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Deniz Yücel drohen in der Türkei 16 Jahre Haft

"Für den WELT-Journalisten Deniz Yücel ist zumindest in der Türkei die Welt nicht mehr in Ordnung. Die türkische Staatsanwaltschaft fordert in ihrer neu verfassten Anklageschrift für den Journalisten nun 16 Jahre Haft." Ein Kommentar.

(Foto: Screenshot/Youtube)
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Ein Gastkommentar von Nabi Yücel

Für den WELT-Journalisten Deniz Yücel ist zumindest in der Türkei die Welt nicht mehr in Ordnung. Die türkische Staatsanwaltschaft fordert in ihrer neu verfassten Anklageschrift für den Journalisten nun 16 Jahre Haft.

Wegen Volksverhetzung, Terrorpropaganda und die sogenannte Majestäts-Beleidung soll Deniz Yücel sich vor der türkischen Justiz verantworten. Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation sowie Terrorpropaganda für die Gülen-Sekte wurde dagegen fallen gelassen.

Der Vorwurf der Beleidigung des Staatspräsidenten ist neu und stützt sich laut der WELT auf einen Artikel („Der Putschist“) der WELT AM SONNTAG, in der die Notstandsmaßnahmen und Massenverhaftungen nach dem gescheiterten Putschversuch kritisiert werden.

Deniz Yücel muss nun nicht nur beweisen, dass die Titelüberschrift in der WELT AM SONNTAG überspitzt formuliert war und inhaltlich nur die Verhaftungswelle sowie die Maßnahmenpakete hinterfragt bzw. kritisiert wurden, sondern, dass die Artikel über die Terrororganisation PKK und mit einem PKK-Führer unzweideutig waren und er sich von Cemil Bayik bzw. der PKK inhaltlich distanziert hat, in dem er das Interview kritisch einleitete und einige der Argumente entkräftete.

Kann Yücel das, wie das türkische Verfassungsgericht in seiner Urteilsbegründung vom 28. Mai 2019 (2017/16589 – Deniz Yücel/Türkei) klargestellt hat (u.a. Urteil „Jersild gegen Dänemark“ (1994)), sich erneut auf das Recht der Pressefreiheit berufen.

Das Verfassungsgericht hatte (Akte 2017/16589) am 28. Mai 2019 über die Individualbeschwerde Deniz Yücels entschieden, dass…

1) die Beschwerde über die polizeiliche Festnahme und damit der Freiheitsentzug in Zusammenhang mit dem Recht auf Freiheit und Sicherheit nicht erfolgreich sein kann, weil der Rechtsweg nicht ausgeschöpft wurde.

2) Die Beschwerde über die Inhaftierung und damit der Freiheitsentzug in Zusammenhang mit dem Recht auf Freiheit und Sicherheit erfolgreich ist.

3) Die Beschwerde über die Befangenheit der Richter der Strafgerichte aufgrund fehlender Beweislage nicht erfolgreich ist.

4) Die Beschwerde über die Hinderung zu Akteneinsicht wegen fehlender Beweislage nicht erfolgreich ist.

5) Die Beschwerde über den nicht offen vorgetragenen und verhandelten Beschwerdegesuch vor dem Haftrichter aufgrund fehlender Beweislage nicht erfolgreich ist.

6) Die Beschwerde über Misshandlung nicht erfolgreich ist, weil der Rechtsweg nicht ausgeschöpft wurde.

7) Die Beschwerde zum Haftbefehl in Zusammenhang mit dem Verstoß gegen die Freiheitssphäre, Privatsphäre und Unverletzlichkeit der Wohnung nicht erfolgreich ist, weil der Rechtsweg nicht ausgeschöpft wurde.

8) Die Beschwerde zu Meinungsfreiheit und Pressefreiheit erfolgreich ist.

Nabi Yücel – yuecelnabi@hotmail.de


Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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