München – Nach der Absage an der Ludwig-Maximilians-Universität fordert Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) auch eine Streichung der vorgesehenen Rede von Francesca Albanese an der Freien Universität Berlin (FU).
Albanese ist Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 durch Israel besetzten palästinensischen Gebieten.
Die FU Berlin müsse nun „ein klares Zeichen gegen Antisemitismus setzen“, sagte Wegener.
„Ich erwarte von der FU, dass sie die Veranstaltung umgehend absagt und ein klares Zeichen gegen Antisemitismus setzt. So wie es die Universität München getan hat“, so Wegner gegenüber der BILD.
In ihrer Funktion als Sonderberichterstatterin berichtet Albanese über die Menschenrechtslage in den Gebieten und wirft Israel Menschenrechtsverletzungen und sogar einen Genozid vor.
Es ist wichtig, einen Völkermord als Völkermord zu bezeichnen, sagte Albanese im vergangenen Oktober vor dem UN-Ausschuss für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes, als sie alle Staaten aufforderten, ihre Beziehungen zu überprüfen und sich nicht an diesem Verbrechen Israels am palästinensischen Volk in Gaza zu beteiligen.
„Wenn Sie zum Arzt gehen, weil Sie Krebs haben, und dort Fieber diagnostiziert wird, haben Sie ein großes Problem – das Gleiche gilt für die Menschen, die einem Völkermord zum Opfer fallen“, sagte Albanese, während eines Briefings.
Albanese, die sich selbst als „widerwillige Chronistin des Völkermords“ bezeichnete, sagte, die internationale Gemeinschaft müsse die Geschehnisse im Gazastreifen als Völkermord anerkennen und „das größere Konzept hinter den heutigen Ereignissen in Palästina verstehen“. Es sind nicht nur Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die die Palästinenser erleben – „sie haben das ihr ganzes Leben lang erlebt“, sagte sie, aber die aktuelle Situation sei anders.
Münchner Uni verhindert Vortrag
In der vergangenen Woche hatte auch die Ludwig-Maximilians-Universität in München einen für sie reservierten Hörsaal storniert. Albanese sollte über „Kolonialismus, Menschenrechte und Internationales Recht“ sprechen. Albanese ist eine scharfe Kritikerin der israelischen Regierung.
Gruppe verurteilt Vorgehen
„Wir sind zutiefst besorgt über einen weiteren Fall, in dem ein dringend notwendiger akademischer Diskurs über die ernstzunehmende Situation in Israel/Palästina in Deutschland verweigert wird“, so die lose organisierte Gruppe „Decolonial Practices Group“, die die Veranstaltung geplant hatte, in einer auf Englisch verfassten Erklärung, berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Akademiker kritisieren Absage
In einem offenen Brief an die Universitätsleitung kritisierten auch drei prominente Professoren, darunter der jüdische Professor für Ensemblespiel und Violine an der Said-Barenboim-Akademie Michael Barenboim (Sohn von Daniel Barenboim), die Entscheidung der LMU:
Die Absage des Saals sei „ein direkter Affront gegen die Prinzipien der akademischen Freiheit und des demokratischen Engagements“, der „einen gefährlichen Präzedenzfall schafft, mit weitreichenden Folgen für die deutsche Forschungslandschaft und ihr internationales Ansehen“.
Albanese selbst reagierte auf die Absage mit einem Posting auf X: „Wenn Ideologie beginnt, Menschen zum Schweigen zu bringen, gibt es keine Freiheit mehr.“
My sincere appreciation to professors @HannaKienzler, @christinebinzel, Michael Baremboim for their stance against @LMU_Muenchen’s decision to cancel my talk. When ideology starts silencing people, freedom is no more. https://t.co/86d3i1z2xV
— Francesca Albanese, UN Special Rapporteur oPt (@FranceskAlbs) February 4, 2025
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In einem Kommentar im vergangenen Oktober verurteilte sie auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock für ihre Äußerungen zu dem Konflikt.