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Corona-Pandemie
Fischer und Gabriel: EU könnte auseinanderbrechen

Die früheren Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Sigmar Gabriel (SPD) haben in einem dramatischen Appell vor einem Auseinanderbrechen Europas durch die Coronakrise gewarnt und die Bundesregierung zu einer Art Marshall-Plan für Spanien und Italien aufgerufen.

(Foto: pixa)
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Berlin – Die früheren Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Sigmar Gabriel (SPD) haben in einem dramatischen Appell vor einem Auseinanderbrechen Europas durch die Coronakrise gewarnt und die Bundesregierung zu einer Art Marshall-Plan für Spanien und Italien aufgerufen.

„Europa braucht jetzt zweierlei: gemeinsame Hilfen in der Krise und ein gemeinsames Wiederaufbauprogramm nach der Krise“, schreiben Fischer und Gabriel in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ und den „Tagesspiegel“ (Montags-Ausgaben).

„Italien und Spanien werden es Europa und vor allem uns Deutschen hundert Jahre lang nicht vergessen, wenn wir sie (…) jetzt im Stich lassen. Und genau das tun wir gerade“, kritisieren die beiden früheren Spitzenpolitiker.

Das Corona-Virus habe das Potential, die ohnehin in Europa existierenden Risse so massiv zu vertiefen, „dass die Union daran auseinanderbrechen könnte“. Die EU drohe bei dieser größten Bewährungsprobe seit ihrer Entstehung dramatisch zu versagen.

„Stattdessen erleben wir, dass Mächte wie Russland und China öffentlichkeitswirksam Hilfe liefern, um genau dieses Defizit Europas zu betonen. Dass hier humanitäre und politische Ziele mindestens gleichzeitig verfolgt werden, liegt auf der Hand.“

Europa drohe zum Nullsummenspiel zu werden, bei dem Nationalstaaten glauben, dass immer einer verlieren muss, wenn ein anderer etwas bekommt.

In Italien hatten Politiker parteiübergreifend die EU und Deutschland kritisiert. Videos und Fotos, auf denen EU-Flaggen abmontiert, zerrissen oder sogar verbrannt werden, nehmen in den sozialen Medien deutlich zu.

Zehntausendfach geklickt ist ein Video des landesweit bekannten Komikers und Schauspielers Tullio Solenghi. Die Deutschen, wettert Solenghi, seien für zwei Weltkriege und den millionenfachen Tod von Juden verantwortlich: „Die Deutschen haben heute immer noch ihre gnadenlose Arroganz. Heute in wirtschaftlicher Hinsicht. Sie halten sich noch immer für eine Herrenrasse. Gott sei Dank bin ich Italiener. Ja, wir sollen Faulenzer, auch Mafiosi sein, sagen die Deutschen. Aber wir sind empathisch, wir sind menschlich. Daher danke, dass wir Italiener sind und nicht Deutsche.“

Deutschland hatte die unter anderem von Italien, Spanien und Frankreich geforderten sogenannten Corona-Bonds abgelehnt. Die Corona-Bonds sollen den betroffenen Staaten wirtschaftlich helfen. Hoch verschuldete Staaten könnten auf diesem Weg zu erheblich günstigeren Konditionen frisches Geld von Investoren erhalten. Denn die Bonität der Gemeinschaftsanleihen wäre deutlich besser, wenn zum Beispiel wirtschaftlich starke Länder wie Deutschland mithaften, berichtet die Tageszeitung Münchner Merkur.