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Kommentar: Erdogan hat eine ganze Generation geprägt

Erdogan hat die Kriegsparteien wieder an den Verhandlungstisch gerufen, ist aber intelligent genug um die Interessen der Türkei in diesem Sinne stets im Blick zu haben.

(Archivfoto: AA)
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Ein Gastkommentar von Nabi Yücel

In der Politik ist kein Platz für Emotionen und Sympathien. Erdogan hat wieder die Kriegsparteien an den Verhandlungstisch gerufen, ist aber intelligent genug, um die Interessen der Türkei in diesem Sinne stets im Blick zu haben.

Deshalb setzt er sich gekonnt in Szene, um Russland und die Ukraine an den Tisch zu lenken. Dabei spricht Erdogan keineswegs nach dem Mund Putins oder biedert sich dem an, sondern spricht über Russland als mächtiges Land und will damit sagen, dass Russland nicht besiegt werden kann, wie es Europa oder die USA sich insgeheim wünschen bzw. herbeireden wollen.

Eine Atommacht kann nicht besiegt werden, erst recht wenn ein Mann an der Macht ist, der die Interessen des Landes wahren will und dabei einen Krieg in Kauf genommen hat, diesen auch fortzusetzen imstande ist. Während die vom Westen geopferte Ukraine alles gibt und kämpft, verhandeln Russland und die USA im Hintergrund unentwegt über die Zukunft dieses Landes.

Eines der Probleme war von vornherein, dass die Sanktionen gegen Russland nicht von allen getragen wurden und dass die meisten den Krieg inmitten des Corona und Wirtschaftskrise als Einnahmequelle betrachteten. So verschiffen 55 Prozent des russischen Öls griechische Reeder, ohne dass die EU oder die USA hier eingreifen.

Gleiches gilt für Türkei, aber in einem anderen Sinne. Die USA und die EU haben viele Male versucht, Erdogan loszuwerden. Die Unruhen, der Putschversuch, die wirtschaftlichen Angriffe, die ununterbrochene Propaganda gegen ihn, die Unterstützung der Opposition und der Staatsfeinde usw., sind das Gegenteil dessen, was der griechische Premierminister Mitsotakis gerade erfährt, obwohl Öltanker unter seiner Flagge russisches Öl verschiffen und Russland damit indirekt helfen.

Erdogan ist erfolgreich, weil er kein durchschnittlicher Politiker ist. Ein durchschnittlicher Staatschef wäre grandios gescheitert bzw. längst vom Bild verschwunden. Emotionen oder Sympathien, alles mal beiseite, der Mann ist nach Atatürk einer der wenigen der jüngeren türkischen Geschichte, der unvergessen bleiben wird. Er hat eine gesamte Generation geprägt.


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar

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