Start Politik Ausland Türkei Aufhebung der Immunität: : Mutmaßliches PKK-Sprachrohr Demirtaş droht mit Gegenparlament

Türkei
Aufhebung der Immunität: : Mutmaßliches PKK-Sprachrohr Demirtaş droht mit Gegenparlament

Nach dem Ja der Parlamentskommission zur Aufhebung der Immunität von 129 Abgeordneten will HDP-Sprecher Selahattin Demirtas ein „Volksparlament“ gründen. Wie gegen zahlreiche weitere Abgeordnete seiner Partei laufen auch gegen ihn Ermittlungen wegen des Verdachts der Unterstützung von Terrorismus.

(Foto: AA)
Teilen

Ankara (nex) – Mit den Stimmen aller Abgeordneten der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) sowie der Oppositionsparteien Republikanische Volkspartei (CHP) und Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) wurde am Montagabend von der Parlamentarischen Kommission der Großen Nationalversammlung einem Gesetzesentwurf zugestimmt, der die temporäre Aufhebung der parlamentarischen Immunität von insgesamt 129 Abgeordneten mittels eines Verfassungszusatzes ermöglichen soll.

Dies würde die Strafverfolgung von 43 Abgeordneten der CHP, 41 der HDP, 22 der AKP und sechs der MHP ermöglichen, gegen die derzeit in 506 Fällen auf Grund unterschiedlicher strafrechtlich relevanter Tatvorwürfe ermittelt wird. Die Zahl der Fälle könnte auf 550 steigen, da sich noch einige Dossiers beim Justizministerium oder in der Kanzlei des Premierministers in Bearbeitung befinden. Türkische Parlamentsabgeordnete genießen Immunität vor Strafverfolgung. Die Polizei kann jedoch Dossiers gegen Politiker anlegen, sobald ein Politiker aufhört, Mitglied des Parlaments zu sein.

Die Regierungspartei hatte den Gesetzesentwurf am 12. April beim Amt des Parlamentssprechers eingereicht, nachdem Premierminister Ahmet Davutoglu diese Vorgehensweise Mitte März angeregt hatte. 316 AKP-Abgeordnete hatten zuvor den Entwurf unterzeichnet. Die Endfassung des Entwurfes muss noch einmal zur Debatte und zur Abstimmung in die Generalversammlung eingebracht werden. Der stellvertretende AKP-Fraktionsvorsitzende Bülent Turan erklärte dazu: „Ich hoffe, die Entscheidung der Kommission kann bereits am 16. Mai in der Generalversammlung diskutiert werden. Ich erwarte, dass die zweite Runde der Abstimmung am späten Abend des 18. Mai über die Bühne gehen kann.“ Die Türkei, so heißt es in der Begründung zum Antrag, „führt derzeit ihren größten und umfassendsten Kampf gegen den Terror durch, während einige Abgeordnete in ihren Erklärungen vor und nach ihrer Wahl ihre Unterstützung für den Terror zum Ausdruck bringen.“ Einige hätten „eine De-facto-Unterstützung und Hilfe geleistet, andere Abgeordnete riefen zur Gewalt auf, was große Empörung in der Öffentlichkeit ausgelöst hat.“

Der Fraktionsvorsitzende der MHP, Oktay Vural, hatte sogar vorgeschlagen, die Immunität aller Abgeordneten mit Ausnahme der Mitglieder des Präsidiums aufzuheben. Hauptsächlicher Anlass der Motion war jedoch die Verherrlichung des Terrorismus der PKK durch Abgeordneten der „Demokratischen Partei der Völker“ (HDP), die vielfach als politischer Arm der terroristischen PKK betrachtet wird, und deren Abgeordnete beschuldigt werden, den Terror zu unterstützen. Im Dezember 2015 hatten zahlreiche Abgeordnete dieser Partei die „Autonomieerklärungen“ der PKK öffentlich gebilligt, die im Rahmen des „Kongresses für eine demokratische Gesellschaft“ (DTK) im Dezember 2015 abgegeben worden waren. Der stellvertretende Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, hat am Dienstag die Bildung eines Gegenparlaments angedroht, sollte die Immunität ihrer Abgeordneten aufgehoben werden.