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Menschenrechtsverletzungen in China
Kommentar: „Türkei hat es nicht notwendig, sich von China bedrohen zu lassen“

Mit der Entwicklung der VR China zum Schurkenstaat ungeahnten Ausmaßes sieht sich die Welt heute einem in dieser Form neuen Phänomen gegenüber, und es ist nicht verwunderlich, dass man allseits um eine adäquate Antwort verlegen ist. 

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Von Prof. Dr. Hans-Christian Günther 

Mit der Entwicklung der VR China zum Schurkenstaat ungeahnten Ausmaßes sieht sich die Welt heute einem in dieser Form neuen Phänomen gegenüber, und es ist nicht verwunderlich, dass man allseits um eine adäquate Antwort verlegen ist.

Zunächst einmal muss man sich ins Bewusstsein rufen, dass wir uns in der Endphase einer Epoche befinden, die mit dem Zusammenbruch der SU begann und zunächst die USA als die Welt allein dominierende Macht zurückließ. Die NATO wurde zu einem Instrument der gewaltsamen Durchsetzung der US-Hegemonie mit Hilfe ihrer Satellitenstaaten umfunktioniert.
Brutale Machtpolitik deklariert sich kaum je als solche: es scheint, Menschen haben das Bedürfnis, ihr Handeln in ein wie auch immer geartetes System von Werten integriert zu sehen.

Der Vorwand für die rücksichtslose Machtpolitik des sich als ,der Westen‘ titulierenden Machtkomplexes waren die Durchsetzung der Menschenrechte und die Verbreitung der Demokratie, d.h. der repräsentativen Demokratie eben des Westens (dass es andere Staatsformen oder Konzepte gibt, die dich demokratisch nennen, wurde geflissentlich übersehen). Das Ergebnis dieser Politik sowie ihre unerträgliche Hypokrisie liegt heute so offen auf der Hand, dass es sich erübrigt, viele Worte darüber zu verlieren. Wir befinden uns in der Phase, in der der ,Westen‘ zu lernen beginnt, dass er verloren hat, und man beginnt langsam den riesigen Scherbenhaufen aufzuräumen.

Das dürfte noch lange dauern. Die besagte Politik ist gescheitert, weil sie nicht nur verbrecherisch, sondern ohnehin auch noch dumm und unrealistisch war; wesentlich dazu beigetragen, dass sie endlich zu Ende kam, hat aber vor allem das endlich wieder erstarkte Russland Putins, der der Faust des Westens rücksichtslos die eigene geballte Faust entgegengestreckt hat – allerdings mit Sinn für Maß und für die Realitäten.
Deshalb hat er gewonnen.

Als Fazit aus dieser Situation ergibt sich zunächst einmal Folgendes:

1) es ist absurd, jedes Regime, das den Standards irgendeiner Gruppe von Staaten oder auch den Standards der Menschenrechte nicht voll entspricht, beseitigen zu wollen. Man müsste dann so gut wie jedes Regime weltweit beseitigen. So etwas hat man ja auch nie versucht zu tun. Man hat es nur dort versucht, als Grund vorzuschieben, wo man ein Regime aus anderen Gründen beseitigen wollte. Im Grunde genommen ist so gut wie jedes real existierende Regime mehr oder weniger repressiv – der Westen auch -, damit muss man realpolitisch umgehen. Auch kann man nicht immer sofort zu Wirtschaftssanktionen greifen, wenn einem etwas missfällt. Man kann nur nüchtern abwägen, wie eng man mit einem Regime zusammenarbeiten will. Da spielen viele Faktoren eine Rolle.

2) Militärische Interventionen sind in jedem Falle kontraproduktiv. Es ist eigentlich ein Zeichen dafür, wie perfide die gegenwärtige Politik ist, dass man auf das fundamentale Prinzip der UN-Charta des Gewaltverzichts eigens hinweisen muss. Kurzum, was heute ansteht, ist Realpolitik und Respekt vor den elementarsten Regeln zivilisierten internationalen Zusammenlebens. Das bedeutet auch, dass es keinen Sinn hat, sich in jeden Bürgerkrieg gewaltsam einzumischen, wenn er auch noch so brutal ist. Das gilt etwa für die gewaltsamen Konflikte derzeit in Afrika.

