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Deutsche Reparationszahlungen: Herero- und Namaverbände fechten Gerichtsentscheidung an

Regierungsunabhängige Herero- und Namaverbände haben am Donnerstag, 17.10.2019, vor einem übergeordneten US-Berufungsgericht die Nichtzuständigkeitserklärung eines New Yorker Bezirksgerichts angefochten.

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Regierungsunabhängige Herero- und Namaverbände haben am Donnerstag, 17.10.2019, vor einem übergeordneten US-Berufungsgericht die Nichtzuständigkeitserklärung eines New Yorker Bezirksgerichts bzgl. ihrer Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Reparationen für den Völkermord an ihren Vorfahren 1904-08 und Einbeziehung in die namibischen-deutschen Wiedergutmachungsverhandlungen angefochten.

Die Verbände wollen erreichen, dass ihre Klage vom zuständigen Bezirksgericht angenommen wird.

Kern ihrer Argumentation ist, dass das Bezirksgericht neu aufgetauchtes, entscheidendes Beweismaterial, das seine Zuständigkeit belegen würde, nicht berücksichtigt hat. Dabei handelt es sich in erster Linie um den erst kürzlich entdeckten Nachweis, dass nicht die Witwe des Berliner Anthropologen Felix von Luschan, sondern sein Arbeitgeber, das staatliche Berliner Völkerkundemuseum, dessen umfangreiche „Lehrsammlung“ menschlicher Gebeine – darunter auch von Herero- und Nama-Opfern der deutschen Kolonialmacht – 1924 an das American Museum of Natural History verkauft hat.

Die Einnahmen – so die Kläger – wären somit wie die Erlöse aus dem Verkauf von Herero- und Nama-Land in die deutsche Staatskasse geflossen, aus der wiederum der  Erwerb von Immobilien in New York finanziert wurde. Der Nachweis einer geschäftlichen Beziehung der Beklagten zu den USA, die im Bezug zur Klage steht, ist eine wesentliche Voraussetzung für die juristische Zuständigkeit amerikanischer Gerichte.

Die Entscheidung des Zweiten US-Berufungsgerichtes steht noch aus.

Die New Yorker Distriktrichterin Laura Taylor Swain hatte eine Klage zu den unter deutscher Kolonialherrschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts verübten Massakern Anfang des Jahres abgewiesen. Die Justiz in den Vereinigten Staaten sei wegen mangelnder Auswirkungen auf das Land nicht für den Fall zuständig.

Swain hatte befunden, dass Deutschland in diesem Fall Immunität vor einer Strafverfolgung genießt und das Gericht weder für den Fall zuständig sei, noch befugt sei, diesen Fall anzuhören. Das Landeskommunaloberhaupt der Herero-Bevölkerung in Namibia, Vekuii Rukoro, hatte bereits kurz darauf in Windhoek angedeutet, dass Deutschland sich in New York würde verantworten müssen, „ob es will oder nicht“, berichtet die namibische Tageszeitung Allgemeiner Anzeiger.

Die USA seien sehr wohl zuständig, so Anwalt Kenneth McCallion, der die Stämme vertat. Der Fall betreffe auch die USA, unter anderem wegen des Verkaufs von Schädeln getöteter Afrikaner, die vor etwa 100 Jahren an ein Museum in New York geschickt wurden. „Der Völkermord hat eine direkte Verbindung nach New York“, sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

Die deutsche Bundesregierung hatte seit der Einreichung der Klage erklärt, es gebe keine rechtliche Grundlage für das Verfahren. Im Januar 2017 hatten Nachfahren beider Volksgruppen eine Sammelklage gegen Deutschland eingereicht.

Berlin bezeichnet die Verbrechen seit 2006 zwar auch offiziell als Völkermord, Entschädigungszahlungen lehnt die Bundesregierung aber ab. Stattdessen erhöhte man die Entwicklungshilfe an Namibia. Diese käme jedoch nicht bei den Nachfahren der Herero und Nama an und wird aus diesem Grund von diesen abgelehnt. Die namibische Regierung hat wiederholt „Entwicklungshilfe“ als Basis ihrer Verhandlungen mit Deutschland bekräftigt. Vertreter der Herero und Nama fordern aber Reparationenzahlungen wie im Falle Israels. Auch eine Entschuldigung hochrangiger Regierungsvertreter Deutschlands wird immer wieder gefordert. In einer gemeinsamen Resolution fordern Vertreter zudem die direkte Beteiligung der Herero und Nama an allen Verhandlungen mit Deutschland.

In einem Interview mit Radio Dreyeckland kritisierte auch Israel Kaunatjike, ein Herero, der in Berlin lebt und sich für das Bündnis “Völkermord verjährt nicht!”, sowie bei Berlin Postkolonial engagiert, dass namibische Herero- und Nama-Verbände von den Gesprächen über eine Aufarbeitung des deutschen Völkermordes Anfang des 20. Jahrhundert ausgeschlossen seien.

Kaunatjike spricht gegenüber dem Sender von “Geheimverhandlungen, zu denen die Opferverbände nicht eingeladen sind” und erklärt, die Gruppen wollten die Ergebnisse, die ohne ihre Beteiligung verhandelt worden seien, nicht respektieren. Die namibische Regierung verfolge nur finanzielles Interesse an so genannter Entwicklungshilfe und sei nie in der Frage selbst engagiert gewesen, betonte der Aktivist.

“Das ist ein ‘Teile und herrsche’, und das stört uns einfach”, erklärt der Herero-Aktivist. Eine Bedeutung für die Gegenwart habe die Frage, wer in wessen Namen verhandelt, durchaus noch, so Kaunatjike. “Vertriebene in Botswana, Südafrika und Angola, deutsche Siedler leben heute noch auf deren Land”, erklärte er weiter. Zu 75 Prozent handle es sich dabei um Farmland. Man strebe diesbezüglich eine Restitution oder eine Entschädigung an.

“Unsere Anliegen werden ignoriert”, so Kaunatjike in einem Gespräch mit dem Nachrichtenportal NEX24. “Sie werden uns aber nicht bremsen können.”

„Wir wollen keine Entwicklungshilfe, wir wollen Reparationen und Heilung, so wie bei den Juden“, sagte Aktivistin Kambanda Nokokure Veii von der Ovaherero Genozid Stiftung in einer Videobotschaft. „Behandelt man uns anders, weil wir Afrikaner sind?“, fragt Veii. Ein Genozid sei ein Genozid, ganz gleich, ob an Juden oder Afrikanern verübt.

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