Start Politik Ausland Bergkarabach-Konflikt Bergkarabach: Hauptfaktoren, die die Friedenskonsolidierung nach dem Konflikt untergraben

Bergkarabach-Konflikt
Bergkarabach: Hauptfaktoren, die die Friedenskonsolidierung nach dem Konflikt untergraben

Der zweite Karabach-Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan veränderte den Status quo in einem langwierigen, jahrzehntelangen Konflikt. Als Ergebnis der militärischen Operationen befreite die aserbaidschanische Armee mehrere Bezirke und Dörfer, darunter auch die kulturelle Hauptstadt Aserbaidschans, die Stadt Schuscha.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyew und der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan bei einem Treffen in Moskau im Januar 2021. (Foto: Azertac)
Teilen

Ein Gastbeitrag von Dr. Gurban Alakbarov

Der zweite Karabach-Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan veränderte den Status quo in einem langwierigen, jahrzehntelangen Konflikt. Als Ergebnis der militärischen Operationen befreite die aserbaidschanische Armee mehrere Bezirke und Dörfer, darunter auch die kulturelle Hauptstadt Aserbaidschans, die Stadt Schuscha.

Am 9. November 2020 schlossen Moskau, Baku und Eriwan ein trilaterales Abkommen, in dem sich Armenien verpflichtete, den verbleibenden Teil seiner Truppen aus dem Gebiet Aserbaidschans abzuziehen. Die russischen Friedenstruppen wurden auf einem kleinen, von Armeniern dicht besiedelten Gebiet von 3.000 Quadratkilometern stationiert. Der Rest der armenisch besetzten Gebiete kehrte unter die volle Kontrolle Aserbaidschans zurück.

Ein 5 Kilometer breiter Korridor führt durch das  aserbaidschanische Territorium, um die humanitären Beziehungen zwischen Armenien und der armenischen Bevölkerung in Karabach aufrechtzuerhalten. Baku garantiert die Sicherheit des Korridors, und es gibt auch russische Militärkontrollpunkte entlang der Passage. Außerdem einigten sich die Parteien darauf, alle Kommunikationswege in der Region freizugeben.

Die armenisch-türkische und armenisch-aserbaidschanische Grenze wird geöffnet, was den Interessen der gesamten Region und Deutschlands als Partner Armeniens und Aserbaidschans entgegenkommt. Als Folge des zweiten Karabach-Krieges vereinbarten die Parteien gemäß Punkt 8 der trilateralen Erklärung, die von den Präsidenten Aserbaidschans und Russlands sowie dem Ministerpräsidenten Armeniens am 10. November 2020 unterzeichnet wurde, den Austausch von Kriegsgefangene, Geiseln und anderen Gefangenen. 5

Die Umsetzung der Verpflichtung begann Anfang Dezember 2020. Am 4. Dezember reichten die Parteien eine Liste der Gefangenen beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ein. Im Dezember und Januar fand der Austauschprozess mehrmals statt, und nach den letzten Informationen übergab die aserbaidschanische Seite 69 Kriegsgefangene an Armenien und die armenische Seite 15 Gefangene und Geiseln nach dem Prinzip „alle gegen alle“. Aserbaidschan hat offiziell angekündigt, dass die Rückgabe aller armenischen Kriegsgefangenen damit abgeschlossen sei.

Trotz des Abkommens vom 9. November verlegte Armenien Anfang Dezember 2020 eine neue Gruppe von Soldaten nach Karabach und nutzte dabei den humanitären Korridor. Diese Gruppe versuchte, im Rücken der aserbaidschanischen Armee Fuß zu fassen. Dabei wurden vier aserbaidschanische Soldaten getötet, zwei weitere Personen wurden schwer verwundet, darunter ein Zivilist – ein Ingenieur, der gerade eine Mobilfunkverbindung herstellte. Daraufhin führte Aserbaidschan eine Anti-Terror-Operation in dem Gebiet durch.

Selbst Armeniens Verbündeter Russland gab durch seinen Außenminister Lawrow zu, dass Armenien unrechtmäßig Kämpfer nach Karabach verlegt und damit das Abkommen vom 9. November verletzt hat. Mit Kämpfern sind die 62 bewaffneten armenischen Männer aus der Region Schirak Armeniens gemeint. Aserbaidschan betrachtet diese Soldaten nicht als Kriegsgefangenen, sondern als Saboteure, die nach dem Ende der Feindseligkeiten auf dem Territorium Aserbaidschans bewusst Verbrechen begangen haben. Es kann keine Kriegsgefangenen geben, wenn es keine militärischen Operationen gibt, sie sind Kriminelle, aber keine Kriegsgefangenen.

Außerdem besagt Artikel 49 des Zusatzprotokolls I (1977) zu den Genfer Konventionen, dass solche Saboteure nicht das Recht haben, den Status eines „Kriegsgefangenen“ zu erhalten.
Die armenische Seite, die eine Politik der Manipulation der Gefangenen verfolgt, will eine voreingenommene Meinung über Aserbaidschan schaffen, was ein ernsthaftes Hindernis für den Friedensprozess ist. Wenn wir einen wirklichen Frieden in Berg-Karabach sehen wollen, muss Armenien davon absehen, den Friedensprozess mit der Frage der Kriegsgefangenen zu manipulieren.