Zivilisiertes Zusammenleben kann aber auch nicht bedeuten, dass es keinerlei moralisch Minimalmaßstäbe gibt, die jeder ,zivilisierte‘ Staat einhalten muss. Minimalmaßstäbe bedeutet, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord oder Massenmord (ob er nun strikt unter die Definition für Völkermord fällt oder nicht), rassistische Diskriminierung als Prinzip nicht hingenommen werden können. Gegen Staaten, die eklatant, in eminentem Maße gegen minimale Standards dieser Art verstoßen, muss es eine entsprechende Reaktion geben. Nach dem, was ich im vorigen gesagt habe, kann diese Reaktion aber in keinem Falle militärische Gewalt sein.

Sanktioniert werden könnte derartige Gewalt ohnehin nur durch den UN-Sicherheitsrat. Er konnte für Gewalt in der abnormalen Situation nach dem Fall der SU missbraucht werden. Wirklich funktionstüchtig ist er freilich ohnehin nicht: die Stärksten, die in der Regel die größten Verbrechen begehen, können durch den Sicherheitsrat nie sanktioniert werden. Der Sicherheitsrat ist aber nicht nur untauglich, er ist überflüssig, da Gewaltanwendung ohnehin in der heutigen Welt nicht produktiv ist. Für Wirtschaftssanktionen, für alle gewaltfreien Mittel bedarf des keines UN-Sicherheitsrates.

Das einzige legitime Mittel heute gegen Staaten, die unerträgliche Verbrechen im oben genannten Sinne begehen, ist der Ausschluss eines Staates aus der internationalen Staatengemeinschaft, zumindest eine Reduktion der Zusammenarbeit auf das jeweils mögliche Minimum. Das kann auch wirksam sein, wenn ein genügend großer Teil der Welt so agiert. Ein Beispiel, wie die internationale Staatengemeinschaft einen Staat, der nicht hinnehmbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt hat, ohne Gewalt in die Knie gezwungen hat, ist Südafrika. Selbstverständlich spielte auch der gewaltsame Kampf des ANC eine Rolle, aber das war keine Gewalt von außen. Gewalt unterdrückter Völker gegen ihre Unterdrücker ist immer legitim.

Abgesehen von den verbleibenden Desastern der westlichen Politik der letzten Jahrzehnte, die es durch Verhandlungen aller Seiten und schrittweisem Gewaltverzicht zu lösen gilt, gibt es heute auf der Welt drei Staaten , die unerträgliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit in großem Stil verüben, die nicht ohne entschiedenen Widerstand hingenommen werden dürfen:

1) das illegale, völkermörderische Apartheitsystem Israels,

2) die Entartung der VR China zum größten Völkermörder und
offenen, aggressiven Verächter jeder Regeln des internationalen Zusammenlebens,

3) der Völkermord an den Rohingyas durch Myanmar.

Wie die Welt mit Israel umgehen muss, scheint mir offenkundig: Israel muss ebenso wie einst Südafrika ein Pariastaat werden; die BDS-Bewegung ist ein erster Schritt. Für Myanmar gilt Ähnliches.

Wie man realistischerweise mit einer Supermacht wie China umgeht, ist eine wesentlich komplexere Frage. Die Gründe, warum der Rest der Welt dem ,neuen‘ China, d.h. dem China Xi Jinpings, entgegentreten sollte und warum er auch ein handfestes Interesse daran hat, sind von zwei Themenkomplexen geprägt. 1) der fast unglaublich scheinende Völkermord an den muslimischen Minderheiten, der die Naziverbrechen und diejenigen Israels noch übertrifft.

