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NEX24 Interview
Deutsch-Türkische Bürgerinitiative: Neue Vereinigung mit großen Ambitionen

Proaktive Hilfsprojekte, interkulturelle Zusammenarbeit, Brücken bauen, wo andere Gräben schaufeln. Das sind die Vorsätze, unter denen die DTBi für eine bessere Gesellschaft arbeiten will. Im Interview mit NEX24 beantworten die Vorstandsmitglieder Vildan Atmaca und Hakan Yasar Fragen zu DTBi, ihre Projekte und ihre Ziele.

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Proaktive Hilfsprojekte, interkulturelle Zusammenarbeit, Brücken bauen, wo andere Gräben schaufeln. Das sind die Vorsätze, unter denen die DTBi für eine bessere Gesellschaft arbeiten will. Im Interview mit NEX24 beantworten die Vorstandsmitglieder Vildan Atmaca und Hakan Yasar Fragen zu DTBi, ihre Projekte und ihre Ziele.
Eine Bürgerinitiative gründet sich immer dann, wenn die Bürger der Politik Untätigkeit oder gar Unfähigkeit attestieren. Worin genau sahen Sie den Bedarf für Ihre Bürgerinitiative?

Vildan Atmaca: Wir sind durchaus aus der Erkenntnis heraus entstanden, dass auf politischer Ebene nicht genug gegen gesellschaftliche Missstände vorgegangen wird. Unser Hauptanliegen ist der interkulturelle Dialog und ein friedliches und fruchtbares Miteinander. Die besorgniserregende Anbiederung etablierter Volksparteien an den rechten Rand, nährt islamophobe und rassistische Auswüchse in unserer Gesellschaft. Dagegen gilt es vorzugehen und ein klares Zeichen zu setzen.

Allerdings sehen wir in Bezug zu dieser Problematik in erster Linie auch unsere, von Migranten gegründete und geführte politische Organisationen in der Schuld. Während man sich primär auf die Probleme von Migranten konzentrierte, wurde die Möglichkeit verpasst, als Migrant an den gesellschaftlichen Baustellen anzupacken, die alle Bürger betreffen. Alters- und Kinderarmut, Kriminalität, Obdachlosigkeit, fehlende Bildungsangebote oder die Arbeitsmarktsituation sind Probleme, die uns alle betreffen und wo wir als Migranten bislang einfach nicht ausreichend unser Potenzial mit eingebracht haben.

Hakan Yasar: Und genau das ist unser Ansatzpunkt. Wir als Migranten haben einfach unzureichend unser Verständnis von zwischenmenschlicher Unterstützung in der Gesellschaft auch wirklich vorgelebt. Diese Untätigkeit trägt ganz sicher auch einen bedeutenden Teil zu der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation bei, in der wir uns befinden. Die DTBi wird genau hier ansetzen. Wir werden genauso viel für die Wahrung der Bürgerrechte von Migranten arbeiten, wie für die gesamte deutsche Gesellschaft. Nur so können wir effektiv und nachhaltig gegen Islamophobie und Rassismus vorgehen.

Viele würden Ihnen zustimmen, dass die Politik in diesen Feldern unzureichend agiert. Aber wie wollen Sie etwas bewirken, wo die Politik versagte?

Atmaca: Wir setzen direkt am Menschen selber an. Wir suchen proaktiv nach Einzelschicksalen und bieten unsere Hilfe an. Wenn die Bürgerrechte betroffen sind, bieten wir juristische Hilfe an, wenn ein soziales Problem vorliegt, helfen wir mit finanziellen Mitteln und bei beruflichen Schwierigkeiten bieten wir Fortbildungen an. Speziell für diese Problematiken haben wir maßgeschneiderte Projekte ins Leben gerufen. Mit diesen Projekten werden wir gewährleisten, dass die Hilfe da ankommt, wo sie gebraucht wird. Ganz unkompliziert, von Mitbürger zu Mitbürger.

