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Kommentar
Im Westen nichts Neues: Der Umgang westlicher Staaten mit der Terrororganisation PKK

Am 13. März 2016 bringen Extremisten der Terrororganisation PKK an einer Bushaltestelle in Ankara ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug zur Explosion

(Foto: screenshot)
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Ein Gastkommentar von Kemal Bölge

Es ist ein Sonntag am 13. März 2016, als an einer Bushaltestelle am Güvenpark in Ankara Extremisten der Terrororganisation PKK ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug zur Explosion bringen. Manche der bei Detonation getöteten oder verletzten Menschen kommen gerade von der Arbeit, andere vom Nachhilfeunterricht und wiederum andere vom Kinobesuch, als das Fahrzeug in die Luft gesprengt wird und 36 Menschen in den Tod mitreißt und 349 verletzt werden. Gestern war der 7. Jahrestag dieses feigen Terroranschlags, der nur das Ziel hatte, unschuldige Zivilisten zu töten.

Zu der Tat hatte sich eine Splitterorganisation der PKK bekannt. Die Täter dieses Anschlags wurden festgenommen, vor Gericht gestellt und zu lebenslanger Haft verurteilt, aber noch immer scheint es „Abgeordnete“ im türkischen Parlament zu geben, die den Urheber des Terrors, die Terrororganisation PKK, bei ihrem Beileidstweet im Andenken an die Opfer nicht erwähnen. Es geht um den Tweet des Abgeordneten Veli Ağbaba von der Republikanischen Volkspartei (CHP). Aber in einem anderen Tweet aus dem Jahre 2021 hat Ağbaba die Extremistenorganisation PKK als Verantwortlicher des blutigen Bombenanschlags erwähnt.

Verbot der PKK nur auf dem Papier

Aber auch sonst gibt es im wahrsten Sinne des Wortes im Westen nichts Neues. Die PKK wird in den EU-Staaten und den USA als Terrororganisation eingestuft und ist offiziell verboten, aber das Verbot existiert nur auf dem Papier, denn Sympathisanten, Medien, Hilfsorganisationen und etliche Vereine, denen von den Sicherheitsbehörden und vom Verfassungsschutz Verbindungen zur PKK nachgesagt wird, können ungehindert hierzulande agieren. Im Kampf gegen den PKK-Terrorismus wird die Türkei im Stich gelassen, denn die angeblichen NATO-Verbündeten unterstützen die PKK und ihren syrischen Ableger, die YPG.

Investigativ-Journalist Uğur Mumcu hatte die Verbindungen der USA zur PKK aufgedeckt

Obwohl selbst der frühere US-Verteidigungsminister Ash Carter in einer Anhörung im US-Kongress die Verbindungen der PKK zur YPG bestätigt hatte. Damit der Schwindel mit der YPG nicht so ins Auge fällt, hatten PR-Strategen im Pentagon die Idee, diese in „Syrian Democratic Forces“ („Demokratische Kräfte Syriens“) umzubenennen, was sie auch dann taten. Nach dem Sturz Saddam Husseins im Irak und dem Bürgerkrieg in Syrien entstand ein Machtvakuum, das sich extremistische Organisationen zu Nutze machten. Um Syriens Machthaber Assad zu stürzen, bildete die CIA und andere arabische Staaten terroristische Gruppierungen aus, einschließlich Waffen und Munition.

Die Vereinigten Staaten hatten die PKK bereits nach dem ersten Golfkrieg mit Waffen unterstützt. Der Investigativ-Journalist Uğur Mumcu hatte die Machenschaften der Amerikaner mit der PKK aufgedeckt. Seine journalistische Neugier wurde Mumcu zum Verhängnis, denn bei einem Autobombenanschlag kam dieser 1993 ums Leben.

US-Luftwaffe hätte die Fahrzeugkolonnen von Daesh/IS angreifen können

Um einen PKK/YPG-Staat in Syrien aufzubauen, benutzten die Planer in Washington eine andere Terrororganisation im Nahen Osten: Daesh/IS. Ex-US-Präsident Donald Trump hatte einmal erklärt, Daesh/IS sei von den Vereinigten Staaten aufgebaut worden. Ob das stimmt, lässt sich schwer beweisen, aber dieser Terrorgruppe gelang es innerhalb kürzester Zeit große Teile des Nordirak und Nordsyriens unter Kontrolle zu bringen. Wenn die US-Regierung der amerikanischen Luftwaffe den Befehl erteilt hätte, die Fahrzeugkolonnen der Daesh/IS-Terroristen anzugreifen, wäre das ohne Schwierigkeiten über die Stützpunkte in der Region möglich gewesen. Man ließ die Extremisten gewähren, die vor der Weltöffentlichkeit Exekutionen von Geiseln durchführten und Millionen von Fernsehzuschauern in aller Welt wurden Zeugen dieser Grausamkeiten. Jetzt kam die PKK/YPG zum Zug.

Hollywood-Drehbuch mit „Happy End“

Die Macher in Hollywood assistierten beim Drehbuch und ein Happy End war minutiös einstudiert. Die Extremisten der PKK/YPG „kämpften“ gegen das Böse, und das waren nun einmal die Terroristen von Daesh/IS. Die Türkei wurde mit dem Slogan „Kampf gegen den IS“ auf Distanz gehalten und eine internationale Koalition gegen diese Terrororganisation ins Leben gerufen.

Türkische Armee kämpfte alleine gegen Daesh/IS

Im August 2016 startete die türkische Armee eine Militäroffensive gegen Daesh/IS in Syrien, bei dem mehrere Tausend Kämpfer des IS getötet wurden. Es war die bis dahin größte und effektivste Operation einer Armee gegen die Daesh-Terroristen. Vor Beginn des türkischen Vorstoßes hatte die türkische Regierung die USA und andere „Verbündete“ aufgerufen, gemeinsam gegen die IS-Extremisten vorzugehen, was von diesen abgelehnt wurde. Schon mehrfach haben die türkischen Streitkräfte Operationen gegen die PKK/YPG und Daesh/IS durchgeführt, aber wie auf Knopfdruck erklärte der wissenschaftliche Dienst des Bundestags die Offensive der türkischen Armee in Syrien „verstoße gegen das Völkerrecht“, aber wenn die US-Armee in Syrien Einheiten und Stützpunkte unterhält, schweigt sich der wissenschaftliche Dienst aus und dann gilt das amerikanische Völkerrecht.

Rund 30 Prozent syrischen Territoriums werden von der PKK/YPG besetzt gehalten, einschließlich der größten Öl- und Gasfelder sowie fruchtbarem Land und Wasserreserven. Allerdings hat in dieser Frage der wissenschaftliche Dienst anscheinend keine Meinung und hat dazu auch nichts verlautbart. Die Vereinigten Staaten liefern seit Jahren der PKK/YPG Waffen, bilden die Terroristen aus und unterstützen die Extremisten mit Geld vom US-Haushalt. Wenn die PKK als Terrororganisation eingestuft ist, warum werden dann mit US-Steuermitteln diese Terroristen unterstützt? Die Antwort ist immer die gleiche: „Wir betrachten die SDF nicht als Terrororganisation.“ So läuft das Schmierentheater seit Jahren.


Kemal Bölge, studierter Politologe und Historiker. Ressortleiter Balkan bei der Forschungseinrichtung für Mezalim. Er schreibt zudem als freier Autor für verschiedene Online-Publikationen. Seine Schwerpunkte sind die Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere die Beziehungen EU-Türkei, die zukünftige Struktur der NATO und die Außen- und Sicherheitspolitik der Türkei.