New York (nex) – Einem Bericht des Wall Street Journal (WSJ) vom Donnerstag zufolge sollen die USA entgegen anderslautenden Zusicherungen weiterhin eine Reihe politischer Führer aus Staaten vom Geheimdienst NSA überwachen lassen, darunter Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Ein Sprecher des Weißen Hauses hat die Anschuldigungen nicht explizit abgestritten.
Nachdem im Sommer 2013 infolge der Enthüllungen durch den in die Russische Föderation geflohenen ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden unter anderem auch bekannt geworden war, dass Spitzenpolitiker aus der EU wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vom US-Geheimdienst abgehört wurden, hatte Präsident Barack Obama Anfang 2014 eine Revision der Abhörpraxis angekündigt.
Dem WSJ-Bericht zufolge, der sich auf die Aussagen früherer und noch amtierender US-Offizieller stützen soll, sei innerhalb der Administration hinter verschlossenen Türen darüber beratschlagt worden, welche Führer verbündeter Staaten auf eine „Geschützten-Liste“ gesetzt werden und damit von Überwachungsaktionen der NSA ausgenommen sein sollen. Erdoğan und Netanjahu sollen nicht aufgenommen worden sein, da deren Beobachtung einem „dringlichen Zweck der Nationalen Sicherheit“ dienen sollte.
Mit Blick auf Israel soll es insbesondere im Zusammenhang mit den Verhandlungen der 5+1-Gruppe mit dem Iran in der Atomfrage erforderlich gewesen sein, den Verbündeten im Auge zu behalten, da man aufseiten der USA seinerseits damit rechnete, von Israel selbst überwacht zu werden und auch Bestrebungen aufseiten Jerusalems nicht ausschloss, die Atomverhandlungen zum Scheitern zu bringen.
Bezüglich der Türkei hatte es in der Vergangenheit Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit der Syrienpolitik und der Bekämpfung der Terrormiliz Daesh (IS) gegeben, als Präsident Erdoğan gezögert hatte, die Luftwaffenbasis İncirlik der Anti-IS-Koalition zur Verfügung zu stellen, und Vorbehalte hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit der in Syrien aktiven, PKK-nahen „Kurdischen Demokratischen Partei“ (PYD) und deren Volksverteidigungseinheiten (YPG) zum Ausdruck brachte.
Ungeachtet der vonseiten der US-Administration nicht bestrittenen Vorwürfe im WSJ-Bericht versuchten die USA, ihre Verbündeten zu beruhigen. In einer Mail an die Tageszeitung Daily Sabah erklärte ein Offizieller des Weißen Hauses, die Regierungen, mit denen Washington eng zusammenarbeite, könnten „darauf vertrauen, dass die USA sie als Partner behandelt“. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ned Price, erklärte: „Seit Anfang 2014 hat der Präsident deutlich gemacht, dass wir – sofern kein dringlicher Zweck der Nationalen Sicherheit vorliegt – die Kommunikation von Staats- und Regierungschefs unsere engen Freunde und Verbündeten nicht aufzeichnen werden.“