Start Politik Deutschland #Kopftuchmädchen Solidarisierungsaktion am 30. Mai: Deutschland geht mit Kopftuch auf die Straße

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Solidarisierungsaktion am 30. Mai: Deutschland geht mit Kopftuch auf die Straße

"Ich weiß, wie oft Muslimas auf ihr Kopftuch reduziert werden, die abfälligen Blicke, rassistischen Äußerungen, sie werden als dumm und unterdrückt dargestellt. Sie haben Angst ihr Kopftuch in Deutschland zu tragen. Angst vor schlechten Noten, Angst davor, dass sie keinen Ausbildungsplatz oder Arbeit bekommen, ganz abgesehen von der Angst vor Übergriffen, körperlich und verbal. Und das auf Grund eines Kleidungsstückes?!? Das kann und möchte ich nicht hinnehmen, das ist nicht mein Deutschland!“, so Janßen gegenüber NEX24.

(Foto: Screenshot/Facebook)
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Am vergangenen Mittwoch hielt die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel eine Rede im Bundestag, in der sie von „nichtsnützigen Kopftuchmädchen“ und „alimentierten Messermännern“ sprach. Sie würden „unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern“, hatte die Politikerin gesagt.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) rief Weidel daraufhin zur Ordnung und merkte an, dass Weidel mit der Formulierung „Kopftuchmädchen und sonstige Taugenichtse“ alle Frauen mit Kopftüchern diskriminiere. Weidel erhielt für die Äußerungen einen Ordnungsaufruf, gegen den sie Einspruch einlegte. Dieser wurde jedoch durch eine Abstimmung abgelehnt. Aber auch in der Gesellschaft sorgten die Aussagen der Politikerin für Verärgerung.

„Ich zeige Gesicht gegen die AfD und trage Kopftuch“

„Ich kam an diesem Tag ganz normal von der Arbeit und habe ein bisschen Facebook geschnüffelt und wurde sofort auf die Aufregung und Weidels Rede aufmerksam. Ich habe mir die Aufzeichnung der Rede angesehen und war geschockt von der Aufzählung, dass Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse keinen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft hätten. Ich war zu tiefst geschockt, dass im Bundestag eine rassistische Rede gehalten wurde, in der die AfD äußere Merkmale zu instrumentalisieren versucht. Ich musste auch sofort an die vielen Menschen denken, die ihr Kopftuch freiwillig tragen, sei es aus religiösen oder aus modischen Zwecken oder sogar aus beidem. Mir fiel als erstes die Queen ein, danach meine Omas, die Motorradfahrer mit ihren Bandanas, die Katholiken aus Osteuropa, die vielen muslimischen Frauen, die ihr Kopftuch freiwillig mit Stolz tragen und auch dass es als modisches Accessoire getragen wird“, so Bianca Wilsinski aus Nordrhein-Westfalen in einem Gespräch mit NEX24.

Wilsinski startete daraufhin eine Protestaktion mit dem Wortlaut „ich zeige Gesicht gegen die AfD und trage Kopftuch“, in der Menschen in den sozialen Netzwerken Fotos von sich mit Kopftuch teilen.

„Natürlich weiß ich, dass es Länder gibt, in denen die Frauen zum Kopftuch gezwungen werden und auch, dass sowas hier in Deutschland geschieht. Aber auch da fragte ich mich, warum muss dieses Kopftuch so stigmatisieren? Ist unsere Gesellschaft so tief gesunken? Ist es wieder so weit, dass wir Menschen wegen ihrer Herkunft oder Religion aus der Gesellschaft ausgrenzen wollen und zur Wurzel allen Übels erklären wollen?
Ist es nicht in Zeiten wie diesen wichtig, sich offen gegen Rassismus zur Wehr zu setzen?Wie schaffe ich es, friedlich meinen Protest zu äußern? Eigentlich müsste ich aus politischem Protest in der Öffentlichkeit Kopftuch tragen und habe das in einer Facebookgruppe Gleichgesinnter kundgetan. Ich war völlig überrascht, dass so viele hinter meiner Idee standen, und Maxim Schmidt kam dann auf die Idee, daraus eine Veranstaltung zu erstellen, die innerhalb kürzester Zeit sehr viele Menschen erreichte“ so Wilsinski weiter.

