Start Politik Ausland Xanthi/İskeçe Griechenland: Morddrohung gegen türkisch-muslimischen Abgeordneten

Xanthi/İskeçe
Griechenland: Morddrohung gegen türkisch-muslimischen Abgeordneten

Der Parlamentsabgeordnete der linksgerichteten oppositionellen griechischen Syriza-Partei, Hüseyin Zeybek, ist während einer live ausgestrahlten Fernsehsendung von einem telefonisch zugeschalteten Zuschauer mit dem Tode bedroht worden.

Abgeordneter der oppositionellen Syriza-Partei, Hüseyin Zeybek.
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von Kemal Bölge

Der Parlamentsabgeordnete der linksgerichteten oppositionellen griechischen Syriza-Partei, Hüseyin Zeybek, ist während einer live ausgestrahlten Fernsehsendung von einem telefonisch zugeschalteten Zuschauer mit dem Tode bedroht worden.

Der Eklat ereignete sich am 12. September 2022 beim regionalen griechischen TV-Sender „Next TV“ in Xanthi/İskeçe. Der Zuschauer beschuldigte den Abgeordneten Zeybek „ein Spion der Türken“ zu sein. Sollte es zu einem „Krieg zwischen Griechenland und der Türkei kommen, werde er ihn umbringen.“

TV-Moderator ergriff Partei zugunsten des Zuschauers

Hüseyin Zeybek selbst erklärte nach dem Vorfall:

„Am 12. September 2022 war ich in der um 13 Uhr live ausgestrahlten Sendung „Anihti grami“ von Panos Papadopoulos auf Next TV, bei dem ein Zuschauer zu Wort kam, mich beschimpfte sowie Hass und Todesdrohungen gegen mich aussprach. Der Moderator und Eigentümer des Fernsehsenders hat, statt die Aussagen des Bürgers zu verurteilen, die Unterhaltung mit diesem fortgesetzt und dessen Aussagen sogar unterstützt. Vom ersten Moment an, als ich in der Politik begann, erhielt ich Drohungen und bin zur Zielscheibe gewisser Kreise auserkoren worden. Solche Aktionen haben mich nie beunruhigt oder verängstigt und von der Minderheiten-Leitlinie, die nach ihren Rechten strebt, abbringen können.“

Hüseyin Zeybek: Die Aufgabe der Medien ist es, die Demokratie zu verteidigen

Allerdings, so Zeybek, seien alle Grenzen überschritten, wenn man immer nur Zielscheibe und während einer Live-Sendung Todesdrohungen erhalte. Bei einem solchen Vorfall müssten auch die Medien mit der Toleranz aufhören, denn, so der Syriza-Abgeordnete, die eigentliche Aufgabe der Medien sei es, die Demokratie zu verteidigen und nicht Hass und Hetze.

Nach der Todesdrohung in der Fernsehsendung erstattete der Oppositionspolitiker des Wahlkreises Xanthi/İskeçe Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft und der Polizei der nordostgriechischen Stadt.

Beirat der Türkischen Minderheit in Westthrakien verurteilt Morddrohung gegen Oppositionspolitiker Zeybek

Der Beirat der türkischen Minderheit in Westthrakien (BTTADK) verurteilte in einer Erklärung die Morddrohung gegen den Abgeordneten der türkisch-muslimischen Minderheit der SYRIZA-Partei, Hüseyin Zeybek.

In einer Pressemitteilung betonte die Nichtregierungsorganisation, dass die türkische Minderheit in Westthrakien seit langen einer vielschichtigen Unterdrückungspolitik ausgesetzt sei.

Als Vorstand verurteile man diesen Angriff auf alle Angehörigen der Minderheit in der Person von Herrn Zeybek aufs Schärfste und die zivilgesellschaftliche Institution forderte die Staatsanwaltschaft in Xanthi/İskeçe dazu auf, ihre Pflicht zu erfüllen.

Abgeordneter der Regierungspartei Nea Demokratia (Neue Demokratie) stellt Zeybek an den Pranger

Wie die griechische Zeitung Ta Nea berichtet, hat der Abgeordnete der regierenden ND (Nea Demokratia), Tasos Hadjivassiliou, den Syriza-Parlamentsabgeordneten Hüseyin Zeybek für ein Interview kritisiert, den dieser gegenüber einem türkischen Fernsehsender gegeben haben soll.

Über Twitter gibt Hadjivassiliou zunächst Zeybeks Aussage im Fernsehinterview wieder: „Wir werden weiterhin die Rechte der türkischen Minderheit verteidigen.“ Dann fragt Hadjivassiliou: „Schließlich, warum tolerieren die Oppositionsparteien solche inakzeptablen Positionen ihres Abgeordneten?“

Verzerrte Wiedergabe des Interviews

Hier wird der Inhalt des Fernsehinterviews von Hüseyin Zeybek verzerrt wiedergegeben, weil in dem Interview die Morddrohung gegen den Abgeordneten aus Xanthi/İskeçe behandelt wird und ganz zum Schluss sagt Zeybek, dass „er sich weiterhin für die Rechte des türkischen Volkes in Westthrakien einsetzen wird.“

Zeybek sagt in dem Interview auch, dass in einem Land, das sich als die „Wiege der Demokratie“ betrachtet, er wegen seiner Meinung und seiner türkischen Herkunft Hassbotschaften und Morddrohungen erhalte.

Griechenland leugnet Ethnizität der türkischen Minderheit in Westthrakien

Die Aussage von Zeybek klingt für griechische Nationalisten wie eine Provokation, denn nach offizieller Lesart gibt es in Griechenland keine Türken, sondern nur „muslimische Griechen“ und wer wie der mutige Abgeordnete die Wahrheit ausspricht, riskiert seine politische Karriere.

Griechenland behauptet, in dem Lausanner Vertrag sei von Türken nicht die Rede, also könne es folglich auch keine Türken in Griechenland geben.

Erstens ist dieses Argument falsch, weil in den Lausanner Protokollen sehr wohl von einer türkischen Bevölkerung die Rede ist und zweitens ist die Identität eines Menschen Schicksal, das nicht von einem Staat aufoktroyiert werden kann.

Im Nordosten Griechenlands in Westthrakien, gab es in der Vergangenheit Schulschilder in türkischer Sprache („Türk İlkokulu“) und griechischer Sprache, die später von den Behörden entfernt wurden. Griechenland hat Vereine verboten, die in ihrem Namen den Begriff „Türkisch“ geführt haben.

Urteile des EGMR seit 14 Jahren nicht umgesetzt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat diesbezüglich Athen 2008 in mehreren Verfahren rechtskräftig verurteilt und Griechenland weigert sich seit 14 Jahren, die Urteile des höchsten europäischen Gerichts umzusetzen.

Selbst die höchsten griechischen Gerichte setzen sich über europäisches Recht hinweg. So viel zur Demokratie und Meinungsfreiheit in Griechenland. Statt einen demokratisch frei gewählten Abgeordneten der Syriza-Partei an den Pranger zu stellen, sollte die regierende ND-Partei und andere Parteien die Morddrohung gegen Zeybek verurteilen und die Staatsanwaltschaft in Xanthi/İskeçe ein Strafverfahren gegen den mutmaßlichen Rassisten eröffnen.