Armeniens Weigerung, Landminenkarten zu übergeben, verhindert die Minenräumung in der Karabach-Region Aserbaidschans

Seit dem 9. November ist die Region Karabach zwar stabilisiert, aber der Frieden ist immer noch sehr fragil. Armenien hat in großem Umfang Landminen und Panzerabwehrminen eingesetzt, um massive menschliche Verluste unter aserbaidschanischen Zivilisten und Militärs zu verursachen. Dies führte zu einer humanitären Katastrophe in der vom Krieg betroffenen Region und blockiert den Zugang für humanitäre und Wiederaufbauaktivitäten.

Aserbaidschans Gebiet wurde während der fast 30-jährigen Besetzung durch Armenien seit Anfang der 1990er Jahre stark vermint. Kurz nach dem Krieg begannen die aserbaidschanischen Behörden mit groß angelegten Minenräumungsaktionen in der Karabach-Region. Regierungsvertreter und Unternehmen aus vielen Ländern, darunter die Türkei, Großbritannien, die Vereinigten Staaten und Pakistan, haben bereits ihre Absicht bekundet, Aserbaidschan in dieser Angelegenheit zu unterstützen. Um Landminen aus seinen Gebieten zu entfernen, brachte Aserbaidschan hochmoderne Minenräumungsmaschinen mit, wie z.B. die MEMATT aus türkischer Produktion und die AARDVARK aus britischer Produktion.

Die Minenräumung in den befreiten Gebieten stößt auf große Schwierigkeiten, weil Armenien sich weigert, die Karten der mit Minen verseuchten Gebiete vorzulegen.
Seit der Unterzeichnung der trilateralen Erklärung durch die Staats- und Regierungsoberhäupter Aserbaidschans, Armeniens und Russlands am 10. November 2020 wurden 22 Bürger Aserbaidschans, darunter 14 Zivilisten, infolge von Minenexplosionen in den kürzlich befreiten Gebieten getötet. 85 Bürger, darunter 16 Zivilisten, wurden schwer verletzt, darunter auch die Mitarbeiter der Aserbaidschanischen Nationalen Agentur für Minenbekämpfung (ANAMA), die versuchten, andere zu schützen. Armenische Panzerabwehrminen töteten alle Besucher im Auto während der Fahrt in der Nähe der Ruinen ihres Dorfes.

Armenien weigert sich, diese Krise auf diplomatischem Wege zu lösen. Seit Monaten verweist Präsident Alijew auf die Weigerung Armeniens, die Karten herauszugeben, obwohl die armenische Regierung nach dem humanitären Völkerrecht verpflichtet ist, die Informationen offenzulegen. Aserbaidschan hat seine Bedenken auch bei den Vereinten Nationen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vorgebracht. In einem Brief an den UN-Generalsekretär vom 24. Februar erklärte der aserbaidschanische Außenminister Jeyhun Bayramov, dass das Ausbleiben einer Antwort Armeniens „die Aufrichtigkeit dieses Landes für eine Normalisierung der Beziehungen zu Aserbaidschan ernsthaft in Frage stellt.“

Obwohl das oberirdische Arsenal der Besatzer in 44 Tagen zerstört wurde, ist das unterirdische Arsenal noch vorhanden. Die Minen wurden in den befreiten Gebieten entlang von Stromleitungen, Straßenrändern, Dorf- und Stadtwegen, Flussufern und anderen Stellen vergraben. Es ist notwendig, die Zusammenarbeit zwischen der Regierung,

Nichtregierungsorganisationen und internationalen Organisationen zu verstärken, um die Bedrohung durch Landminen zu verhindern. Es ist wichtig, Reisen von einheimischen und ausländischen Journalisten in die befreiten Gebiete zu organisieren, um Menschen davon abzuhalten, die verminten Gebiete zu besuchen. Internationale Organisationen sollten Druck auf Armenien ausüben, damit es endlich die Karte der verminten Gebiete zur Verfügung stellt.


Dieser Gastbeitrag gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


Auch interessant

– NEX24 Interview –
Französischer Historiker: „Die Verbrechen der armenischen Milizen sind in Vergessenheit geraten“

Bénard: An einem Winterabend saß ich mit türkischen Freunden in einer Kneipe, wo wir uns gewöhnlich einmal die Woche treffen, um Karten zu spielen. Die Nachrichten liefen im Fernseher. Als erste Schlagzeile verkündete der Journalist, dass Präsident Chirac und sein erster Minister Lionel Jospin am 29.1.2001 ein Dekret verabschiedet haben, in dem stand, dass Frankreich den Völkermord an den Armeniern anerkannte.

Die Ankündigung ließ meine Freunde verstummen. Nach einer langen Zeit des Schweigens fingen sie an zu erzählen. Ich hörte zu, ohne mich an den Gesprächen zu beteiligen. Sie kamen aus einer kleinen Stadt namens Bayburt, in der Osttürkei. 1915 nahmen Armenier die jungen und alten türkischen Bewohner der Stadt gefangen und sperrten sie in drei Scheunen auf dem Stadthügel unterhalb der Festung ein. Sie stecken die erste, dann die zweite an. Zum Glück für die dritte Scheune kam die türkische Armee rechtzeitig und vertrieb die Mörder. Die türkischen Soldaten befreiten die Gefangenen. Aber leider wurden Hunderte bei lebendigem Leib verbrannt.

Wie alle Franzosen war ich überzeugt, dass gegen die Armenier ein Völkermord begangen worden war, und dass sie in diesem Konflikt nur Opfer gewesen waren und auf gar keinen Fall Täter. Ich kannte meine Freunde seit langem und konnte nicht an deren Worten zweifeln. So fasste ich meinen Entschluss und begann über die türkisch-armenischen Ereignisse von 1915 zu recherchieren.

Französischer Historiker: „Die Verbrechen der armenischen Milizen sind in Vergessenheit geraten“