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Türkei: Journalisten kommen nach Revisionsurteil vorzeitig frei

Das türkische Gericht verurteilte Ahmet Altan zu 10 Jahre und 6 Monate., Nazlı Ilıcak zu 8 Jahre 9 Monate wegen Reuebekundung. Beide wurden vorzeitig entlassen, dürfen aber in der restlichen Zeit des Strafmaß nicht außer Landes. Mehmet Altan bekam Freispruch.

(Archivfoto: nex24)
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Von Nabi Yücel

Türkisches Gericht: Ahmet Altan und Nazlı Ilıcak kommen trotz Verurteilung unter Auflagen frei. Mehmet Altan wird von allen Anklagepunkten freigesprochen.

Das türkische Gericht verurteilte Ahmet Altan zu zehn Jahre und sechs Monate, Nazlı Ilıcak zu acht Jahre neun Monate wegen Reuebekundung. Beide wurden vorzeitig entlassen, dürfen aber in der restlichen Zeit des Strafmaß nicht außer Landes. Mehmet Altan bekam Freispruch.

Nach mehr als drei Jahren Haft hat die Istanbuler 6. Strafkammer am Montag die Freilassung zweier prominenter Journalisten angeordnet. Der ehemalige Journalist und Chefredakteur der Tageszeitung „Taraf“ Ahmet Altan und die ehemalige Journalistin der Tageszeitungen „Sabah“ und „Bugün“ Nazlı Ilıcak, wurden allerdings zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Unterstützung einer Terrororganisation verurteilt. Mehmet Altan, ebenfalls Journalist und Kolumnist, wurde von allen Anklagepunkten freigesprochen.

Die 6. Strafkammer kam am Montag zusammen, um die vom Obersten Gerichtshof angeordnete Revision der Altan-Brüder und Nazlı Ilıcak zu verhandeln. Die Generalstaatsanwaltschaft forderte in der überarbeiteten Anklageschrift für Ahmet Altan und Nazlı Ilıcak diesmal wegen Beihilfe zur Straftat in Zusammenhang mit dem Gülen-Netzwerk eine reduzierte Haftstrafe zwischen fünf bis zehn Jahren, während man für Mehmet Altan Freispruch beantragte. Der Anklagepunkt „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ wurde fallen gelassen.

Die Angeklagten Altan-Brüder sowie Nazlı Ilıcak forderten in ihrer Verteidigungsrede Freisprüche. Ilıcak forderte bei einer Verurteilung Rücksicht auf ihr Alter und Gesundheitszustand. Drei weitere Mitangeklagte im selben Fall forderten ebenfalls Freispruch. Das Istanbuler Gericht verurteilte Ahmet Altan zu zehn Jahren und sechs Monaten Haft. Nazlı Ilıcak erhielt eine Strafe von acht Jahren und neun Monaten. Ahmet Altans Bruder, Mehmet Altan, wurde in allen Anklagepunkten freigesprochen. Er nahm als einziger an der Verhandlung als Verdächtiger teil. Ahmet Altan und Nazlı Ilıcak bekamen die Auflage sich regelmäßig bei der Polizei zu melden, eine Ausreisesperre ins Ausland wurde ebenfalls verhängt.

Ahmet Altan und Nazlı Ilıcak waren kurz nach dem Umsturzversuch in der Türkei verhaftet worden. Im Februar 2018 wurden sie wegen Mitgliedschaft im terroristischen Gülen-Netzwerk zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Oberste Gerichtshof hob das Urteil auf und wies den Fall an das erstinstanzliche Gericht zurück.

Ahmet Altan war Chefredakteur der ehemaligen Tageszeitung „Taraf“, die nach dem gescheiterten Putschversuch verboten wurde und die den angeblichen Komplott des türkischen Militärs gegen die türkische Regierung im Jahre 2007 sowie 2010 aufdeckte.

Die Zeitung „Taraf“ veröffentlicht am 20. Januar 2010 einen Artikel über einen mutmaßlichen Putschplan namens „Balyoz“. Es war nach der „Ergenekon“ (2007) der nächste Komplott gegen hochrangige Militärs, Journalisten, Akademiker, Unternehmer und Rechtsanwälte, bei der abschließend gegen 235 Personen langjährige Haftstrafen verhängt wurden.

Die Ermittlungen gegen die sogenannte „Balyoz“ und „Ergenekon“ wurden aufgenommen, nach dem 8 Tage nach dem Artikel der „Taraf“, mehrere Journalisten der „Taraf“ wie auch „Zaman“ und „Bugün“ Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft Beşiktaş erstatteten und sich als Geschädigte zeigten. Darunter befanden sich Namen wie Nazlı Ilıcak, Mehmet Altan, Ekrem Dumanlı, Abdurrahman Dilipak, Ahmet Taşgetiren, Ali İhsan Karabasanoğlu, Hidayet Karaca, Cengiz Çandar, Hasan Celal Güzel, Hüseyin Gülerce, Mustafa Karaalioğlu, Perihan Mağden, Akif Emre, Hasan Karakaya oder Murat Belge.

Im späteren Verlauf der Ermittlungen und Strafverfolgung in Zusammenhang mit der „Balyoz“ unterstellten die Journalisten der „Taraf“, der „Zaman“, wie auch der „Bugün“, den Verdächtigen weitere Verbrechen vor und etablierten damit die Vorverurteilung der Verdächtigen. Die Verfahren gegen die sogenannten „Balyoz“ und „Ergenekon“ Prozesse endeten für fast alle 235 Angeklagten mit lebenslangen Haftstrafen, wurden jedoch nach Aufdeckung des großangelegten Komplotts durch das Gülen-Netzwerk ab 2016 von Gerichten allmählich aufgehoben, die Verurteilten sind inzwischen rehabilitiert.