Eine gesamte Volksgruppe wird systematisch ihrer Kultur und Religion beraubt, interniert, zu Tode gefoltert, indoktriniert, über ganz China verteilt, zu Arbeitssklaven und einem Repertorium zur Organentnahme degradiert, jüngere Männer ausgerottet, Frauen systematisch vergewaltigt, sterilisiert oder an Han-Chinesen zwangsverheiratet, Kinder von ihren Eltern getrennt und in staatlich geführten Waisenlagern zu Parteibütteln deformiert. Inzwischen ist die Aktion Xinjiang fast beendet; dasselbe erwartet jetzt unmittelbar die Hui-Muslime. Man hat begonnen, die Methoden von Xinjiang auf letztere auszudehnen.

Das zeigt, dass der Terrorismus in Xinjiang nur ein Vorwand ist. Hui-Muslime haben mit Terrorismus nichts zu tun. Die immer härter werdende Verfolgung der Christen, ja sogar der Buddhisten zeigt, dass die Maßnahmen auf eine Ausrottung der Religion und aller Minderheitkulturen zielt. Letztziel ist die totale Gleichschaltung der gesamten Bevölkerung durch Totalüberwachung und das bereits für 2020 angekündigte Sozialpunktesystem. Die Gründe für diese Maßnahmen liegen auf der Hand: die Ausrottung der Minderheiten soll Chinas geopolitische Schwäche, von Nord über West bis Süd von Minderheiten umgeben zu sein, beseitigen.

Die sinisierende Gleichschaltung aller soll einer wertelosen Gesellschaft hemmungslosen Chauvinismus als sozialen Kitt einflößen. Dass Sinomarxismus – den ohnehin kein Chinese versteht – einen Beitrag zu einem System gesellschaftlicher Werte leisten soll, das glaubt wohl nicht einmal Xi Jinping. 2) Der Gleichschaltung im Innern hin zu hemmungslosem Chauvinismus entspricht eine neue Außenpolitik: Ablösung der USA als hegemoniale Macht.

In scharfem Kontrast zu der seit der Mao-Ära von Zhou En Lai formulierten Politik, wiederholt von Deng Xiaoping und Nachfolgern, China strebe keinerlei Hegemonie und Blockbildung an, ist China durch seine Außenhandelspolitik in Afrika längst DIE – unerträglich rassistisch operierende – Kolonialmacht dort geworden, es infiltriert systematische die Wirtschaft asiatischer Länder, letztlich der ganzen Welt. Die BRI ist das Großprojekt, das China als die neue Hegemonialmacht der Welt etablieren soll. Sofern es sich um hochentwickelte Länder handelt, bedient China sich auch jeder Form der Wirtschaftsspionage, es erpresst systematisch Länder wirtschaftlich zu politischem Wohlverhalten, vor allem diejenigen, die es in seine Schuldenfalle gelockt hat, es nimmt keinerlei Rücksicht auf die Souveränität anderer Staaten:

Auslandschinesen, besonders Auslandsuiguren werden rücksichtslos bedroht, erpresst, bespitzelt, auch ausländische Akademiker sind nicht sicher, man geht bis zur physischen Bedrohung oder entführt missliebige Personen auf dem Territorium fremder Staaten. So wird die Souveränität anderer Staaten grob missachtet.

Um seine Außenhandelsinteressen zu sichern, beginnt China inzwischen selbst Truppen im Ausland zu stationieren und unterhält enge Sicherheitspartnerschaften mit Staaten an sensiblen Punkten. China formuliert seine Kerninteressen ohne Rücksicht auf andere. In Ostasien beansprucht China bereits jetzt die Führungsrolle, indem es sich völkerrechtswidrig in einer so unglaublich frechen Weise, dass es fast unglaublich wirkt, internationale Gewässer aneignet. Inzwischen droht es auch Taiwan wieder mit aggressiver militärischer Gewalt.