1. Bundesweiter solidarischer Kopftuchtragetag

„Ich bin auf die Idee gekommen, diese Aktion zu starten, weil wir der Meinung sind, dass wir Rassismus nur so angreifbar machen können, wenn wir der AfD zeigen, was wir von ihrer Hetze halten. Frau Weidel hat nicht ’nur‘ muslimische Frauen damit beleidigt, sondern alle die, die ein Kopftuch tragen. Alle, die aus religiösen und modischen Zwecken ein Kopftuch tragen wollen. Diesen Frauen gilt die Solidarisierung“, so Initiator Maxim Schmidt in einer Stellungnahme.

Man habe zu Beginn der Aktion nicht mit so einem überwältigenden Zuspruch gerechnet, betont Schmidt gegenüber NEX24. „So viele liebe Menschen, die ihr Gesicht gegen Rassismus, Hass und Hetze zeigen und sich für ein weltoffenes, tolerantes und buntes Deutschland einsetzen.“

„Ich fand die Idee von Bianca von Anfang genial und war direkt Feuer und Flamme und dachte mir ‚das muss man groß aufziehen‘, weshalb ich froh war, dass Maxim direkt eine Veranstaltung daraus machte. Am Anfang hatte ich etwas Bedenken, wie diese Aktion wohl bei unseren muslimischen Mitbürgern ankommt. Stoßen wir damit vielleicht auf Ablehnung? Doch das Gegenteil war der Fall! Die Ablehnung kam eher von Personen aus dem Kreis der sogenannten Wutbürger“, so Imke Janßen, eine Mitinitiatorin.

Ihre Solidarisierung gelte allen Menschen, die, aus welchem Grund auch immer, Kopftücher tragen. Doch die Solidarisierung mit muslimischen Frauen hätte bei ihr noch einen etwas höheren Stellenwert.

„Ich weiß, wie oft Muslimas auf ihr Kopftuch reduziert werden, die abfälligen Blicke, rassistischen Äußerungen, sie werden als dumm und unterdrückt dargestellt. Sie haben Angst, ihr Kopftuch in Deutschland zu tragen. Angst vor schlechten Noten, Angst davor, dass sie keinen Ausbildungsplatz oder Arbeit bekommen, ganz abgesehen von der Angst vor Übergriffen, körperlich und verbal. Und das auf Grund eines Kleidungsstückes?!?
Das kann und möchte ich nicht hinnehmen, das ist nicht mein Deutschland!“, so Janßen gegenüber NEX24.

Bettina Jung von der Tierschutzorganisation ETHIA:

„Ich unterstütze die Kopftuchmädchen-Aktion aus Solidarität, mit den von Frau Weidel diffamierten „Kopftuchmädchen“ und „Messermännern“. Mir haben unzählige Frauen dankbare Nachrichten geschrieben, die sich zum Teil auch selbst nicht trauen, auf ihrer Arbeit Kopftuch zu tragen, obwohl sie es gerne tun würden, von Muslimas mit und ohne Kopftuch, die einfach nur glücklich über die Solidarisierung sind. Und eine Freundin, die direkte Holocaust-Opfer-Nachfahrin von Sinti ist und die ebenfalls mitmacht. Sie ist in der Flüchtlingshilfe aktiv und Referentin für Menschenrechte und Holocaust.“

Nathalie Niederbacher:

„Wieso unterstütze ich #Kopftuchmädchen? Weil ich gegen jede Form von Zwang und Instrumentalisierung bin. Es soll jeder Frau möglich sein, selbstbestimmt und freiwillig, das zu tun, was sie tun will, ohne dafür stigmatisiert zu werden, wie es Frau Weidel in ihrer Rede tat. Egal welcher Nationalität oder Religion. Dafür steht Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. Grotesk empfinde ich momentan die Diskussion einiger Feministinnen, die nicht verstehen können oder wollen, dass diese Aktion nicht im Widerspruch zu dem Kampf mancher Frauen in islamischen Ländern steht, die sich GEGEN den Kopftuchzwang wehren. Hier und dort geht es um Selbstbestimmung und eine Haltung gegen Zwang. Hier gibt es sehr viele Muslimas, die freiwillig das Kopftuch tragen, als Zeichen ihres Glaubens. So wie sich Christen ein Kreuz um den Hals hängen. Dass sich einige AfD Ortsverbände in die Debatte um diese Aktion einmischen und sie verunglimpfen mit dem Hinweis, im Iran kämpfen Frauen um das Recht, das Kopftuch ablegen zu dürfen, empfinde ich als Travestie. Die fremdenfeindliche AfD kämpft für muslimische Frauen im Irak. Ein Paradoxon für sich.“

