Ein Gastbeitrag von Michael Thomas
Derzeit existiert in Deutschland und übrigens auch sonst nirgendwo irgendeine politische Kraft, die das „Problem Migration“ aufrichtig, offen und ehrlich adressiert.
Bereits im Grundsatz wäre erheblicher Zweifel an der Aussage angebracht, dass unsere Sozialsysteme durch Zuwanderung von Flüchtlingen an ihre Grenzen geraten könnten. Denn zweifellos wäre eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die die oberen und höchsten Einkommensklassen korrekt besteuern würde, nicht nur in dieser Hinsicht überaus hilfreich.
Aber niemand diskutiert öffentlich, wie es überhaupt zu diesen massiven Fluchtbewegungen kommen kann., dabei liegt die Antwort direkt auf der Hand.
Jahrzehntelange „Entwicklungshilfe“ ebnete der Verelendung ebenso den Weg wie Kriegs- und Krisenherde, die einerseits dadurch ermöglicht und andererseits überaus zuvorkommend von deutschen Rüstungskonzernen mit Waffen beliefert werden. Nach Angaben des Bundesministeriums selbst kalkuliert man für jeden ausgegebenen Entwicklubgshilfeeuro etwa 0.83 Euro an Umsätzen, die die deutsche Wirtschaft dadurch im Nachgang generieren kann. Das Ministerium spricht selbst von der Idee, durch „Entwicklungshilfe“ neue Absatzmärkte zu generieren.
Das funktioniert jedoch nur, wenn die „Regierungen“ ein Interesse daran haben, ihre eigene Wirtschaft im Zustand ewiger Bedürftigkeit, möglichst in Armut festzuhalten. Wie im Falle Niger etwa stützte Frankreich eine völlig korrupte Regierung und baute dafür gewissermaßen gegen Kleingeld Uran für seine Kraftwerke ab. Das Land ertrank förmlich in Schulden; die Bevölkerung war schutzlos Angriffen der eigenen Regierung und diverser Rebellengruppen ausgesetzt, soetwas wie eine Infrastruktur existierte nicht.
Niger „entfernte“ im Zuge des Putsches vor einigen Monaten überraschend viele französische „Berater“ und Soldaten aus dem Land, deren Aufgabe es war, die bestehenden Verhältnisse stabil zu halten. Man hatte hier und da etwas Nahrung und rudimentäre Hilfe ins Land gebracht, während die extrem begehrten und auf dem Weltmarkt sehr wertvollen Rohstoffe abgebaut wurden.
In Nigeria und vielen anderen Ländern funktioniert „Entwicklungshilfe“ sehr ähnlich. In Lagos tummeln sich vier der größten Rohölverarbeiter der Welt, während das gigantische Potenzial an Geld für das geförderte Öl an wenige Regierungsmitglieder und einen kleinen Kreis ihrer Familien verteilt wird.
Beim Volk kommt außer extremer Gewalt gegen Proteste nichts davon an. Um hier unschöne Szenen zu verhindern, pumpt u.a. auch Deutschland „Entwicklungshilfe“ ins Land und erhält dafür zwar kein Öl, aber lukrative Lieferverträge im Bereich Maschinenbau.
Nicht selten verfügen die Militärs dieser, vorwiegend afrikanischer Länder über überraschend gute, westliche Rüstungs- und Ausbildungsstandards. Sieht man sich afrikanische Regierungsspitzen näher an, findet man breit angelegte Verbindungen zu westlichen Industrieländern.
Von diesen werden sie in Fragen persönlicher Bereicherung bestens unterstützt und beraten. Nicht selten werden sie direkt vom Westen gewissermaßen „inthronisiert“; sobald sie jedoch Interesse daran formulieren, größere Teile der Einkommen an ihre Bevölkerungen in Form von Infrastruktur, geregelten Binnenmärkten und eigenständigen Unternehmensgründungen für eine stabilere Zukunft initiieren zu wollen, sterben sie ganz plötzlich und fallen „tragischen Unfällen“ zum Opfer.
Nur selten treten geostrategische Absichten der westlichen Generländer so offen zutage wie etwa in Ägypten. Nachdem im „arabischen Frühling“ der Diktator Hosni Mubarak gestürzt und mit Muhammad Mursi der erste, unabhängig und frei vom Volk gewählte Präsident Ägyptens ernannt war, begannen die Planungen gegen ihn.
Denn während Mubarak auf Befehl der USA mit Israel einen Friedensvwrtrag unterzeichnet hatte, den er mit maximaler Gewalt und Brutalität gegen das ägyptische Volk durchsetzte, kam Präsident Mursi dem mehrheitlichen Willen der Bevölkerung nach und kritisierte Israel. Seine Programme, Ägyptens Industrie und Wirtschaft in die Unabhängigkeit und zum Wachstum führen zu wollen, galten dem Westen als roter Alarm.
