Laut dem Statistischen Bundesamt werden in Deutschland jedes Jahr rund 130.000 Ehen wieder geschieden. Dabei betrifft die Trennung nicht nur die Eheleute an sich, denn häufig sind auch Kinder im Spiel. Ist das der Fall, müssen nicht nur die Besitztümer geklärt werden. Viele Eltern stellen sich dann auch die Frage, wer das Sorgerecht zugesprochen bekommt.
Das gemeinsame Sorgerecht hat oberste Priorität
In einer Ehe haben beide Eltern dieselben Rechte, wenn es um die Kindeserziehung geht. Das gemeinsame Sorgerecht hat aber auch in der Trennungsphase oberste Priorität. So kann grundsätzlich nämlich sichergestellt werden, dass sich für die Kleinen möglichst wenig ändert und beide Eltern ihre Vorstellungen im Bereich der Erziehung auch nach der Trennung noch einbringen können.
Jedoch verläuft eine Scheidung nicht immer harmonisch und einige Eltern versuchen, das Kind dann in weiterer Folge als Druck- oder Rachemittel einzusetzen. Zwar ändert eine Scheidung an sich nichts an den Sorgerechtsverhältnissen, Elternteile können nach der Trennung aber auch das alleinige Sorgerecht beim Familiengericht beantragen.
Der Antrag auf alleiniges Sorgerecht sollte dabei direkt von einem Familienrecht Anwalt eingebracht werden und die Gründe müssen natürlich triftig sein. Nur, weil man den Ex-Partner nicht mehr mag und vielleicht sogar einen Rosenkrieg durchlebt, kann das Sorgerecht nicht vollständig übertragen werden.
Wichtig zu wissen ist, dass ein Partner in der Regel ohnehin das Alleinentscheidungsrecht zugesprochen bekommt. Dafür ist entscheidend, bei wem das Kind nach der Trennung wohnt. In den meisten Fällen bleiben die Kleinen bei der Mutter, es spricht aber auch nichts gegen den Vater als erste Bezugsperson. Wo das Kind dann hauptsächlich lebt, dürfen auch die Alltagsentscheidungen von der erziehungsberechtigten Person getroffen werden. Geht es hingegen um einschneidende Entscheidungen, hat auch der andere Erziehungsberechtigte ein Mitspracherecht.
Beispiele, die durch das Alleinentscheidungsrecht abgedeckt sind:
- Ernährung
- Schlafenszeit
- Kleidungsstil
- Regeln im Haushalt
Beispiele, die nicht durch das Alleinentscheidungsrecht abgedeckt sind:
- Wahl der Schule
- Behandlungen im Krankenhaus
Wann kann man das alleinige Sorgerecht beantragen?
Das alleinige Sorgerecht wird von einigen Müttern beziehungsweise Vätern nach der Scheidung beantragt, damit der ehemalige Partner vollständig aus dem Leben gestrichen werden kann und kein Mitspracherecht mehr hat, wenn es um das gemeinsame Kind geht.
Da das jedoch eine einschneidende Maßnahme darstellt, gibt es hier einige Hürden. Am einfachsten gelingt der Antrag, wenn der andere Elternteil zustimmt. In der Praxis ist das jedoch nur sehr selten der Fall und gerade nach einer unangenehmen Scheidung nicht gerade gängig.
Liegt die Zustimmung also nicht vor, müssen Beweise vorgelegt werden, die einen vollständigen Sorgerechtsentzug rechtfertigen. Neben Gewalt innerhalb der Familie könnte auch ein ausgeprägter Drogenmissbrauch eines Elternteils oder eine Vernachlässigung der Sorgerechtspflichten dazu führen, dass das Familiengericht dem Antrag stattgibt.
Wichtig ist, dass Antragsteller immer Beweise vorlegen müssen. Anschuldigungen nach der Scheidung reichen nicht aus, um einem Partner das Sorgerecht entziehen zu können. Da sich die Beweislage aber oft schwierig gestaltet, sollte für diesen Fall unbedingt ein fachkundiger Rechtsexperte hinzugezogen werden.
Es wird immer zum Wohle des Kindes gehandelt
Ein Sorgerechtsstreit nach der Scheidung bedeutet in der Regel auch emotionalen Stress für die Kinder. Es ist nicht selten, dass Eltern versuchen, ihre Kinder zu manipulieren und gegen den Ex-Partner auszuspielen. Dabei sollte auch nach einer Trennung noch versucht werden, dem Wohl des Kindes immer Priorität zu verleihen.
Diese Aufgabe hat übrigens auch das Familiengericht, weswegen Befindlichkeiten der Eltern nach einer Trennung nicht berücksichtigt werden. Liegt also keine grobe Vernachlässigung, eine andauernde Kindeswohlgefährdung oder eine Misshandlung des Kindes vor, entscheidet das Familiengericht oft gegen das alleinige Sorgerecht für einen Partner.