Antalya (nex) – Der Sprecher der „Plattform TYHP“ (Turizmde Yeni Hamle ve Hareket Platformu; Plattform für Neue Aktion und Bewegung im Tourismus), Hüseyin Baraner, hat gegenüber der Nachrichtenseite tourexpi.com nun auch zu der Gründung der bislang vorwiegend von Einwanderern unterstützten „Allianz Deutscher Demokraten“ (ADD) eine Wortspende abgegeben. Darin gibt er an, er stehe „in Zeiten, wo wir die Menschen über die Grenzen von Herkunft, Religion und Sprache zusammenbringen wollen“, allem skeptisch gegenüber, was „die Menschen entlang ethnischer und religiöser Linien treffen könnte“ (sic!). Auch wenn jeder, das Recht habe, eine Partei zu gründen, habe er, Baraner, „viel dagegen, wenn eine solche Partei offen oder hinter vorgehaltener Hand als ‚Türkenpartei‘ deklariert wird.“ Remzi Arus Pläne seien „besorgniserregend“.
Baraner erklärte, er hätte am Dienstag in Antalya „mit wichtigen Politikern und Abgeordneten der türkischen Regierungspartei AK Parti gesprochen“, die sich ebenfalls gegen die Gründung einer solchen Partei ausgesprochen hätten. Sie hätten ihm gesagt, dass sie Aru niemals unterstützen würden. Allerdings habe Aru ihnen zufolge „eine Lücke erkannt und will die Tatsache ausnutzen, dass es einen Kreis von Türken und anderen Migranten gibt, die sich in Deutschland politisch nicht vertreten fühlen“. In einer Argumentationsweise, die an Stringenz durchaus noch Luft nach oben bietet, wirft Baraner der ADD vor, diese würde „sich mit ethnischen Zuschreibungen schmücken, die das nach außen leugnen, und sagen, dass jeder Mitglied werden könne, aber die Interessen ethnischer Gruppen vertreten wollen“.
Die Gründer der am Sonntag in Berlin aus der Taufe gehobenen ADD, Remzi Aru und Ramazan Akbaş, haben im Vorfeld der Gründung wiederholt selbst deutlich gemacht, dass es sich bei ihrer politischen Formation um keine „Türkenpartei“ handeln würde. Bereits jetzt haben ihren Angaben zufolge Menschen aus vielen gesellschaftlichen, religiösen und landsmannschaftlichen Bevölkerungsgruppen Interesse an einer Mitarbeit in der liberal-konservativen Partei bekundet, die allerdings nach eigenem Selbstverständnis durchaus auch die multinationale und multireligiöse Realität in Deutschland betont. Die ADD wolle den Gründern zufolge entsprechend auch eine Stimme von Einwanderern sein, die in den etablierten Parteien mehr oder minder deutliche Bestrebungen hin zu einer Assimilationspolitik erkennen wollen und sich deshalb dort nicht vertreten fühlen.
Baraner, nach eigenen Angaben Mitglied in der CDU, betonte hingegen, dass „auch Menschen mit Migrationshintergrund sehr wohl ihren Platz in der politischen Landschaft der etablierten Parteien in Deutschland finden können“. Wenn man sich in Deutschland wirklich um Politik bemühe und seine Ideen und Ansichten durchsetzen möchte, dann könne man auch in den etablierten Parteien aktiv werden, so der ehemalige Reiseveranstalter, der sich aus undurchsichtigen Gründen aus einem gemeinsamen Projekt mit dem Ende des Vorjahres pleitegegangenen Vural Öger und dessen Bruder zurückgezogen haben soll und seither Beobachtern zufolge die Nähe von Politikern sucht, um befreundeten Lobbyisten in diesem Bereich Kontakte zu eröffnen.
Baraner: An der Armenier-Resolution sind Türken schuld
Quellen aus Finanzkreisen wollen eine zeitliche Korrelation zwischen dem Zerwürfnis der Ögers mit Baraner und dem Beginn der finanziellen Schieflage des ehemaligen Reisemoguls festgestellt haben. Ein darüber hinausgehender Zusammenhang konnte bis dato jedoch nicht verifiziert werden. Quellen aus dem türkischen Tourismusministerium zufolge soll es auch Klagen über intransparente Vorgänge gegeben haben, die Ansinnen Baraners bezüglich Fördermitteln des türkischen Staates für Projekte deutscher Reiseveranstalter betreffen. Was Baraner unter „Vermeidung gesellschaftlicher Spaltung“ versteht, lässt sich einem „offenen Brief“ entnehmen, den dieser an den jüngst vereidigten türkischen Premierminister Binali Yıldırım gerichtet hatte. Darin hat er Konsequenzen mit Blick auf die umstrittene Armenier-Resolution gefordert, die wie kaum ein anderes Ereignis zu einer Spaltung und Stigmatisierung der türkischen Einwanderercommunity geführt hatte. Allerdings nur innerhalb der türkischen Community selbst. „Ich bin der Überzeugung, dass wir manche der Zuständigen, die unser Land in Deutschland vertreten, in den kommenden Monaten bald ihrer Posten entheben sollten“, polterte Baraner auf seinem Blog.
Baraner ist sich sicher: „Wenn die türkischstämmigen und türkischen Mitbewohner Deutschlands frühzeitig von der Resolution zum Völkermord an den Armeniern erfahren hätten und wir viele Persönlichkeiten, Gruppen und Verbände, mit denen wir in Deutschland in Verbindung stehen, mobilisiert hätten, dann wäre diese Resolution, die uns alle so sehr betrübt und niederschmettert, und die zu einem Abkühlen der Freundschaft mit den Deutschen, mit denen wir seit 50 Jahren zusammenleben, geführt hat, vielleicht nicht verabschiedet worden.“ Nun war die geplante Resolution bereits Monate vor ihrer Verabschiedung Tagesgespräch innerhalb der türkischen Community, aber auch der türkischen Verbände, und eine Reihe türkischer Persönlichkeiten, Offizieller und Verbandsfunktionäre hatte sich an Politiker gewandt, um diese vor dem Schaden zu warnen, den diese Resolution verursachen würde. Am Ende hat der Bundestag sie verabschiedet – auch mit den Stimmen aller anwesenden türkeistämmigen Abgeordneten. Die einzige Gegenstimme kam von einer Abgeordneten aus Leipzig und damit einer Ecke, in der man keine sehr ausgiebige Präsenz türkischer Einwohner in deutschen Parteien vermuten könnte.
Aru: „Baraner zu sehr mit Anbiederung beschäftigt, um selbst politisch zu wirken“
Offenbar haben sich also – um Baraner beim Wort zu nehmen – die türkeistämmigen Mitglieder der etablierten Parteien, einschließlich seiner Person und seiner Familienmitglieder und Neffen in SPD und Grünen am Ende doch „nicht wirklich um Politik bemüht“. Das deutet zumindest auch Remzi Aru an, der in Reaktion auf den Blogbeitrag bei tourexpi.com gegenüber NEX erklärte: „Offenbar war und ist Baraner so intensiv damit beschäftigt, sich selbst auf Kosten engagierter Aktivisten bei den Herrschenden anzubiedern, dass er selbst keine Zeit mehr dafür fand, selbst am Aufbau von Strukturen mitzuwirken.“