat das Bundesinnenministerium das BKA, die Bundespolizei, den Bundesnachrichtendienst, den Verfassungsschutz, das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Zollkriminalamt, die Generalbundesanwaltschaft sowie den Militärischen Abschirmdienst darauf sensibilisiert.
Laut dem Tagesspiegel hatte die Bundestagsabgeordnete Evrim Sommer (Linke) in einer Kleinen Anfrage die Bundesregierung über Verdachtsfälle türkischer Spionage seit 2017 befragt. In der Antwort heißt es lediglich, dass die Beantwortung der Frage wegen der Geheimhaltung zum Staatswohl ausbleiben werde. Dem Tagesspiegel zufolge sei von Sicherheitskreisen zu hören, dass man von mehr als 100 gescheiterten Anwerbeversuchen durch die MIT ausgehe. Konkrete Fälle werden jedoch nicht genannt.
Seit Anfang 2017 wird der Verdacht gehegt, dass der türkische Geheimdienst MIT in Zusammenhang mit dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei, mutmaßliche Drahtzieher und Beschuldigte in Deutschland sucht, die sich ins Ausland abgesetzt haben. In einem konkreten Fall stand im September dieses Jahres ein Berliner Polizist nach einem Staatsbesuch des türkischen Staatspräsidenten Erdogan im Verdacht, den türkischen Auslandsnachrichtendienst über in Berlin lebende türkische Exilbürger informiert zu haben. Offenbar habe es sich bei den Informationen um Meldeadressen gehandelt.
Das Polizeipräsidium in Berlin hatte danach erklärt: „Wenn sich der Verdacht der Übermittlung sensibler Daten an die türkische Botschaft gegen einen unserer Kollegen im Zuge der bereits laufenden Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft und das LKA bestätigen sollte, wurde hier nicht nur ein Diensteid gebrochen, sondern eine schwere Straftat begangen.“ Jetzt wird bekannt, dass die Vorwürfe gegen den Beamten aus Berlin haltlos sind.
Seit geraumer Zeit wird der türkische Geheimdienst mit illegaler Betätigung im Bundesgebiet in Zusammenhang gebracht. Bislang haben sich die Verdächtigungen nicht erhärtet. Auf eine Kleine Anfrage des Berliner Abgeordneten Hakan Taş (Linke), inwieweit Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes MIT in Berlin bzw. Niedersachsen bekannt sind, heißt es unter anderem in der Antwort des Berliner Senats im April 2017, dass dem Senat keine Aktivitäten im Zusammenhang mit Anhängern der Gülen- bzw. Hizmet-Bewegung bekannt sind. Vorsorglich seien aber namentlich bekannte Personen in Berlin kontaktiert und über den Sachverhalt aufgeklärt worden.
Zuvor hatte der Berliner Senat die Kleine Anfrage des Abgeordneten Taş vom Januar 2017, ob nachrichtendienstliche Erkenntnisse über den Umfang der staatlichen bzw. staatsnahen türkischen Einflussnahme auf die öffentliche Meinung in Berlin, z.B. durch Aufmärsche, Organisationen, so genannte Informations- und Nachrichtenportale, soziale Netzwerke vorliegen würden, verneint.
Es würden dahingehend keine Erkenntnisse vorliegen, hieß es in der Antwort weiter. Des Weiteren heißt es in weiteren Antworten auf die Fragen des Abgeordneten Taş, dass dem Senat keine Erkenntnisse vorliegen würden, dass u.a. der Boxklub Osmanen Germania in Berlin in Kontakt mit dem türkischen Geheimdienst MIT stehe.
Ähnliche Vorwürfe hatte es Anfang 2017 auch gegen Imame aus der Türkei gegeben, denen vorgeworfen wurde, Gemeindemitglieder von Moscheegemeinden der DITIB bespitzelt und der türkischen Religionsbehörde DIYANET gemeldet zu haben. Die Bundesanwaltschaft war jedoch mit Haftanträgen gegen sechs Imame der türkischen Religionsbehörde DIYANET sowie einem hochrangigen Funktionär der Auslandsbehörde für Türkische Staatsbürger, der ebenfalls in der DITIB arbeitet, zwei Mal gescheitert.
Der Bundesgerichtshof soll demnach bereits einmal keine Anhaltspunkte festgestellt haben, dass die verdächtigten Personen sich einem staatlich verordneten Ausforschungsauftrag zu eigen gemacht haben. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe lehnte dann im Oktober 2017 die Haftanträge erneut ab.