Start Panorama Ausland "Türkischer Softpower" Dubai: Verbot für türkische TV-Serien in arabischen Ländern

"Türkischer Softpower"
Dubai: Verbot für türkische TV-Serien in arabischen Ländern

Der in Dubai ansässige saudische Medienkonzern Middle East Broadcasting Center (MBC) hat eigenen Angaben zufolge alle türkischen TV-Serien aus seinem Programm genommen.

(Archivfoto: Screenshot)
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Dubai (nex) – Der in Dubai ansässige saudische Medienkonzern Middle East Broadcasting Center (MBC) hat eigenen Angaben zufolge alle türkischen TV-Serien aus seinem Programm genommen.

Journalisten in arabischen Medien führen den Schritt auf eine Entscheidung zurück, „den Einsatz von türkischem Soft Power“, mit dem Ankara „die Schönheit und das Image der Türkei in arabischen Ländern“ fördere, zu beenden. Die Türkei verfolge eine Politik, die nicht „unbedingt im Interesse der arabischen Region“ liege.

Das Verbot könne für arabische Produzenten nun ein Anreiz sein, eigene hochrangige Serien zu produzieren, die eine gute Alternative zu denjenigen sein könnten, die aus dem Programm genommen wurden, so der Sprecher des Medienkonzerns, Mazen Hayek, gegenüber Medien.

Die Spannungen zwischen Saudi-Arabien und der Türkei hatten in den vergangenen Monaten zugenommen, weil sich Ankara auf die Seite Katars stellte, nachdem Saudi Arabien, die Vereinten Arabischen Emirate, Ägypten und Bahrain, am 5. Juni 2017 die wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zu Doha gekappt und das Land mit einer See- und Luftblockade belegt hatten. Die Länder warfen Katar „Terrorunterstützung“ vor.

Türkische Serien in arabischen Ländern sehr beliebt

Türkische Seifenopern und -dramen sind in der arabischen Welt bereits seit 2008 sehr populär – damals startete MBC das Melodram „Noor“ (Originaltitel: „Gümüs“).  Die Serie wurde im syrischen Dialekt synchronisiert, der von Marokko bis Oman verstanden wird.

Es war ein sofortiger Hit, der die arabische Welt im Sturm eroberte. Die letzten beiden Episoden der Serie am 30. August 2008 sollen Medienberichten zufolge 85 Millionen arabische Zuschauer angezogen haben.

Der schwindelerregende Erfolg veranlasste andere arabischsprachige Sender, türkische Dramen zu kaufen, und das darauffolgende populäre kulturelle Phänomen im Nahen Osten trug dazu bei, dass die Türkei im Allgemeinen und Istanbul im Besonderen zu einem beliebten Reiseziel wurden.

Türkische TV-Serien neuer Exportschlager

Türkische TV-Serien haben sich in den vergangenen Jahren zu einem der lukrativsten Exportgüter der Türkei entwickelt und haben noch dazu den Nebeneffekt, dass das Interesse der Touristen, das Land zu besuchen, geweckt wird. Nach Angaben des türkischen Ministeriums für Kultur und Tourismus ist die Türkei nach den USA die zweitgrößte Exporteurin von TV-Serien.

“Beim Export von TV-Serien befindet sich die Türkei nach den USA weltweit auf dem zweiten Platz”, sagte Kultur- und Tourismusminister Numan Kurtulmus vor dem Planungs- und Haushaltsausschuss des türkischen Parlaments am Freitag und fügte hinzu, dass dem weltweiten Export türkischer TV-Serien nun große Bedeutung beigemessen werde. In Europa stünden türkische Serien bereits an erster Stelle, so Kurtulmus.

Bislang wurden etwa 150 türkische Fernsehserien (Stand 2016) ins Ausland verkauft, die von 500 Millionen Zuschauern in 100 Ländern im Nahen Osten und Nordafrika sowie Ost- und Westeuropa verfolgt werden.

