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Kommentar: Auch westliche Staaten missachten Regeln des Völkerrechts

Am 20. November erschien ein Artikel („Sieben Sekunden um wegzulaufen – Drohnen in Kriegseinsätzen“) auf tagesschau.de. Eigentlich geht es in dem Beitrag um den Einsatz von Kampfdrohnen, die die Kriegsführung revolutioniert haben. Aber gleich im ersten Satz werden Dinge behauptet, die einfach nicht der Wahrheit entsprechen.

(Symbolfoto: nex24)
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Ein Gastbeitrag  von Kemal Bölge – kboelge@web.de

Eine Bewertung anhand von drei Fallbeispielen

Am 20. November erschien ein Artikel („Sieben Sekunden um wegzulaufen – Drohnen in Kriegseinsätzen“) auf tagesschau.de. Eigentlich geht es in dem Beitrag um den Einsatz von Kampfdrohnen, die die Kriegsführung revolutioniert haben. Aber gleich im ersten Satz werden Dinge behauptet, die einfach nicht der Wahrheit entsprechen.

„Ob in Syrien, in Libyen oder nun im Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan – in der Nachbarschaft Europas werden Konflikte militärisch ausgetragen. Internationale Organisationen werden nicht ernst genommen, die Regeln des Völkerrechts missachtet.“

Armenien hat fast 30 Jahre das Völkerrecht ad absurdum geführt

Wenn die Autorin schon von einer Missachtung des Völkerrechts spricht: Armenien hat fast 30 Jahre, ich betone fast 30 ellenlange Jahre Bergkarabach und sieben umliegende Regionen Aserbaidschans okkupiert und niemand in Europa und in der westlichen Welt ist auf die Idee gekommen, diesem Bruch des Völkerrechts ein Ende zu setzen.

Armenien hat 20 Prozent des aserbaidschanischen Territoriums 27 Jahre besetzt gehalten, zuvor eine Million Aserbaidschaner gewaltsam vertrieben, Zehntausende aserbaidschanische Zivilisten ermordet und seine Bodenschätze mithilfe internationaler Konzerne geraubt.

Die Diplomaten des Schlafmützen-Dienstes „Minsker-Gruppe“, deren Ko-Vorsitz die USA, Russland und Frankreich sich geteilt haben, hatten fast drei Jahrzehnte Zeit, die armenischen Besetzung Bergkarabachs und sieben umliegender Regionen Aserbaidschans zu beenden. Man saß, auf gut Deutsch gesagt, den Konflikt aus. Die „Minsk-Gruppe“ der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wurde 1992 gegründet und sollte zur Entschärfung des Konflikts im südlichen Kaukasus beitragen.

Nachdem Armenien Aserbaidschan immer wieder provoziert hat und Ziele in Aserbaidschan angegriffen hat, bei dem viele unschuldige Zivilisten getötet wurden, blieb Baku am 27. September nichts anderes übrig, als sich zu verteidigen und seine besetzten Territorien zurückzuerobern. Ein großer Teil der deutschsprachigen Medien schrieb genau das Gegenteil und Aserbaidschan hätte Armenien angegriffen. Diese Behauptung ist dreist und entbehrt jeglicher Grundlage.

Die armenophile Berichterstattung in den deutschen Medien setzte sich auch während des gesamten Krieges fort und der Aggressor und Kriegstreiber Armenien wurde für die Angriffe auf Städte und Ortschaften nicht ein einziges Mal kritisiert. Vor ein paar Tagen lief ein Filmbeitrag über Bergkarabach in der ARD und darin wurde erklärt, 100.000 Armenier hätten aufgrund der Waffenstillstandsvereinbarung vom 10. November Bergkarabach verlassen. Kein Wort über die in den 90er-Jahren von Armeniern vertriebenen 1 Million Aserbaidschanern und keine Erwähnung wert waren die fast 50.000 getöteten aserbaidschanischen Zivilisten.