Es müsste eigentlich leicht sein, hier eine Koalition der verschiedensten Staaten zustande zu bringen, die allein aus geopolitischen Interessen an einer Einschränkung chinesischen Machtanspruchs interessiert sind. Neben der USA und Europa regt sich ja auch in der Nachbarschaft Widerstand: Vietnam, die Großmacht Indien sehen sich bedroht, Australien erlebt die unverschämteste chinesische Einmischung in seine Angelegenheiten und zeigt, dass es seiner Partnerschaft zu den USA Priorität einräumt. Ich frage mich, wann Indonesien einsehen wird, dass eine wachsende Abhängigkeit von China seinen nationalen Interessen zuwiderläuft.

Jedenfalls ist inzwischen zumindest der Protest der Straße in muslimischen Ländern immer lauter geworden. Zunächst hatte die IUIS, zuletzt die indonesische Ulema gefordert, China entgegenzutreten. Nachdem der indonesische Vizepräsident das abgelehnt hat, häufen sich in Indonesien die Straßenproteste. Dasselbe gilt für Bangladesch, Kasachstan, Kirgisistan, Chinas engsten muslimischen Verbündeten Pakistan, die Reaktionen der Regierung sind widersprüchlich und verständlicherweise vorsichtig.

Der Iran ist derzeit zu sehr unter Druck, um etwas tun zu können. Auch für die Türkei sind die Umstände nicht die günstigsten, doch die Türkei hat es nicht nötig, sich von China bedrohen zu lassen. Immerhin gewährt die Türkei Uiguren Schutz. Der Protest ist inzwischen stark genug, dass die Opposition eine Initiative im Parlament zur Beratung über Maßnahmen gegen China gestartet hat. Es ist enttäuschend, dass die AKP das abgeblockt hat. Man kann nur hoffen, dass die Türkei bald deutlichere Worte findet und ihre Teilnahme an der BRI in Frage stellt.

Und andere muslimische Länder und der Westen müssen dasselbe tun. Selbst die OIC hat inzwischen endlich ihre Besorgnis über China geäußert. Die Situation ist immer noch eine Schande für die gesamte muslimische Welt; angesichts der korrupten Regine in vielen Staaten muss der Druck der Straße größer werden. Er muss Sanktionen gegen China oder etwa auch die Einstellung des enormen muslimischen Tourismus fordern.

Es zeigt sich aber deutlich, es bewegt sich etwas in der muslimischen Welt. Vor allem sehen immer mehr Staaten ein, dass chinesische Kredite eine zweischneidige Sache sind: Malaysia hat zwei Großprojekte auf Eis gelegt, Pakistan wird vorsichtiger. Auch anderswo, gerade in Afrika, regt sich Widerstand.
Die USA müssen China die wirtschaftlichen Daumenschrauben ansetzen. Im Augenblick sind sie in der besseren Lage. Chinas Wachstum ist unzureichend, die Versprechen der Regierung auf mehr Wohlstand zu erfüllen: im Gegenteil, die verborgene Staatsverschuldung der Staatsbetriebe und der lokalen Verwaltungen machen die Lage des Landes äußert prekär.
Dem unverschämten Raub internationaler Gewässer und Gewaltandrohungen können die USA (samt Verbündeten) mit Truppenverlegungen und gut gerüsteten Demonstrationen von militärischer Macht begegnen.

Man kann China signalisieren, dass jede Aggression zur unmittelbaren Konfrontation mit den USA führen wird, wobei alle militärischen Optionen offen bleiben. Auch Außenhandelsinteressen muss gerade Europa in Afrika und Asien klüger und aggressiver vertreten.  Sicherlich ist es auch sinnvoll, wenn kleinere Nachbarstaaten wie Kirgisistan ohne große Worte humanitäre Hilfe leisten, wie das der kirgisische Präsident erklärt hat, Kasachstan tut dies, Pakistan, so darf man durchaus glauben, versucht den in China festgehalten Ehefrauen seiner Staatsbürger zu helfen. Die Türkei ist – im Gegensatz zu Verbrecherregimen wie Ägypten, ja selbst die VAE – ein sicherer Zufluchtsort für Uiguren.

