Ein Gastkommentar von Kemal Bölge
In den meisten deutschen Medien galt Fethullah Gülen als „Prediger“ oder „islamischer Geistlicher“, der Schulen zum Wohle der Menschen eröffnete und mit seiner „Hizmet-Bewegung“ ein genialer Blender war. Wer es wagte, kritisch über ihn und sein Netzwerk zu schreiben, geriet ins Visier seiner extremistischen Anhänger.
Journalisten und Wissenschaftler wie Haydar Meriç oder Necip Hablemitoğlu recherchierten über das Gülen-Netzwerk, bevor sie ihre Nachforschungen mit dem Leben bezahlen mussten. Die Aufklärung der Morde wurde jahrelang von Gülen-Anhängern in Justiz und Polizei behindert.
Auch der türkisch-armenische Journalist Hrant Dink fiel dem Netzwerk zum Opfer. Das Ziel des selbsternannten „Imams“ war es, die Regierung mit Waffengewalt zu stürzen und eine Diktatur zu errichten.
Die Struktur des Gülen-Netzwerkes weist Ähnlichkeiten mit anderen terroristischen Organisationen wie der PKK, Daesh (IS) oder der DHKP-C auf, strukturell und ideologisch bestehen jedoch Ähnlichkeiten mit der „Scientology-Organisation“, weshalb es sich beim Gülen-Netzwerk nicht um eine religiöse Bewegung im eigentlichen Sinne, sondern um eine geheim operierende, hierarchisch strukturierte, esoterisch-kultische Vereinigung handelt.
Mit den sogenannten Ergenekon-Ermittlungen gegen Militärs, Politiker und Mitglieder zivilgesellschaftlicher Institutionen begann 2008 eine regelrechte Hexenjagd, die von Gülen-Anhängern in Militär, Polizei, Justiz und Geheimdiensten koordiniert und durchgeführt wurde. In Stasi-Manier wurden angebliche Gespräche von Militärs und Politikern an die Medien zugespielt und die Opfer anschließend in entwürdigender Weise öffentlich bloßgestellt.
Viele unschuldige Opfer, die unter fadenscheinigen Gründen verhaftet und inhaftiert wurden, überlebten die unmenschlichen Bedingungen in den Gefängnissen nicht. Jahrelang saßen Journalisten, Intellektuelle, Soldaten, Offiziere und Generäle in den Kerkern von Silivri und anderswo, obwohl es sich offensichtlich um Schauprozesse handelte.
Am 15. Juli 2016 initiierten Mitglieder des Gülen-Netzwerks einen Putschversuch gegen die gewählte türkische Regierung unter Präsident Erdoğan. Der Putschversuch, der mit Wissen der USA und anderer Verbündeter durchgeführt wurde, scheiterte, weil das türkische Volk auf die Straße ging.
Auch acht Jahre nach dem gescheiterten Putschversuch kann von einer Entwarnung keine Rede sein, denn der politische Arm des terroristischen Gülen-Netzwerks ist nach wie vor sehr einflussreich und stark.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.
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