Die USA haben in Syrien ohne UN-Mandat ganze Städte niedergebombt

In Syrien hatten die USA 2011 mithilfe radikaler Terroristen aus aller Herren Länder versucht, Präsident Assad zu stürzen, und das Land versank im Bürgerkrieg. Hätte Russland 2015 nicht in Syrien militärisch interveniert, wäre das Regime in Damaskus nicht mehr an der Macht. Mit dem Vorwand der Bekämpfung der Terrororganisation Daesh/IS, wurde eine andere Terrororganisation, die PKK/YPG, von den USA massiv aufgerüstet.

Die USA haben in Syrien ohne UN-Mandat ganze Städte niedergebombt. In Nordostsyrien versuchen die USA einen „kurdischen Staat“ zu errichten, der sich über Teile von Syrien und des Irak erstrecken soll. Nebenbei fördern die USA rechtswidrig Erdöl auf syrischem Territorium und weder die EU noch irgendeine andere Organisation hat diese Praxis bisher verurteilt.

Die Türkei hat mehrfach in Nordsyrien militärisch interveniert, weil sie ihre Sicherheit durch die Terrororganisation PKK/YPG bedroht sieht. Viele europäische Länder, darunter auch Deutschland, haben die Militärinterventionen der Türkei als „Völkerrechtsbruch“ bezeichnet. Die PKK/YPG hat in Nordostsyrien die einheimische Bevölkerung mit Gewalt vertrieben und rekrutiert bzw. verschleppt Kinder und Jugendliche für ihre Zwecke.

Die USA und ihr Verbündeter, die Terrororganisation PKK/YPG, halten etwa 24 Prozent von Syrien besetzt und von keiner Regierung in der EU oder anderswo kommt Kritik an diesem offensichtlichen Völkerrechtsbruch. Letzte Woche hat das türkische Verteidigungsministerium bekannt gegeben, dass über 400.000 Syrer in die von der türkischen Armee befreiten Gebiete in Syrien zurückgekehrt sind.

Die Rückkehr der syrischen Flüchtlinge nach Nordostsyrien wird durch die rechtswidrige Besetzung seitens der PKK/YPG verhindert. Anders ausgedrückt, Millionen von syrischen Flüchtlingen können nicht in ihre Heimat zurückkehren, weil die USA und ihre Verbündeten in Nordostsyrien einen „kurdischen Staat“ errichten wollen. Die Türkei hat schon angekündigt, die territoriale Integrität Syriens notfalls militärisch durchzusetzen.

Frankreich und Russland missachten in Libyen das Völkerrecht

In Libyen gilt seit geraumer Zeit ein Waffenstillstand zwischen der von den Vereinten Nationen anerkannten Regierung in Tripolis und den Vertretern des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar.

Die Türkei hat mit der international anerkannten Einheitsregierung zahlreiche Verträge abgeschlossen, darunter auch militärischer Art. Das ist legitim, da diese Regierung in Tripolis von den meisten Staaten offiziell anerkannt ist. Die Türkei wird von einigen westlichen Staaten kritisiert, weil sie die anerkannte Regierung in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht unterstützt hat. Seit wann ist es verboten, mit einer international anerkannten Regierung Verträge abzuschließen und zusammenzuarbeiten?

Die Staaten, die die Türkei kritisieren, haben in Libyen selbst Interessen und wollen sich natürlich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Es wird auf das UN-Waffenembargo hingewiesen und der Türkei vorgeworfen, das Embargo zu brechen. Gleichzeitig wird über Ägypten der abtrünnige General über den Landweg mit modernsten Waffen und Systemen versorgt, damit dieser die rechtmäßige Regierung Libyens stürzen kann. Aber auch über den Luftweg werden Haftars Milizen mit hochmodernen Waffen versorgt.

Jetzt noch einmal die entscheidende Frage: Wer missachtet in Libyen an der Seite von Warlord Haftar das Völkerrecht und bekämpft eine von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung?


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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