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Kommentar: Das Türkei-Libyen-Abkommen mischt die Karten im Mittelmeer neu

Israel, Griechenland, Zypern und Italien können ihre geplante Gaspipeline nach Europa nicht ohne die Zustimmung der Türkei realisieren. Denn das neue Abkommen mit Libyen bestimmt und erweitert die ausschließliche Wirtschaftszone der Türkei zu Ungunsten Griechenlands, wo die geplante "EastMed Pipeline" unter dem Wasser verlaufen sollte.

Ministerpräsident der libyschen Übergangsregierung Government of National Accord und das Staatsoberhaupt Libyens., Fayiz as-Sarradsch und der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (r.).
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Ein Gastbeitrag von Murat Hatake

Israel, Griechenland, Zypern und Italien können ihre geplante Gaspipeline nach Europa nicht ohne die Zustimmung der Türkei realisieren. Denn das neue Abkommen mit Libyen bestimmt und erweitert die ausschließliche Wirtschaftszone der Türkei zu Ungunsten Griechenlands, wo die geplante „EastMed Pipeline“ unter dem Wasser verlaufen sollte.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan betont mit Nachdruck, dass eine Verletzung der türkischen Souveränität innerhalb der eigenen ausschließlichen Wirtschaftszone durch Drittländer, Konsequenzen nach sich ziehen werde. Die Warnung nehmen alle Beteiligten Ernst, denn erst vor zwei Wochen wurde ein israelisches Bohrschiff, das unmittelbar an der Zyperngrenze Gasarbeiten vornehmen wollte, von der türkischen Marine zurück gedrängt.

Große Gasvorkommen mit der Bezeichnung „Leviathan“ liegen unmittelbar an der israelischen Meeresküste und diese wollte Israel über Griechenland nach Europa liefern und somit die Türkei sicherheitspolitisch umgehen. Auch der griechische Teil Zyperns wollte diese Route für sich wählen, da 2011 Forscher Gasvorkommen im Mittelmeer entdeckt haben sollen, die die Türkei 570 Jahre mit Energie versorgen könnte und Europa für 30 Jahre.

Jedoch hat das Türkei-Libyen-Abkommen alle Karten im Mittelmeer neu gemischt und Israel sowie Zypern vom europäischen Raum isoliert. Ohne die Zustimmung der Türkei kann also keine Pipeline in die EU verlegt werden. Die Türkei bot Israel an, die Pipeline über die Türkei nach Europa zu verlegen. Dadurch würde die Türkei energiepolitisch noch mehr an Bedeutung gewinnen und somit zu einem Energiehub zwischen Nahost – Asien – Mittelost und Europa werden.

Indessen hat Griechenland den libyschen Botschafter ausgewiesen und der Türkei gedroht und Europa um Hilfe gebeten.

Zusammenfassend: Die Türkei führt eine nationale geostrategische Interessenspolitik im Nahen Osten und stärkt ihre Militärpräsenz in Syrien, Irak, Libyen und im Mittelmeer. Europa scheint dagegen machtlos zu sein und auch die Anrainerstaaten kommen gegen die Regionalmacht Türkei nicht an. Die USA als Hegemonialmacht droht der Türkei mit Wirtschaftsembargos und Sanktionen auf Rüstungsgüter. Die Türkei gibt sich unbeeindruckt und droht ebenfalls mit der Schließung von Natomilitärbasen wie Incirlik und Kürecik.

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