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Umfrage
Burnout und Depressionen bei Ärzten weit verbreitet

Jeder vierte Arzt in Deutschland hat Depressionen, jeder fünfte eine Kombination aus Burnout und Depression. Im internationalen Vergleich geht es Medizinern bezüglich Burnout hierzulande noch gut - bei Depressionen liegen sie an der Spitze.

(Symbolfoto: pixa)
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Neue Medscape-Umfrage zeigt: Jeder vierte Arzt in Deutschland hat Depressionen, jeder fünfte eine Kombination aus Burnout und Depression. Im internationalen Vergleich geht es Medizinern bezüglich Burnout hierzulande noch gut – bei Depressionen liegen sie an der Spitze.

Fast jeder zweite Arzt in Deutschland berichtet von Gefühlen körperlicher, emotionaler und mentaler Erschöpfung. Dies ergab die Umfrage „Burnout und Depressionen bei Ärzten in Deutschland“ von Medscape, einem führenden Informationsportal für Ärzte und andere Gesundheitsberufe.

Psychische Probleme wie Burnout oder Depressionen sind unter deutschen Ärzten weit verbreitet: 24 Prozent der Ärzte geben in der Umfrage an, dass sie unter Depressionen und depressiven Verstimmungen leiden. 9 Prozent bezeichnen ihre Symptome als eine Kombination aus Burnout und Depression. 12 Prozent sprechen nur von Burnout. Nur 56 Prozent sagen, dass sie keine dieser Erkrankungen haben oder deren Symptome an sich wahrnehmen.

Die Ursachen sehen die Ärzte vor allem in ihrem Job. Jeder Zweite mit einer Depression gibt an, dass sein Berufsalltag zu seinen Symptomen beiträgt. Wer im Krankenhaus arbeitet, nennt diesen Grund etwas häufiger als niedergelassene Ärzte.

Das sind die Faktoren, die krank machen

Ärzte in Deutschland, die unter einem Burnout leiden, empfinden vor allem die Verwaltungsaufgaben (52 Prozent) als große Belastung. Zu viele Arbeitsstunden (50 Prozent), mangelnde Anerkennung im sozialen Umfeld (36 Prozent), die zu starke Gewinnorientierung (32 Prozent), die unzureichende Vergütung (26 Prozent), staatliche Regulierungen (18 Prozent) oder die zunehmende Computerisierung (18 Prozent) sind weitere wichtige Faktoren. Die Symptome eines Burnouts dauern bei 60 Prozent seit mehr als einem Jahr an. Die Mehrheit beschreibt sie als „mittlere Intensität“.

Auch wenn Ärzte sich nicht scheuen, von einer Depression zu sprechen – so stufen sie ihr Leiden doch als nicht so dramatisch ein: Dreiviertel der Befragten, die angeben, dass sie unter einer Depression leiden, bezeichnen die Symptome als eher leicht. Sie fühlen sich traurig oder „down“, was als depressive Verstimmung definiert wird. In den Kommentaren äußern die Teilnehmer häufig, dass sie „gereizt sind, schlecht schlafen, sich erschöpft fühlen und zurückziehen. Freunde und Familie werden vernachlässigt.“ Die gute Nachricht: Nur 6 von 100 Ärzten würden von ihren psychischen Problemen als schwere Form, also einer „klinisch manifesten“ Depression sprechen.

Wie sehr leiden die Patienten unter überlasteten Ärzten?

41 Prozent der Ärzte mit einer Depression gehen selbst davon aus, dass sich ihre persönlichen Probleme nicht auf das Verhältnis zu ihren Patienten auswirken. Aber gleichzeitig sagen 37 Prozent, dass sie genervt sind, 25 Prozent bezeichnen sich als manchmal unfreundlich. Die Umfrage macht auch deutlich: Am häufigsten lassen Ärzte Ihre Unzufriedenheit an ihren Mitarbeitern aus.

