Am Nikolaustag, dem 6. Dezember 2024, erlebte eine Familie in Bayern einen unerwarteten Besuch: Mehrere Beamte der Kriminalpolizei standen vor der Tür und führten eine Hausdurchsuchung durch. Der Grund: Der 14-jährige Sohn der Familie hatte auf TikTok den Hashtag „Alles Für Deutschland“ gepostet – ein Ausdruck, der in Deutschland als verfassungswidrig eingestuft werden kann.
Jugendlicher im Fokus der Behörden
Laut Durchsuchungsbeschluss soll der Jugendliche hinter dem TikTok-Profil „deutscher.patriot1161“ stehen. Der Vorwurf: Er habe möglicherweise Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet.
Grundlage der Ermittlungen ist § 86a des Strafgesetzbuchs, der die Verwendung von Symbolen und Parolen mit NS-Bezug unter Strafe stellt. In diesem Zusammenhang wurden auch die Bestandsdaten des Jugendlichen bei TikTok, Google und Telefonica Germany angefordert.
Die Polizei beschlagnahmte unter anderem das Handy des 14-Jährigen und befragte ihn sowie seinen Bruder zu ihren Internetaktivitäten. Beide Zimmer wurden durchsucht, ebenso die Bücherregale der Familie.
Rechtliche Einordnung und öffentliche Diskussion
Die Staatsanwaltschaft begründet die Maßnahme mit der „Verhältnismäßigkeit“ und der „Schwere der Tat“. Kritiker stellen jedoch infrage, ob ein solcher Einsatz bei einem Jugendlichen angemessen ist. Die Familie des Jungen erwägt rechtliche Schritte gegen das Vorgehen der Behörden.
Besonders brisant ist der Vorwurf, da die Parole „Alles für Deutschland“ in einem Urteil gegen den AfD-Politiker Björn Höcke im Juli 2024 erneut als verfassungswidrig bestätigt wurde. Damit könnte der Fall des Jugendlichen auch einen politischen Hintergrund haben, da in den Ermittlungsakten weitere kritische Beiträge gegen die Grünen und das Heizungsgesetz erwähnt werden.
Gesellschaftliche Debatte: Meinungsfreiheit oder Straftat?
Der Fall wirft grundlegende Fragen auf: Wie weit dürfen Behörden in der Überwachung und Strafverfolgung von Äußerungen in sozialen Medien gehen? Inwiefern kann ein 14-Jähriger für die Tragweite seiner Online-Aktivitäten verantwortlich gemacht werden? Und welche Rolle spielen politische Vorurteile in solchen Ermittlungen?
Während Befürworter der Ermittlungen betonen, dass der Rechtsstaat konsequent gegen verfassungswidrige Inhalte vorgehen muss, warnen Kritiker vor einer „Überwachungskultur“, die Jugendliche und deren Meinungsfreiheit unverhältnismäßig einschränkt.
Die kommenden juristischen Schritte der Familie könnten nicht nur den konkreten Fall klären, sondern auch einen Präzedenzfall für den Umgang mit Jugendlichen in sozialen Medien schaffen.
(mtu)
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