Mit China im Gespräch zu bleiben, auch zu versuchen, China davon zu überzeugen, dass seine Repression nicht im langfristigen Interesse Chinas ist, ebensowenig wie sein aggressiver Versuch, die USA als Hegemonialmacht abzulösen, ist sicher sinnvoll: man redet mit dem Gegner, nicht dem Freund! Nur, ich befürchte, fruchten wird das wenig. Und deshalb sind dieses Maßnahmen gerade heute auch für Chinas traditionelle Freunde zu wenig.

Wenn nötig, muss massiver Druck der Straße letztere zu einer härteren Gangart zwingen. Der geballten Faust Chinas muss man die geballte Faust entgegenhalten. Das arrogante China Xis versteht nur die Sprache des Geldes und der Gewaltandrohung. Putin hat den USA mit der geballten Faust ihre Grenzen aufgezeigt, für China gilt dasselbe.

Die muslimische Welt muss in ihrer Mehrheit gegen China aufstehen. Wenn Malaysia deutliche Worte finden kann, können es andere auch. Der Einkauf muslimischer Länder durch China ist ohnehin langfristig gegen deren nationale Interessen. Sie müssen daran denken, ob sie sich in Zukunft von einer Macht erpressen lassen wollen, die den Islam systematisch beleidigt und Muslime radikal auszurotten, bestrebt ist. Wenn sich hier Muslime und der Westen aus je eigenen nationalen Interessen zusammentun, ist China verwundbar und wird nachgeben müssen.

Chinas Hauptinteresse ist immer noch wirtschaftliches Wachstum. Militärisch ist China bisher den USA in der Marine deutlich unterlegen. Die USA müssen das China durch rücksichtslosen Ausbau ihrer militärischen Macht in Ostasien (zusammen mit ihren Verbündeten) klar machen, bevor China weiter aufholt. Sanktionen jeder Art, auch im akademischen Bereich, auch die Auflösung von Konfuziusinstituten als Orten politischer Propaganda müssen erwogen werden.

Eines muss dabei allerdings klar sein, und hier liegt ein grobes Fehlverhalten uigurischer Auslandsorganisationen vor. Es geht NICHT um die Unabhängigkeit Xinjiangs als Ostturkestan. Es geht nicht um einen Systemwechsel in China im Sinne eines Mehrparteiensystems. Kein Staat wird und kann seine territoriale Integrität in Frage stellen. Wenige Länder in der Welt können etwas derartiges unterstützen.

Gerade manche muslimische Länder haben selbst Probleme mit Separatismus. Die VR China hat jedes Recht Separatismus zu bekämpfen und Terrorismus durch verschärfte Kontrolle und gezielte Maßnahmen gegen gefährliche Individuen ebenfalls. Was nicht hingenommen werden kann, ist, dass eine Bevölkerungsgruppe kollektiv in Sippenhaft genommen und ausgerottet wird – zumal der Terrorismus nur ein billiger Vorwand ist. Ob es uns gefällt oder nicht, hat China auch – wie jedes Land – das Recht autonom über seine Staatsform zu entscheiden – hier einzugreifen, ist nicht Sache des Auslandes.

Eine große internationale Koalition kann zustande kommen, wenn diese Prinzipien beachtet werden. Das Ziel des Druckes auf die VR China darf nicht deren Destabilisierung sein. Sie ist in niemandes Interesse, und China kann und wird sich derartigen Maßnahmen nicht beugen. Ziel des Druckes auf China muss einzig und allein sein: jeder Bürger, jede Ethnizität muss ihr verfassungsmäßiges (nach der chinesischen Verfassung!) Recht auf ihre Sprache, Kultur und Religion behalten. Religion darf nicht grundsätzlich bekämpft oder zur Unkenntlichkeit entstellt werden.

