Jerusalem – Während führende Politiker aus der ganzen Welt dem verstorbenen Pontifex ihre aufrichtige Anteilnahme bekundeten, haben weder Premierminister Benjamin Netanjahu noch Außenminister Gideon Sa’ar öffentliche Erklärungen zu seinem Tod abgegeben. Noch auffälliger ist, dass Beileidsbekundungen, die von israelischen Botschaften im Ausland veröffentlicht wurden, umgehend gelöscht wurden.
Die Löschung durch das Außenministerium hat unter den israelischen Botschaftern weltweit, insbesondere in katholischen Ländern, eine seltene Empörung ausgelöst und interne Kritik an der Führung des Ministeriums in Jerusalem hervorgerufen.
Die Tweets, die auf den offiziellen X-Platform-Konten verschiedener israelischer Vertretungen in der ganzen Welt erschienen, enthielten Variationen der Botschaft: „Ruhe in Frieden, Papst Franziskus. Möge sein Andenken ein Segen sein“. Innerhalb weniger Stunden wurden sie wieder entfernt, berichtet die israelische Zeitung Ynet News.
„Wir haben keine Erklärung erhalten, sondern nur einen unmissverständlichen Löschbefehl“, sagte ein Diplomat gegenüber Ynet News. „Als wir nachfragten, teilte man uns mit, dass die Angelegenheit ‚überprüft‘ werde. Das stellt uns nicht zufrieden, und schon gar nicht die Öffentlichkeit, der gegenüber wir Israel vertreten.“
Raphael Schutz, Israels ehemaliger Botschafter im Vatikan, bezeichnete die Löschung gegenüber der Jerusalem Post als „Fehler“ und betonte, dass die Trauer um den Tod eines Papstes über politische Meinungsverschiedenheiten hinausgehe.
„Papst Franziskus war nicht nur eine politische Figur“, sagte er. „Er war ein spiritueller Führer, der von fast einem Fünftel der Weltbevölkerung bewundert wurde.“
Israelkritk als Grund
Der Grund für die Reaktion ist kein Geheimnis. In den letzten Monaten haben die Äußerungen von Papst Franziskus zum Konflikt in Gaza einen Nerv bei der israelischen Regierung getroffen. Er bezeichnete die Gewalt nicht als Krieg, sondern als „Grausamkeit“ und warf den israelischen Streitkräften so schwerwiegende Taten wie das „Niedermähen von Kindern mit Maschinengewehren“ vor.
Auch einige seiner öffentlichen Gesten haben in Israel zu Kritik geführt. Dazu gehörte die Enthüllung einer Weihnachtskrippe auf dem Petersplatz im Dezember, auf der das Jesuskind in eine palästinensische Keffiyeh gehüllt dargestellt wurde. Während einige dies als Zeichen der Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen lobten, sahen die meisten Israelis darin eine revisionistische Beleidigung, die auf das jüdische Erbe Jesu hinwies.
Situation in Gaza als „beschämend“
Seine Osteransprache „Urbi et Orbi“ hat die Kluft nur noch vertieft. Er bezeichnete die Situation in Gaza als „beschämend“ und drückte seine Solidarität sowohl mit Israelis als auch mit Palästinensern aus.
Für Jerusalem haben diese Äußerungen eine unsichtbare Grenze überschritten – sie werden nicht nur als Kritik, sondern als Infragestellung der moralischen Bewertung der israelischen Militäraktionen verstanden. Im Gegenzug wird das Schweigen der Regierung nach dem Tod von Francis nicht nur als Brüskierung, sondern als politisches Statement interpretiert.
Foreign Ministry deletes condolence posts about pope, sparking diplomatic backlashhttps://t.co/E6CLu0Nw74
— Ynetnews (@ynetnews) April 22, 2025