Türkische Vornamen in Südamerika

Inspiriert von den sehr beliebten Seifenopern und TV-Serien wenden sich immer mehr Eltern in Chile sogar von den traditionellen lateinamerikanischen Vornamen ab und geben ihren Kindern türkische Namen.

„Es gibt aus jeder Schicht der chilenischen Gesellschaft eine Riesenresonanz auf die türkischen Serien, und Binbir Gece – die erste Serie, die wir ausstrahlten – stellte einen historischen Erfolg mit sehr hohen Einschaltquoten dar“, erklärte Juan Ignacio Vicente vom Mega TV gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu (AA).

Chilenische Familien fühlten sich mittlerweile von den türkischen Serien inspiriert und gäben ihren Neugeborenen Namen wie Elif, Nilüfer, Fatmagül oder Ibrahim.

Nach offiziellen Angaben wurden viele chilenische Mädchen, die im vergangenen Jahr zur Welt kamen, Elif genannt – ein traditioneller türkischer Vorname. Elif toppte selbst den in Lateinamerika weitverbreiteten Namen Veronica.

„In den letzten Jahren sind in Lateinamerika türkische Schauspieler dank der TV-Serien sehr berühmt geworden“, sagte Vicente und fügte hinzu, dass chilenische Fans Serienstars wie Bergüzar Korel, Halit Ergenc, Cagatay Ulusoy und Kivanc Tatlitug persönlich erleben wollten.

Er sei überrascht, dass die Namen der Charaktere aus den Serien zu einem Teil der chilenischen Kultur geworden seien: „Ich denke, dass die Leute sich mit ihnen identifizieren und sich deshalb diese Charaktere als Vorbilder für ihre Kinder wünschen.“

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Bangladeschische Filmemacher fordern Verbot

Bereit im Jahre 2016 forderten auch bangladeschische Schauspieler und Regisseure zum Verbot der türkischen Historie-Serie Sultan Suleiman. Sie zerstöre die einheimische TV-Branche und fördere Scheidungen, so die Gegner.

Die Synchronfassung der Serie über den osmanischen Herrscher Suleiman den Prächtigen (16. Jh.) ging 2015 in Bangladesch an den Start und ist seitdem ein Quotenerfolg.

Die Popularität der Serie veranlasste andere Sender dazu, ähnliche ausländische Serien zur Prime Time zu bringen, was viele Sendungen aus einheimischer Produktion aus dem Sendeplan kickte.

„Alles fing mit Sultan Suleiman an. Diese Serien zerstören unsere Industrie, die Tausende Schauspieler und anderes Personal beschäftigt“, erklärte der Chef der Gewerkschaft der Regisseure gegenüber der Nachrichtenagentur AFP und fügte hinzu:

„Eine Umfrage hat ergeben, dass die Hälfte aller Studios infolge Arbeitsmangel schließen mussten. Hunderte Schauspieler sind davon betroffen. Selbst Top-Darsteller büßten die Hälfte ihres Einkommens ein.“

Rakayet schätzt den Gesamteinkommensverlust der Schauspieler auf etwa acht Millionen US-Dollar.

Zwar hat die Regierung auf den Unmut in der Branche noch nicht reagiert, viele Kommentatoren verteidigen jedoch die ausländischen Serien und weisen darauf hin, dass die Zuschauer wegen der dünnen Storys der einheimischen Produktionen umschalteten.

Andere wiederum kritisieren, die Serien unterminierten Familienwerte in dem Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung.

„In Sultan Suleiman und den anderen ausländischen Serien grassiert der Sex“, erklärte der Vorsitzende der Föderation TV Professionals Organisation und Schauspieler Mamunur Rashid, gegenüber der AFP.

„Fernsehen bedeutet Familienunterhaltung. Beliebtheit kann nicht der einzige Maßstab sein“, so Rashid weiter.

Der Schauspieler wies darauf hin, dass die Programme mit ihren Bettszenen auch soziale Probleme schafften, die die Scheidungsrate in die Höhe schnellen ließen.

„Das kommt von den außerehelichen Affären, die diese Sender zeigen“, fügte er hinzu.