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Türkei: AKP und CHP kurz vor einer Koalition?

Am heutigen Montag sind Premierminister Ahmet Davutoğlu namens der AKP und der CHP-Vorsitzende Kemal Kılıçdaroğlu zusammengetroffen, um eine finale Gesprächsrunde über die bisherigen Ergebnisse der Unterredungen zwischen den Parteiunterhändlern zu halten.

Das letzte Mal, dass es in der Türkei Koalitionsverhandlungen gab, war 1999. Seit 2002 konnte die AKP alleine regieren. Sollte es zu Neuwahlen kommen, werden diese voraussichtlich im November stattfinden, der Oberste Wahlausschuss kann die Frist jedoch bis zur Hälfte verkürzen. (Foto: dailysabah)
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Gespräche zwischen Davutoğlu und Kılıçdaroğlu entscheiden über Koalition oder Neuwahlen

Ankara (nex) – In den nächsten Stunden könnte sich entscheiden, ob es Premierminister Ahmet Davutoğlu gelingt, noch vor der Deadline am 23. August eine Koalitionsregierung zu bilden, oder ob Neuwahlen das unausweichliche Schicksal gescheiterter Verhandlungen sein werden. In mehreren Sondierungsgesprächen hatten bis zum 3. August die regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) und die größte Oppositionspartei, die Republikanische Volkspartei (CHP), in fünf Sitzungen insgesamt 35 Stunden lang im Amt des Premierministers miteinander über mögliche gemeinsame Perspektiven gesprochen. Am heutigen Montag sind nun Premierminister Ahmet Davutoğlu namens der AKP und der CHP-Vorsitzende Kemal Kılıçdaroğlu zusammengetroffen, um eine finale Gesprächsrunde über die bisherigen Ergebnisse der Unterredungen zwischen den Parteiunterhändlern zu halten.
Diese Runde gilt als vorentscheidend bezüglich der Frage, ob es zu einer Regierungskoalition zwischen den beiden größten Parteien des Landes kommen wird. Der Vorsitzende der zweitgrößten Oppositionspartei, der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), Devlet Bahçeli, hat am Montag eine neuerliche Erklärung verfasst, in der er die Spitzen von AKP und CHP dazu auffordert, umgehend eine Koalition zu bilden. Die Geschichte habe den beiden Parteien eine große Verantwortung aufgebürdet, erklärte Bahçeli, und deshalb sollten diese „ihren Willen und ihre Entschlossenheit zeigen, eine Regierung im Einklang mit den nationalen Interessen zu bilden“.
Die beiden Parteien sollten Koalitionsverhandlungen führen, „ohne sich zaudernd zu verhalten oder imaginäre Diskussion über nutzlose Streitfragen zu führen“. Der stellvertretende Fraktionschef der CHP, Özgür Özel, machte unterdessen erneut deutlich, dass die 14 Kernforderungen, die seitens seiner Partei im Vorfeld der Gespräche formuliert worden waren, über die Bereitschaft der Republikaner, eine Koalition einzugehen, entscheiden würden. „Wenn sie [die AKP] von diesen Prinzipen abrückt, werden wir auch weiterplanen“, erklärte Özel. Die Gespräche, so der stellvertretende Fraktionschef, seien in einer „kritischen Phase“. Es werde entweder ein Koalitionsprotokoll geben oder die Parteien würden auseinandergehen.
Die 14 Kernforderungen der CHP betreffen unter anderem die Sperrhürde für einen Parlamentseinzug, einen höheren Mindestlohn, eine neue Außenpolitik, eine neue Verfassung, eine wenige aktive Rolle des Präsidenten, Forderungen im Zusammenhang mit Rechtsstaatsfragen und eine Anklage gegen im Dezember 2013 vier zurückgetretene Minister, die in einen Korruptionsskandal involviert gewesen sein sollen. Da mutmaßlich dem umstrittenen Gülen-Netzwerk zuzuordnende Parallelstrukturen innerhalb des Staatsapparates die Korruptionsermittlungen in einen Staatsstreich gegen die Regierung umfunktionieren wollten, deshalb auch fingierte und illegal erlangte Beweismittel verwerten wollten und es zu weiteren Verstößen gegen Fair-Trial-Prinzipien kam, wurden am Ende alle Korruptionsermittlungen eingestellt.
Das letzte Mal, dass es in der Türkei Koalitionsverhandlungen gab, war 1999. Seit 2002 konnte die AKP alleine regieren. Sollte es zu Neuwahlen kommen, werden diese voraussichtlich im November stattfinden, der Oberste Wahlausschuss kann die Frist jedoch bis zur Hälfte verkürzen.