Straßburg
    Verschleppung ukrainischer Kinder durch Russland als Völkermord anerkannt

    Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat die Deportation und die Verschleppung ukrainischer Kinder auf das Territorium der Russischen Föderation als Genozid anerkannt.

    (Archivfoto: PACE)
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    Straßburg – Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat die Deportation und die Verschleppung ukrainischer Kinder auf das Territorium der Russischen Föderation als Genozid anerkannt und den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) aufgefordert, die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung für dieses Verbrechen zu prüfen, berichtet Ukrinform.

    Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (Parliamentary Assembly of the Council of Europe – PACE) mit Sitz in Straßburg ist eines der zwei im Statut des Europarates verankerten Organe. Vertreter von 46 nationalen Parlamenten des europäischen Kontinents unterschiedlicher Struktur arbeiten im Rahmen der Versammlung zusammen. Die Türkei und Deutschland sind mit jeweils 18 Delegierten vertreten.

    Die entsprechende Resolution „Deportationen und gewaltsame Überführungen von ukrainischen Kindern und anderen Zivilisten in die Russische Föderation oder in vorübergehend besetzte ukrainische Gebiete: Schaffung von Bedingungen für ihre sichere Rückkehr, Beendigung dieser Verbrechen und Bestrafung der Täter“ wurde während der Debatte auf der Frühjahrstagung der PACE angenommen.

    In der Resolution erklärte die Versammlung, es gebe Beweise dafür, dass die deportierten Kinder einem Prozess der „Russifizierung“ durch Umerziehung in russischer Sprache, Kultur und Geschichte ausgesetzt seien.

    Diese Umsiedlungen ukrainischer Kinder seien „eindeutig systematisch geplant und organisiert“ und verfolgten „das verabscheuungswürdige Ziel, jede Verbindung und jedes Merkmal ihrer ukrainischen Identität zu zerstören“, so die Versammlung.

    Die First Lady der Ukraine, Olena Zelenska, berichtete per Videoschaltung aus Kiew über die persönlichen Geschichten einiger Kinder, die beinahe entführt worden wären. Sie betonte gegenüber den Parlamentariern:

    „Der Haager Gerichtshof hat zwei Verdächtige benannt, aber in Wirklichkeit sind es Tausende, denn es handelt sich nicht um ein zufälliges Verbrechen. Es ist eine ganze Politik und ein bewusster Mechanismus Russlands, unsere Kinder zu entfremden, sie ihrer Familien, Namen, Sprache und Wurzeln zu berauben.“

    Obwohl es schwierig ist, Informationen über diese Praxis zu sammeln, meldete die ukrainische Regierung Mitte April 2023, dass über 19.384 Kinder nach Russland verschleppt wurden, während das Schicksal von vielen Tausend weiteren unklar bleibt.

    Die Versammlung begrüßte die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die Kinderrechtskommissarin Maria Lvova-Belova wegen Kriegsverbrechen zu erlassen, und drängte auf deren Vollstreckung.

    Die Versammlung forderte auch, dass die Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz und der Rote Halbmond Zugang zu Russland erhalten, um Informationen über deportierte Kinder zu sammeln, und forderte die Staaten auf, Beweise für Verbrechen – einschließlich Völkermord – zu sammeln, die möglicherweise begangen wurden.

    Der russische Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist ein vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlener Angriffskrieg, der zunächst auf das gesamte Staatsgebiet der Ukraine zielte und den seit 2014 schwelenden Russisch-Ukrainischen Krieg eskalieren ließ. Bereits ab April 2021 wurden Konzentrationen russischer Truppen in den Grenzregionen zur Ukraine beobachtet.

    Am 21. Februar 2022 erkannte Russland die Unabhängigkeit der unter russischem Einfluss stehenden „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk an. Die angebliche Bedrohung durch die Ukraine diente als Vorwand für den Großangriff auf die übrige Ukraine; dieser begann am frühen Morgen des 24. Februar gleichzeitig von Süden, Osten und Norden.

    Im Februar und März 2022 abgehaltene Friedens- und Waffenstillstandsverhandlungen scheiterten. Das ursprüngliche Kriegsziel Russlands, die rasche Eroberung Kiews und der Sturz der ukrainischen Regierung, wurde Ende März aufgegeben. Russland konzentrierte sich auf eine Offensive im Osten des Landes,