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Neuer Skandal im NSU-Prozess: Nicht existente Türkin als Nebenklägerin

Der nun angezeigte Nebenklageanwalt soll unter anderem auf eine vermeintliche Vernehmung der gefakten Nebenklägerin vor der Polizei hingewiesen haben, die nie stattgefunden habe. Zeugenladungen sei „Meral K.“ nie nachgekommen. Ihrem Anwalt zufolge habe sie einmal den Flug aus der Türkei verpasst, ein weiteres Mal sei sie auf dem Weg zum Gericht zusammengebrochen.

(Foto: BKA)
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NSU: Eine nicht existente Person als Nebenklägerin?

Der NSU-Prozess ist um einen weiteren Skandal reicher: Wie das Nachrichtenportal „Spiegel online“ berichtet, soll eine der Nebenklägerinnen gar nicht existieren. Vielmehr habe ein anderer Nebenkläger deren „Existenz und Opfereigenschaft“ vorgetäuscht. Bei der Nebenklägerin „Meral K.“, die vom Anwalt Ralph Willms vertreten wird und die den Zuspruch einer Entschädigung als vermeintlich Verletzte aus dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße begehrt, soll es sich demnach um eine nicht existente Person handeln.

Anwalt Willms hat SpOn zufolge an diesem Freitag auch sein Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt und das Oberlandesgericht München um seine Entbindung als Nebenklagevertreter im NSU-Verfahren gebeten. Nach eigenen Angaben habe er zudem Strafanzeige gegen den anderen Nebenkläger bei der Staatsanwaltschaft Köln erstattet.

Im April 2013, kurz vor Eröffnung der Hauptverhandlung gegen die nach Darstellung der Staatsanwaltschaft einzige Überlebende aus der 2011 aufgeflogenen rechtsextremen Terrorzelle, Beate Zschäpe, hatte Willms demnach ein ärztliches Attest, datierend vom 9. Juni 2004, an das Oberlandesgericht, um die Zulassung von „Meral K.“ als Nebenklägerin zu beantragen. Ein in Handschrift, Schriftbild, Inhalt, Datum und Unterschrift identischer Arztbericht, lediglich auf den Namen eines anderen Nebenklägers lautend, soll jedoch auch bereits von dessen Anwalt eingereicht worden sein. Dem OLG München fiel dies nicht auf, weshalb die vermeintlich geschädigte „Meral K.“ als Nebenklägerin zugelassen wurde.

Willms soll zudem, so SpOn, eine gefälschte „Einladung des Bundespräsidenten“ übermittelt haben, die das Begehren enthielt, „Meral K.“ als Nebenklägerin zuzulassen, das jedoch die Unterschrift des damaligen Münchener Oberbürgermeisters Christian Ude getragen habe. Der nun angezeigte Nebenklageanwalt soll auch auf eine vermeintliche Vernehmung der gefakten Nebenklägerin vor der Polizei hingewiesen haben, die nie stattgefunden habe. Zeugenladungen sei „Meral K.“ nie nachgekommen. Ihrem Anwalt zufolge habe sie einmal den Flug aus der Türkei verpasst, ein weiteres Mal sei sie auf dem Weg zum Gericht zusammengebrochen.

Willms räumte auch ein, dem anderen Nebenkläger, der mittlerweile für Medien nicht mehr erreichbar sein soll, eine Provision für die Vermittlung des Mandats bezahlt zu haben. Richter Götzl habe hinsichtlich der Nebenklägerin Verdacht geschöpft und Nachforschungen angestellt. Auf diese Weise sei der Skandal aufgeflogen. Auf den Verlauf des Verfahrens selbst hat dieser keine Auswirkung, da es hierbei nur um eine formalrechtliche Frage geht. Da der Prozess aber bisher schon von zahlreichen Skandalen überschattet war, gerät die Rechtssache einmal mehr dadurch ins Zwielicht.