Sein Gegenspieler al-Sisi, der in Wirtschaftsfragen als völlig unfähig gilt, fand breite Unterstützung im Westen. Angela Merkel war die erste, die al-Sisi nach dem extrem blutigen Putsch, der weit mehr als tausend Tote und hunderte von Todesurteilen nach sich zog, lächelnd und händeschüttelnd in Berlin als Staatsmann begrüßte.
Aus Pietäts- und vorgeschobenen, humanitären Gründen existieren heute keine Kolonien und keine Sklaven mehr, sondern nur noch „versteckte“ Kolonialherrschaft in Verbindung mit „Quasisklaven“.
Im Endeffekt beuten wir die begehrten Rohstoffe der „Entwicklungshilfe“-Länder aus, während deren Bevölkerungen durch die extrem korrupten Regierungen und dadurch dramatisch zugrundegegangenen Infrastrukturen dazu gezwungen sind, für Sklavenlohn unter unwürdigen Zuständen bei der Gewinnung zu helfen.
Diese Verhältnisse sind keine Zufälle.
Im Falle Niger wurde dies allzu offensichtlich. Erst massives Zureden in Hinterzimmern überzeugte die französische Regierung in buchstäblich letzter Minute, vom Gebrauch militärischer Gewalt in dem Versuch, die alten Verhältnisse wieder herzustellen, Abstand zu nehmen.
Insgesamt befindet sich die Wirtschaft der meisten „Entwicklungshilfe“-Länder in einem prekären Zustand. Breitflächig ist zu erkennen, dass die Bevölkerungen entweder gar nicht, oder nur zu geringsten Teilen von ihrer Arbeit und ihren Rohstoffen partizipieren. Wer denkt, „Entwicklungshilfe“ sei ein kosten- und folgenloses Geschenk an Notleidende aus humanitären Gründen, irrt!
Unsere Fischereiflotte fischt großtechnisch und zumeist illegal die afrikanischen Küsten ab, was tausende von Fischern vor Ort arbeits- und einkommenslos macht. Es gibt keine ernstzunehmende Anstrengung, dies zu unterbinden.
Dafür wurden beispielsweise 2021 tatsächlich allein nur von der EU insgesamt über 600.000 Tonnen (!) Geflügelfleisch nach Afrika exportiert; zusammen mit den Exporten der USA und Brasilien kommt man auf eine Menge von über 3 Millionen Tonnen. Das zerschlägt dort durch konkurrenzlose Dumpingpreise jede lokale Herstellung und produziert Abhängigkeit. Tausende von Farmerfamilien gingen daran bereits zugrunde.
Im Nahen Osten zerschlagen wir durch unsere Zu- und Abwendung jedwede Solidarität und füttern regionale Auseinandersetzungen mit unseren Waffen. So wäre der Krieg Saudi-Arabiens gegen den Jemen ohne deutsche Waffen ebenso kaum möglich wie der israelische Genozid an Palästina.
Nicht genug damit, belieferten wir in Syrien die kurdische Terrorgruppe SDF mit Waffen, die der umbenannte Vertreter der PKK ist, die jahrzehntelang in der Türkei blutigste Anschläge mit über 40.000 Toten durchführte.
Selbst die Gefahren und erste, ernste Auswirkungen des Klimawandels, der weltweit bereits jetzt ganze Küstenlandschaften und ganze Inseln vernichtet, interessiert uns nicht, wenn wir etwa die Freuden einer Kreuzfahrt genießen, bei der pro Tag (!) etwa 600 Tonnen (!) ungereinigten Schweröls durch die Schornsteine gehen.
Die Verlogenheit der Migrationsdebatte
Wir wundern uns, wenn wir das alles realisieren, keineswegs mehr darüber, dass die Fluchtursache für Millionen von Menschen wir selbst sind. Ohne all diese Zwangsmaßnahmen wären die weitaus meisten Länder durchaus in der Lage dazu, ihre eigenen Menschen zu ernähren und Frieden zu halten.
Aber Fluchtursachen will keine einzige Partei tatsächlich bekämpfen; sie alle lassen uns mit der Idee leben, die Flüchtenden suchten nur ein bequemes Leben bei uns.
Das ist eine überaus verlogene Politik. Während man konservativen Parteien noch eine verstockt ignorante, weil auch rassistische Herrenmenschenpolitik unterstellen kann, enttäuschen gerade die vorgeblich grünen und links-liberalen Kräfte darin, die Bevölkerung aufzuklären und eine aufrichtige und ehrliche Politik einzufordern.
Denn diese ginge auf Kosten unseres Lebensstandards, da langfristig auf enorme Gewinne verzichtet werden müsste. Aber kaum ein Wähler würde die Idee: „Hey, wir müssen ärmer werden!“, mit seinem Kreuzchen bei der Wahl honorieren. Deshalb werden die wahren Fluchtursachen einfach verschwiegen.
Da diskutiert man viel lieber, mit welchen Mitteln die Opfer unserer Wirtschafts- und Kriegspolitik von uns und unserem Wohlstand, den wir mit ihnen und ihrem Leid verdienen, ferngehalten werden könnten und welches Menschenrecht dafür fallen muss.
Aber niemand soll sagen können, er habe nichts davon gewusst.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.