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Ci-Nex Film Review
Filmkritik: Baskın – Karabasan

Erster türkischer Horrorfilm in US-Kinos. Ci-Nex Film Review by Julius - Grandmaster - Zunker

(Foto: screenshot)
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Durch die Nacht mit Can Evrenol – Baskin

Review von Julius Zunker

Düsseldorf (nex) – Noch während des Toronto Film Festivals unterschrieb Can Evrenol einen Vertrag mit der renommierten Künstleragentur William Morris Agency (WME). Kein Wunder, wurde doch sein bluttriefendes Spielfilm-Debüt „Baskin“ ebenfalls dort vom internationalen Horrorfilm-Verleiher IFC Midnight ins Programm genommen. IFC Midnight ist es zu verdanken, dass in den letzten Jahren hochkarätige Genrestreifen es, anstatt direkt auf DVD und Bluray fürs Heimkino zu enden, auch auf einige ausgewählte Leinwände von Programmkinos schafften. So wie nun auch „Baskin“. Grundlage für den düsteren Horrorthriller ist der gleichnamige und preisgekrönte Kurzfilm des jungen türkischen Filmemachers Evrenol.

Allgemein ist die Türkei weniger für Horrorfilme bekannt, ein Mitgrund, warum Evrenol in seinem ersten Feature-Film sehr frei aufspielen kann. Dabei hält er sich zwar an Konventionen des Genres und orientiert sich an Vorbildern wie dem italienischen Großmeister des Horror- und Giallofilms Dario Argento, Altmeister John Carpenter und Schreckensikone Clive Barker, weiß aber auch seine ganz eigene Bildsprache geschickt in diesem übernatürlichen Blick in die Finsternis unterzubringen.

Und finster geht es in „Baskin“ an jeder Ecke zu, denn die Friedhofsschicht einer Streife aus fünf Polizisten endet in einer grausamen schwarzen Messe. Zwar treten die das Kinoplakat zierende Schlüssel- und Schlosssymbolik erst sehr spät in Erscheinung – letzterer in Form eines antiken Türöffners, entnommen der aufgeschlitzten Kehle eines der Charaktere – und der tatsächliche Schlüssel zu der übernatürlichen Geschichte bleibt nicht übermäßig aufmerksamen Zuschauern eventuell völlig verborgen, aber der vibrant und hochwertig inszenierte Schocker bietet Genrefans alles, wonach es diesen dürstet.

(Foto: screenshot)
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Wie bei einigen seiner Vorbilder bleibt Evrenols Drehbuch auf der inhaltlichen Seite eher ein Leichtgewicht. Weite Teile von „Baskin“ sind eher ein Eintauchen und Aufstehen aus einer verschwommen Traumwelt, ähnlich der, die Dario Argento in vielen seiner Filme installiert, bis alles in einem elaborierten Horror- und Folterszenario in den Eingeweiden einer verlassenen Polizeistation endet, deren Fundamente wohl in die Zeiten des ottomanischen Imperiums zu verordnen sind.

Der ganze Alptraum beginnt in Form eines Prologes, in dem der junge Polizist Arda (Gorkem Kasal) als Kind seine erste Berührung mit einem immer wiederkehrenden Traum hat, der ihn bis ins Erwachsenenalter verfolgt. Von den erregten Lauten seiner Mutter aus dem Schlaf gerissen, irrt er wieder und wieder durch das Elternhaus, irgendwo zwischen Schlafen und Wachen. Allein aber ist er nicht, denn die blutige Hand eines unsichtbaren Wesens greift nach ihm.

Diese erste Traumsequenz wechselt abrupt in eine finstere Kaschemme, deren fleischliches Angebot von einer druidenhaften Gestalt in Kapuze geliefert wird. Hier sitzen Arda und seine Kollegen, darunter ihr Chef Remzi (Ergun Kuyucu), der zugleich Ardas Ziehvater seit dem Tod seiner Eltern ist, quatschen über Fußball und amouröse Eroberungen, bis der Heißsporn der Truppe, Yavuz (Muharrem Bayrak) mit dem Kellner einen Auseinandersetzung beginnt. Einem seiner Kollegen jedoch ist das Essen nicht bekommen, der schmutzige Laden wird verlassen und die Streife fortgesetzt.

Ihr erster Einsatz an diesem Abend soll die Verstärkung einer anderen Streife an einem Tatort im Nirgendwo sein. Noch bevor sie dort ankommen kreuzt ein nackter Mann die Straße und die Kollision mit einer unbekannten Kreatur sendet das Gespann in einen Abgrund abseits der Straße. Plagenartige Mengen an Fröschen, eine Funkstörung und eine Bande an unheimlichen Zigeunern, sowie unerklärbare Kratzspuren an ihrem Van treiben auch dem Letzten den Machismo aus und endlich an ihrem Ziel angekommen ist von den Kollegen nur ein verlassener Einsatzwagen zu finden.

Von da an versinkt alles nach und nach im Wahnsinn. Kannibalismus und Vergewaltigung, entmenschlichte (oder unmenschliche) Kreaturen mit einem Hang zu kreativer Schlachtung lassen die Grenzen von Traum und Realität endgültig verschwimmen und auch wenn die meisten der Cops sich zu Beginn des Films nicht unbedingt ins Herz der Zuschauer gespielt haben, so kommt schnell ob der kommenden Qualen Mitleid mit ihnen auf.

In Zusammenarbeit mit Kameramann Alp Korfali und Szenenbildnerin Sila Karakaya erschafft Evrenol eine derbe Suppe auf der visuellen Seite mit extrem hochwertiger Optik zu Gunsten von Stimmung und Atmosphäre, deren alptraumhafte Bildgewalt durch den deftigen und genretypischen Synthesizer-Score aus der Feder des Techno-Duos Ulas Pakkan und Volkan Akaalp (in „Baskin“ als JF geführt) noch zusätzlich forciert wird. Schön, so man dies in diesem Kontext sagen möchte, nutzt Alp Korfali in der bildlichen Narrative Close-ups von Haut, Haaren und Kleidung und anderen Details wie beispielsweise die sorgenvollen und Überstunden schiebenden Finger von Remzi an seiner Gebetskette.

„Baskin“ ist definitiv nichts für zarte Gemüter und nicht auf der dezenten Seite verordnet. Aber Genrefreunde, solche die es werden wollen und diejenigen, die eine neue Seite des türkischen Kinos kennen lernen möchten, sind mit einer Streife durch den Nachtmahr „Baskin“ auf der sicheren Seite. In Zukunft wird Can Evrenol sicherlich noch von sich hören und sehen lassen.

 

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BASKIN – Ab 01.01.2016 in deutschen Kinos

 

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