Yasar: Ich möchte hierzu ergänzen, dass es sich auch viel leichter helfen lässt, wenn der politische Profilierungsdrang keine Rolle spielt. Bei uns geht es nicht um Wahlen, Stimmen, Ämter oder Prognosen. Weil sich die Politik darauf konzentrieren muss, kommt sie oft zu kurz, wenn es darum geht, nachhaltig die Situation von hilfsbedürftigen Bürgern zu verbessern. Hilfe von Seiten der Politik kommt meist nur dann, und bleibt auch nur solange, wie die mediale Aufmerksamkeit vorhanden ist. Aber mediale Aufmerksamkeit erfahren Einzelschicksale nur selten. Dadurch, dass wir uns nur auf den Menschen selber konzentrieren und wie wir ihm effektiv helfen können, werden wir auch etwas bewirken. Besser gesagt, konnten wir auch schon etwas bewirken.

Atmaca: Richtig. Obwohl wir erst vor 4 Monaten die Arbeit aufgenommen haben, konnten wir in bereits über 60 Fällen eine Hilfestellung für Mitbürger geben, die an uns herangetreten sind.

Sie erwähnten gerade, dass sie Projekte aufgestellt hätten. Könnten sie da näher darauf eingehen?

Yasar: Sehr gerne. Wir haben zur Zeit sechs Projekte, von denen manche sich zwar noch in der Aufbauphase befinden, andere jedoch schon die Arbeit aufgenommen haben und aktiv sind. Mit unserem Projekt „Kochbar-Lieferbar-Essbar“ werden wir jedem Bedürftigen, den wir erreichen können, mindestens eine warme Mahlzeit am Tag liefern, wenn es sein muss bis nach Hause.

„Soziale Teilhabe für Kinder“ wird Kindern aus finanzschwachen Verhältnissen den Zugang zu Bildungs-, Kultur- und Sportangeboten ermöglichen.

Das Projekt „3B- Beraten-Betreuen-Begleiten“ ist sehr umfangreich angelegt und gibt dem Bürger Hilfestellungen bei Problemen mit Ämtern, bei finanziellen Schwierigkeiten oder aber auch bei familiären Schieflagen. Zudem haben wir einen „Verbraucherschutz für Glaubensgemeinschaften“ ins Leben gerufen, welcher Gläubige über verzehrbare Nahrungsmittel informieren wird. Zusätzlich dazu wird sie durch Lobby-Arbeit die Nahrungsmittelindustrie für das Thema sensibilisieren.

In dem Projekt „Second Chance“ wollen wir den Mitbürgern zur Seite stehen die auf dem Arbeitsmarkt Schwierigkeiten erfahren, sei es wegen Bildungslücken oder wegen ihrer religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit. Mitbürger, die sich in diesem Projekt an uns wenden, werden wir coachen und wenn möglich, an zuvor sondierte Unternehmen weiterleiten. Und zuletzt haben wir unsere hauseigene Akademie. Hier schulen wir unser eigenes Personal und führen auch die Weiterbildungsmaßnahmen für unsere Mitbürger durch, die sich im Second Chance Projekt befinden.

Welche Ziele hat sich die DTBi für die Zukunft gesteckt?

Atmaca: Also für die nähere Zukunft wollen wir ganz klar erst einmal um noch mehr Mitglieder werben. Nur wenn wir wachsen, können wir auch genug Bürger erreichen und einen Unterschied machen. Hierfür organisieren wir uns gerade in ganz Deutschland auf lokaler Ebene und wollen in kürzester Zeit in so vielen deutschen Städten vertreten sein wie nur möglich. Wir werden auch in der Türkei Büros eröffnen und eine Brückenfunktion zwischen den beiden Staaten übernehmen. In Zukunft ist auch geplant, durch Vertretungen in den jeweiligen Ländern, uns in ganz Europa um die Belange von unseren Mitbürgern zu kümmern.

Yasar: Wir sind jetzt gerade dabei, unsere Zentrale in Hamburg auszuweiten und unsere Akademie dort zu integrieren. Weitere Projekte, unter anderem bezüglich des Umweltschutzes und des Frauenrechts, sind in Planung. Unser primäres Ziel wird dabei stets bleiben, mit gutem Beispiel voranzugehen. Das interkulturelle Zusammenleben mit unserem eigenen Verständnis von Nächstenliebe positiv mit zu gestalten und mit unseren Projekten einen nachhaltigen Beitrag für den gesellschaftlichen Frieden zu leisten.

Wie können Bürger, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen würden, die DTBi kontaktieren?

Yasar: Das geht am besten über unsere Homepage, dt-bi.de. Einfach eine Anfrage ausfüllen und wir werden uns schnellst möglich bei Ihnen melden.

Vielen Dank für das Gespräch