Kaia Carola Laybourne schreibt:

„Meine Eltern, die beide den Weltkrieg miterlebten, haben mich für Unrecht, Rassismus, Nazis, Intoleranz und das Aufstehen und Gesichtzeigen sensibilisiert.
Deshalb nehme ich aus tiefster Überzeugung an der Aktion #Kopftuchmädchen teil.
Ich bin froh und dankbar, dass es Menschen gibt, die sich nicht entmutigen lassen!“

Katrin Eid:

„Diskriminierung von Minderheiten und Alltagrassismus nehmen in Deutschland deutlich zu. Sprache dient hierbei als mächtiges Instrument. Eine bewusst diffamierende Sprache bereitet den Boden für Ausgrenzungen und Gewalt. Gegen eine Politik, die derartige Strategien benutzt, gilt es deutlich Stellung zu beziehen. Das ist meine Aufgabe als Teil dieser offenen, freien Gesellschaft“

Ines Hormann-Scholl (ehmaliges AfD Mitglied, heute Antifaschistin):

„Durch meinem Ausstieg aus der rechten Szene habe ich erst gelernt, wie bunt und schön die Vielfalt ist. Zum Streitthema Kopftuch: Auch Frauen, die eine Chemotherapie haben, tragen Kopftuch, christliche Frauen, Frauen aus jüdischen Glaubensrichtungen usw. Das Kopftuch nur auf muslimische Frauen zu reduzieren, finde ich schäbig und diskriminierend. Das ist in meine Augen Rassismus pur und hat mit einem freien demokratischen Land nichts mehr zu tun. Ich kenne viele Frauen, die Kopftuch tragen, die hart arbeiten und Steuern zahlen, deshalb solidarisiere ich mich mit all jenen Frauen, die ihr Kopftuch freiwillig tragen.“

Daniela Groß:

„Warum ich die Kopftuchmädchen unterstütze? Weil dem Versuch, das ‚christliche Abendland‘ zu retten, wie es AfD, Pegida und Co vorhaben, jede Empathie fehlt. Jesus hat gesagt ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘, und das ist auch meine eigene Messlatte. Ich möchte in einem Land leben, in dem ich alle Freiheiten habe, und diese auch nutzen kann. Die Freiheit, ein Kopftuch zu tragen oder es abzulegen. Die Freiheit, eine Religion auszuüben oder sie abzulehnen. Ohne dass mir da jemand reinredet oder Vorschriften macht.“

Miriam Thumser schreibt:

„Warum mache ich bei dieser Aktion mit? Die AfD spaltet unsere Gesellschaft auf vielen Ebenen. Es werden Ressentiments geschürt und Ausgrenzung bewusst vorangetrieben. Einzelne Personengruppen werden zum Feindbild erklärt. Dabei ist es egal, ob es sich um Muslime, Homosexuelle, Behinderte oder politisch Andersdenkende handelt. Hätte die AfD wirklich was zu sagen, müsste ich als linkspolitischer Mensch Angst haben, meine Meinung zu vertreten, ich wüsste, dass es für mein Kind aufgrund seiner Behinderung keinen Platz inmitten dieser Gesellschaft geben würde. In einer solchen Gesellschaft will ich nicht leben. Ich will, ganz einfach, dass die Werte, die in unserem Grundgesetz verankert sind, weiter Bestand haben. Dazu zählt für mich auch, dass eine Muslima sich für ihr Kopftuch entscheiden kann, und dies ohne Zwang in die eine oder die andere Richtung.
Ich habe die Rede von Frau Weidel live verfolgt und war einfach nur entsetzt, dass solche Worte im Bundestag fallen. Ich möchte mich klar und öffentlich positionieren, indem ich mich mit #Kopftuchmädchen solidarisiere. Die AfD und ihre Anhänger sollen spüren, dass es Menschen gibt, die sich ihnen entgegenstellen, die für unsere freiheitlichen Werte eintreten!“

(Video: Women’s march Lübeck)

Zur Aktion:

1. Bundesweiter solidarischer Kopftuchtragetag