Medscape fragte seine registrierten Ärzte, welche Symptome eines Burnouts oder einer Depression sie haben. Dazu zählen zum Beispiel auch Frustration und Zynismus im Job, sowie Zweifel an der eigenen Kompetenz und Qualität der Arbeit. 615 Leser haben den ausführlichen Fragebogen der Umfrage (nicht repräsentativ) beantwortet. Der Report zeigt auch auf, wo sich Ärzte Hilfe holen und was sie selbst unternehmen, um einen gesunden Ausgleich zum Stress im Job zu schaffen. So ist ein differenziertes Bild über die Ursachen und unterschiedlichen Formen der Überlastung im Arztberuf entstanden.

Deutschen Ärzten geht es noch vergleichsweise gut

Dass die Probleme über die Grenzen hinweg gravierend sind und Mediziner auch in anderen Ländern an ihre Belastungsgrenzen stoßen, dokumentiert der internationale Burnout-Report „Global Physicians‘ Burnout and Lifestyle Comparisons“ von Medscape. Außer in Deutschland wurde die gleiche Umfrage auch in fünf weiteren Ländern – Frankreich, Portugal, Spanien, USA und Großbritannien – durchgeführt.

Insgesamt haben 20.000 Ärzte daran teilgenommen. Demnach fühlt sich im internationalen Durchschnitt mehr als jeder dritte Arzt (37 Prozent) ausgebrannt oder leidet unter beidem: Burnout und Depression (1). Im Ländervergleich schneidet Deutschland bei Burnout (12 Prozent) oder Burnout plus Depressionen (21 Prozent) also noch vergleichsweise gut ab.

Ärzte aus Portugal und Spanien melden dabei noch deutlich höhere Burnout-Raten als ihre Kollegen in anderen Ländern (47 Prozent beziehungsweise 43 Prozent). In Großbritannien liegt die Rate bei 32 Prozent, in den USA bei 40 Prozent und in Frankreich bei 42 Prozent.

Dafür liegen die Deutschen im Ländervergleich bei Depressionen mit Abstand an der Spitze. Fast jeder vierte deutsche Arzt (24 Prozent) gibt an, depressiv zu sein. Im Vergleich zu den Kollegen aus Frankreich (6 Prozent), Vereinigtes Königreich und USA (4 Prozent), Portugal (3 Prozent) und Spanien (1 Prozent) liegen die Deutschen Mediziner hier weit vorne.

Wenige Ärzte suchen Hilfe

Die Mehrheit der deutschen Ärzte gab an, keine professionelle Hilfe bei Burnout und/oder Depressionen zu suchen (60 Prozent). Die Gründe: Die Erkrankung ist nicht schwer genug (46 Prozent), zu wenig Zeit durch die Arbeit (33 Prozent) oder die Einschätzung, die Situation auch ohne professionelle Hilfe bewältigen zu können (38 Prozent). Im Bereich der eigenen Lebensführung bleiben Ärzte hinter den Empfehlungen für ihre Patienten zurück. So treiben zum Beispiel in Deutschland nur die Hälfte der Ärzte mehrmals pro Woche Sport. Was kann langfristig am besten gegen Burnout helfen? Eine bessere Bezahlung, sagen immerhin 38 Prozent der Kollegen in dieser Umfrage.

Medscapes erster globaler Vergleichsbericht über Burnout und Depressionen bei Ärzten zeigt, dass viel zu viele Ärzte unter Burnout und Depressionen leiden, vor allem aufgrund übermäßiger Bürokratie“, sagt Veronique Duqueroy, Redaktionsmitglied von Medscape Global und Mitautorin des Berichts. „Viele Ärzte haben keine Unterstützung am Arbeitsplatz und manch einer denkt daran, die Medizin aufzugeben. Der Bericht zeigt daher deutlich, dass sich die Arbeitsbedingungen zum Wohle der Ärzte und ihrer Patienten global deutlich verbessern müssen.“