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Libyen-Krise
Kommentar: Frankreichs Unterstützung für Haftar ist ein Skandal

Unter der Gastgeberschaft Deutschlands trafen sich am 19. Januar in Berlin die Konfliktparteien in Libyen und die Akteure Türkei, Russland, USA, Frankreich und andere Länder und Organisationen zur internationalen Libyen-Konferenz.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (Archivfoto: AA)
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Ein Gastkommentar von Kemal Bölge – kboelge@web.de

Unter der Gastgeberschaft Deutschlands trafen sich am 19. Januar in Berlin die Konfliktparteien in Libyen und die Akteure Türkei, Russland, USA, Frankreich und andere Länder und Organisationen zur internationalen Libyen-Konferenz.

Seit dem gewaltsamen Sturz des langjährigen Präsidenten Gaddafi, kommt das nordafrikanische Land nicht zur Ruhe und befindet sich seitdem in einem Bürgerkrieg. Die von den Vereinten Nationen international anerkannte Regierung in Tripolis wird von der Türkei, Italien und Katar unterstützt, während der abtrünnige General Haftar mit seinen Milizen von Russland, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Griechenland und vor allem Frankreich mit massiver logistischer und militärischer Hilfe Unterstützung erfährt.

Der große Skandal besteht darin, dass das EU-Mitglied Frankreich, die „Grande Nation“, die international anerkannte Regierung in Tripolis mit Unterstützung von Warlord Haftar bekriegt. Das muss man sich kurz vergegenwärtigen: Frankreich bekämpft eine von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung und sitzt überdies im UN-Sicherheitsrat. Was für eine Farce. Frankreich ist auch ein großer Unterstützer der Terrororganisation PKK/YPG. Gerade am Beispiel Libyen zeigt sich die verlogene Politik einiger westlicher Staaten.

Hier wurde der langjährige Diktator Gaddafi gestürzt, die staatlichen Strukturen völlig zerstört, das Land versank im Chaos und die Einheitsregierung in Tripolis war gerade dabei das Land zu stabilisieren und in die Zukunft zu führen. Und was passiert? Der Westen und Frankreich unterstützen einen von Gaddafis Gnaden gefallenen General.

Hat sich in den westlichen Ländern irgendjemand einmal Gedanken darüber gemacht, warum der Westen im Nahen Osten so sehr verhasst ist? Weil den Menschen im Nahen Osten wegen der Profitgier von Multinationalen Konzernen, vor allem Erdöl und Erdgas, die Zukunft genommen wird. Warum lässt man die Gesellschaften im Nahen Osten, in Nordafrika und anderswo nicht in Ruhe, damit diese selbst entscheiden was für ihre Zukunft gut ist?

Der Türkei unter Präsident Erdoğan wirft man „Neoosmanische Politik“ vor, obwohl die westlichen Länder selbst die rohstoffreichen Länder dieser Erde gnadenlos ausbeuten. Libyen verfügt über große Erdölreserven und das sind nach Angaben der Zeitschrift Capital 2,8 Prozent der weltweiten Erdölvorkommen. Die Libyen-Konferenz in Berlin vereinbarte eine Waffenruhe, an die sich die Konfliktparteien halten sollen.

Vor der Berliner Libyen-Konferenz trafen sich die libyschen Kontrahenten in Moskau, wobei sich Warlord Haftar dort geweigert hatte seine Unterschrift unter ein Waffenstillstandsabkommen zu leisten.

Aus Sicht der Türkei ist die diplomatische Offensive Ankaras und die Verhandlungen in Moskau und Berlin ein Erfolg, denn Haftars Unterstützer in Riad, Dubai oder Kairo wurden mit dem klugen Taktieren der türkischen Regierung vor den Kopf gestoßen. Die Weigerung Haftars seine Unterschrift unter das Abkommen in Moskau zu setzen, hat seine Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen. Ob die Waffenruhe hält, wird sich noch herausstellen, da viele Staaten an dem Konflikt beteiligt sind.

Aber mit den Gesprächen hat die Türkei als Akteur im Libyen-Konflikt zunächst einmal Zeit gewonnen. Ein weiterer wichtiger Akteur in Libyen ist Russland. Nach Beobachterangaben befinden sich in Libyen Angehörige einer privaten russischen Sicherheitsfirma.

Im November letzten Jahres unterzeichnete die Türkei mit dem libyschen Ministerpräsidenten Fajis al-Sarradsch unter anderem ein Seegrenzabkommen im Mittelmeer. Mit diesem Vertrag hat die Türkei eine gemeinsame Seegrenze mit Libyen. Mit der Unterzeichnung des Vertrags mit Libyen hat die Türkei wichtige Trumpfkarten im Mittelmeer beim Thema Kontinentalsockel und Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) in der Hand.

Weil im östlichen Mittelmeer vor einigen Jahren große Gas- und Ölvorkommen entdeckt wurden, streiten sich die Anrainerstaaten Griechenland und griechisch Südzypern mit der Türkei über die Ausbeutung der Rohstoffe.


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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