Von Dilara Faslak
Der Halal-Markt gehört zu den am stärksten wachsenden Segmenten in der Lebensmittelbranche – und die Hauptprofiteure sind nichtmuslimische Anbieter. So verdient etwa Nestlé mit halal-zertifizierten Produkten mittlerweile mehr als mit Bioprodukten.
Vor einigen Wochen hat sich der österreichische Einzelhandelsriese „Spar“ nach einem rassistischen Shitstorm im Internet dazu entschieden, die vor kurzem eingeführten Halal-Produkte im Sortiment wieder aus den Regalen zu nehmen. Es war nicht das erste Mal, indem Unternehmen durch organisierte Kritiker mit mehrheitlich fremdenfeindlicher Gesinnung zu einem Boykott von Halal-Fleisch gedrängt wurden.
„Halal steht für den Islam und ist damit in den Köpfen vieler Nicht-Muslime mit einem negativen Image besetzt“, erläutert Mahmoud Tatari, Geschäftsführer des Zertifizierungsinstitut Halal Control aus Rüsselsheim.
Das Wort „halal“ kommt aus dem Arabischen und umfasst alles, was Muslimen erlaubt ist. Die hohe Nachfrage nach Halal-Lebensmitteln vor allem seitens der muslimischen Konsumenten hat auch aufseiten nichtmuslimischer Unternehmen ein steigendes Interesse an einem Engagement im Halal-Markt erkennen lassen. Angesichts einer Anzahl von etwa 1,6 Milliarden Muslimen weltweit und einem internationalen Umsatz von 67 Milliarden Euro macht der Bereich der Halal-Produkte derzeit 17 Prozent der globalen Nahrungsmittelproduktion aus.
Man rechnet noch bis 2025 mit einem jährlichen Anstieg um weltweit 20 Prozent. Somit gilt der Bereich der Halal-Produkte als der im internationalen Maßstab am schnellsten wachsende Bereich der Lebensmittelbranche. Der Umsatz des Halal-Markts liegt allein in Deutschland bei etwa 5 Milliarden Euro, wobei der größte Teil auf Fleischprodukte entfällt. Die Tendenz ist weiterhin steigend, jedoch stehe Deutschland „bei der Halal-Produktion in Europa hinter den Niederlanden, England und Frankreich nur an vierter Stelle“, so Tatari. Auffallend sei, dass nicht einmal muslimische Anbieter auf dem wachsenden Halal-Markt die meisten Gewinne erzielen, sondern Branchengrößen wie Unilever und nicht zuletzt Nestlé, wo etwa 80 von 456 Produkten halal-zertifiziert sind.
Schon seit 1980 bietet das Schweizer Unternehmen Halal-Produkte an und erzielt damit einen jährlichen Gesamtumsatz von 5 Prozent (rund 4 Mrd. Euro), damit ist der Umsatz aus Halal-Produkten über weite Strecken sogar schon höher als jener, der mit Bio-Produkten erzielt wird. Auch in Deutschland gab es bereits 2010 schon rund 400 Hersteller, welche Halal-Produkte anboten, seither ist diese Zahl noch weiter angestiegen.
Derzeitig befinden sich in Deutschland neun große muslimische Zertifizierungsstellen, welche über verschiedene Systeme akkreditiert sind. Weltweit agieren rund 250 Halal-Zertifizierer, welche von muslimischen Organisationen, Moscheen oder privaten Unternehmen geführt werden. Ein auf nationaler Ebene geregeltes Halal-Zertifikat-System findet sich in den meisten Ländern jedoch nicht.