Es geht um elementare Bürgerrechte für alle Bürger Chinas; nur da diese in krassester Form mit unbeschreiblich brutalen, systematischen Verbrechen eingeschränkt werden, ist hier eine Einmischung der internationalen Gemeinschaft berechtigt und nötig. In der Außenpolitik muss China die elementaren Regeln des Völkerrechts beachten – so wie im übrigen der Westen sich daran gewöhnen muss, sie zu beachten. China muss aufhören, nach hegemonialer Dominanz zu streben – so wie die USA sich daran gewöhnen müssen, diese Aspiration aufzugeben.

Wie gesagt, China versteht nur die Sprache der Androhung von Wirtschaftssanktionen und militärischer Gewalt, hier muss man hart sein. Zugleich muss man freilich klar machen: niemand verlangt von der VR China, dass sie sich aufgibt. Ihre territoriale Integrität steht nicht zur Debatte, ebenso ist der Herrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei nicht Angelegenheit des Auslandes. Ebenso wie man mit geballter Faust klarmachen muss, dass es so nicht weitergeht, muss man klarmachen, dass legitime Machtinteressen Chinas respektiert werden.

Dass man es bei weitem vorziehen würde, wieder mir einem stabilen China, das seine Grenzen kennt, dass keine unerträglichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht, das Regeln zivilisierten internationalen Umgangs und die Interessen auch anderer respektiert, freundschaftlich zusammenzuarbeiten. So bestünde die Chance, China davon zu überzeugen, dass eine Wende seiner gegenwärtigen Politik im eigenen nationalen Interesse liegt.

Um dies einzusehen, müsste China nur darauf gestoßen werden, ob es wirklich in seinem Interesse liegen kann, dass heute international immer mehr Protestveranstaltungen stattfinden, wo die Flagge Ostturkestans gezeigt wird, wo die Unabhängigkeit Ostturkestans gefordert wird. So etwas gab es früher nur – und inzwischen weit weniger stark – im Falle von Tibet. Xinjiang war international kein Thema. Inzwischen hat Chinas Politik es dazu gemacht. Das sollte China zu denken geben.


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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Prof. Dr. Hans-Christian Günther

Geb. am 28.4.1957 in Müllheim / Baden

Professor für klassische Philologie an der Albert-Ludwigs-Universität. Zahlreiche Publikationen und Gastprofessoren. Lange Aufenthalte in der VR China. Im Bereich der Altertumswissenschaft besonderer Schwerpunkt auf der politischen Dichtung der Augusteer und allgemein der Reflexion antiker Autoren auf ihre gesellschaftliche Stellung und Verantwortung

Seit 2004 Tätigkeit im Bereich des Dialogs der Religionen und Kulturen mit zahlreichen Veröffentlichungen.

Zahlreiche Publikationen und Gastprofessoren. Lange Aufenthalte in der VR China. Im Bereich der Altertumswissenschaft besonderer Schwerpunkt auf der politischen Dichtung der Augusteer und allgemein der Reflexion antiker Autoren auf ihre gesellschaftliche Stellung und Verantwortung Seit 2004 Tätigkeit im Bereich des Dialogs der Religionen und Kulturen mit zahlreichen Veröffentlichungen.

Ausgebildet in Freiburg und Oxford. Stipendiat der DFG und der Alexander von Humboldt -Stiftung. Gerhard Hess Preis der DFG.

Zahlreiche Publikationen (ca. 40 Bücher, u.a. Brill’s Companion to Propertius, Brill’s Companion to Horace) im Bereich der antiken Philosophie und Literatur, der Byzantinistik, Neogräzistik, modernen Literatur und Philosophie, Ethik und Politik. Zahlreiche Versübersetzungen aus dem Lateinischen, Italienischen, Neugriechischen, Georgischen, Japanischen und Chinesischen.

Lehrt regelmäßig in Italien, zahlreiche Gastaufenthalte in der Schweiz, Polen, Georgien, Indonesien, Iran, Seoul, Tokyo und vielen chinesischen Universitäten. Herausgeber mehrerer Buchreihen, im wissenschaftlichen Beirat zahlreicher wissenschaftlichen Zeitschriften.